DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
Dies ist das OPERNFREUND-Archiv
Alle neuen Kritiken erscheinen ab sofort auf unserer neuen Website
Startseite
Unser Team
Impressum/Copyright
---
Alle Premieren 22/23
Kontrapunkt
Die OF-Schnuppe :-(
Der OF-Stern * :-)
OF Filmseite
Silberscheiben
CDs DVDs
OF-Bücherecke
Oper DVDs Vergleich
Musical
Genderschwachsinn
Oper im TV
Nachruf R.i.P.
Et Cetera
-----
Aachen
Aarhus
Abu Dhabi
Bad Aibling
Altenburg Thüringen
Altenburg Österreich
Amsterdam DNO
Amsterdam Th. Carré
Amst. Concertgebouw
Andechs
Annaberg Buchholz
Ansbach
Antwerpen
Arnheim
Aschaffenburg
Athen
Athen Onassis Cultur
Augsburg
Avignon
Bad Hersfeld
Bad Ischl
Bad Kissingen
Bad Lauchstädt
Bad Reichenhall
Bad Staffelstein
Baden bei Wien
Baden-Baden
Badenweiler
Baku
Bamberg
Barcelona
Basel Musiktheater
Basel Sprechtheater
Basel Ballett
Bayreuth Festspiele
Bayreuth Markgräfl.
Pionteks Bayreuth
Belogradchik
Bergamo
Berlin Livestreams
Berlin Deutsche Oper
Berlin DO WA
Berlin Staatsoper
Berlin Staatsoper WA
Berlin Kom. Oper
Berlin Kom. Oper WA
Berlin Neuköllner Op
Berlin Konzerte
Berlin Sonstiges
Berlin Ballett
Bern
Bern Sprechtheater
Biel
Bielefeld
Bochum Ruhrtriennale
Bochum Konzerte
Bochum Sonstiges
Bologna
Bonn
Ära Weise 2003-2013
Bonn Sonstiges
Bordeaux
Bozen
Brasilien
Bratislava
Braunschweig
Braunschweig Konzert
Braunschweig openair
Bregenz Festspiele
Bregenz Sonstiges
Bremen
Bremen Musikfest
Bremerhaven
Breslau
Briosco
Britz Sommeroper
Brixen
Brühl
Brünn Janacek Theate
Brünn Mahen -Theater
Brüssel
Brüssel Sonstige
Budapest
Budap. Erkel Theater
Budapest Sonstiges
Buenos Aires
Bukarest
Burgsteinfurt
Bytom Katovice
Caen
Cagliari
Casciana
Chemnitz
Chicago Lyric Opera
Chicago CIBC Theatre
Coburg
Coburg Joh. Strauss
Coesfeld
Colmar
La Coruna
Cottbus
Crevoladossola
Daegu Südkorea
Darmstadt
Dehnberg
Den Haag
Dessau
Dessau Weill Fest
Detmold
Dijon
Döbeln
Dornach
Dortmund Ballett
Dortm. Konzerthaus
Dortmund Sonstiges
Dresden Semperoper
Dresden Operette
Dresden Sonstiges
Dresden Konzert
Duisburg
Duisburg Sonstiges
MusicalhausMarientor
Düsseldorf Oper
Rheinoper Ballett
Düsseldorf Tonhalle
Düsseldorf Sonstiges
Schumann Hochschule
Ebenthal
Eggenfelden
Ehrenbreitstein
Eisenach
Ekaterinburg
Enschede
Erfurt
Erl
Erlangen
Essen Aalto Oper
Essen Aalto Ballett
Essen Aalto WA
Essen Phil 2
Essen Phil 1
Essen Folkwang
Essen Sonstiges
Eutin
Fano
Fermo
Flensburg
Florenz
Frankfurt
Frankfurt WA
Bockenheimer Depot
Frankfurt Sonstiges
Frankfurt Alte Oper
Frankfurt Oder
Freiberg
Freiburg
Füssen
Fürth
Fulda
Sankt Gallen
Gelsenkirchen MiR
Genova
MiR Ballett
Genf
Gent
Gera
Gießen
Glyndebourne
Görlitz
Göteborg
Gohrisch
Gotha Ekhof-Festsp.
Graz
Graz Styriarte
Graz Konzerte NEU
Graz Sonstiges
Gstaad
Gütersloh
Hagen
Halberstadt
Halle
Halle Händelfestsp.
Hamburg StOp
Hamburg StOp Wa
Hamburg Konzert
Hamburg Sonstige
Hamm
Hanau Congress Park
Hannover
Hannover Sonstiges
Heidelberg
Heidenheim Festsp.
Heilbronn
Heldritt
Helgoland
Helsinki
Hildesheim TfN
Hof
Hohenems
Gut Immling
Ingolstadt
Innsbruck Landesth.
Innsbruck Festwochen
Jekaterinburg
Jennersdorf
Kaiserslautern
Karlsruhe
Karlsruhe Händel
Opera Europa Bericht
Kassel
Kawasaki (Japan)
Kiel
Kiew
Klagenfurt
Klosterneuburg
Koblenz
Köln OperStaatenhaus
Wa Oper Köln
Köln Konzerte
Köln Musical Dome
Köln Sonstiges
Konstanz Kammeroper
Kopenhagen
Kosice
Krummau a.d. Moldau
Krefeld
Krefelder Star Wars
Kriebstein
Landshut
Langenlois
Bad Lauchstädt
Lech
Leipzig Oper
Leipzig Mus. Komödie
Leipzig Ballett
Leipzig Konzert
Leipzig Sonstiges
Lemberg (Ukraine)
Leoben
Leverkusen
Lille
Linz/Donau
Linz Sonstiges
Ljubljana/Laibach
Loeben
London ENO
London ROH
London Holland Park
Lucca
Ludwigshafen
Luisenburg
Lübeck
Lübeck Konzerte
Lübecker Sommer
Lüneburg
Lüttich/Liège
Liege Philharmonie
Luxemburg
Luzern
Luzern Sprechtheater
Luzern Sonstiges
Lyon
Maastricht
Macerata
Madrid
Magdeburg
Mahon (Menorca)
Mailand
Mainz
Malmö
Malta
Mannheim
Mannheim WA
Mannheim Konzert
Maribor/Marburg
Marseille
Martina Franca
Massa Marittima
Meiningen
Melbourne
Meran
Metz
Minden
Mikulov
Minsk
Miskolc
Modena
Mönchengladbach
Mörbisch
Monte Carlo
Montevideo
Montpellier
Montréal
Moritzburg
Moskau Bolschoi N St
Moskau Sonstige
München NT
München Cuvilliés
MünchenPrinzregenten
München Gärtnerplatz
München Ballett
München Sonstige
Münster
Münster Konzerte
Muscat (Oman)
Nancy
Nantes
Neapel
Neapel Sonstiges
Neuburger Kammeroper
Neuburg/Donau
Neustrelitz
Neuss RLT
New York MET
Nizhny Novgorod
Nordhausen
Novara
Nürnberg
Nürnberg Konzerte
Oberammergau
Oberhausen
Odense Dänemark
Oesede
Oldenburg
Ölbronn
Oesede (Kloster)
OperKlosterNeuburg
Oslo
Osnabrück
Ostrau
Palermo
Palma de Mallorca
Paraguay
Paris Bastille
Paris Comique
Paris Garnier
P. Champs-Elysées
Théâtre du Châtelet
Paris Ballett
Paris Philharmonie
Paris Versailles
Paris Sonstiges
Paris Streaming
Parma
Passau
Pesaro
Pfäffikon
Piacenza
Pisa
Pforzheim
Plauen
Posen
Potsdam
Prag Staatsoper
Prag Nationaltheater
Prag Ständetheater
Radebeul
Raiding
Rathen Felsenbühne
Recklinghausen
Regensburg
Reggio Emila
Reichenau
Remscheid
Rendsburg
Rheinsberg
Rheinberg
Riga
Riehen
Rosenheim
Rouen
Rudolstadt
Ruhrtriennale
Saarbrücken
Saint Etienne
Salzburg Festspiele
Salzburg LT
Salzburg Osterfestsp
Salzburg Sonstiges
San Francisco
San Marino
Sankt Margarethen
Sankt Petersburg
Sarzana
Sassari
Savonlinna
Oper Schenkenberg
Schloss Greinberg
Schwarzenberg
Schweinfurt
Schwerin
Schwetzingen
Sevilla
Singapur
Sofia
Solingen
Spielberg
Spoleto
Staatz
Stockholm
Stralsund
Straßburg
Stuttgart
Stuttgart Ballett
Sydney
Szeged (Ungarn)
Tampere (Finnland)
Tecklenburg
Tel Aviv
Teneriffa
Toggenburg
Tokyo
Toulon
Toulouse
Tours
Trapani
Trier
Triest
Tulln
Turin
Ulm
Utting
Valencia
Valle d´Itria
Venedig Malibran
Venedig La Fenice
Verona Arena
teatro filarmonico
Versailles
Waidhofen
Weimar
Wels
Wernigeröder Festsp.
Wexford
Wien Staatsoper
Wien TadW
Wien Volksoper
Wien Kammeroper
Wien Konzerte
Wien Ballett
Wien Sonstiges
Wiesbaden
Wiesbaden Wa
Wiesbaden Konzert
Bad Wildbad
Winterthur
Wolfenbüttel
Wolfsburg
Wunsiedel
Wuppertal
Würzburg
Zürich
Zürich WA
Zürich Ballett
Zürich Konzert
Zwickau
---
INTERVIEWS A - F
INTERVIEWS G - K
INTERVIEWS L - P
INTERVIEWS Q - Y
Christian Räth
Sergey Romanovsky
Rolf Romei
Francois-Xavier Roth
Paolo Rumetz
Matti Salminen
Michael Schade
Andreas Schager
Sigrun Schell
Mario Schröder
Erwin Schrott
Florian Sempey
Tatiana Serjan
Yuval Sharon
Anja Silja
Irina Simmes
María José Siri
Christian Sist
Andreas Spering
Dorothea Spilger
Petra Sprenger
Michael Spyres
Benedikt Stampa
Matthias Störmer
John Storgards
Annalisa Stroppa
Bryn Terfel
Jens Tröster
Irina Tsymbal
Alberto Triola
Constantin Trinks
Christopher Ventris
Rolando Villazon
Klaus Florian Vogt
Michael Volle
Ralf Weikert
Bernd Weikl
Tamara Weimerich
Ibrahim Yesilay
Sonja Yoncheva
Angela Maria Zabrsa
---
DIVERSITA:
YOUTUBE Schatzkiste
HUMOR & Musikerwitze
Opernschlaf
Facebook
Havergal Brian
Korngold
Verbrannte Noten
Walter Felsenstein
Unbekannte Oper
Nationalhymnen
Unsere Nationalhymne
Essays diverse
P. Bilsing Diverse
Bil´s Memoiren
Bilsing in Gefahr

Michael Volle  Fofo Hösl

MICHAEL VOLLE

Das Glücksgefühl nach einer „Winterreise“ …

Michael Volle kommt ausnahmsweise nicht nach Wien, um an der Staatsoper eine seiner großen Figuren auf die Bühne zu stellen, sondern um im Grand Salon des Park Hyatt einen Liederabend zu geben – erst seinen zweiten in Wien. Zu diesem Anlass hatte Renate Wagner eine Menge Fragen an den Künstler, die dieser bereitwillig beantwortet hat.

Herr Volle, Sie sind auf den Opernbühnen ununterbrochen unterwegs, warum nimmt man sich Zeit für Lieder?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Musik ist unendlich schön und ergreifend, das erfreut Seele und Herz ohne Ende. Das Glücksgefühl nach einer einigermaßen gelungenen „Winterreise“ ist schier unbeschreiblich und kommt dem nach einem Sachs sehr nahe. Und Schubert ist ja nur einer von vielen, vielen wunderbaren Liedkomponisten.

Auf der Bühne ist man Teil eines Ganzen, auf dem Podium ist man unendlich allein. Und die stimmlichen und interpretatorischen Anforderungen sind ja ganz andere…

Rein stimmhygienisch bedeutet das Liedersingen ein unverzichtbares Korrektivum, gerade wenn man viel und schweres Opernfach singt: Man kann sich hinter nichts „verstecken“, nicht hinter Kostümen, Bühnenbild und Aktionen – man ist nackt und bloß dem Ohr des Zuhörers „ausgeliefert“, man hört jede Unsicherheit bzw. Fehlfunktion der Stimme – es ist eigentlich die größte Herausforderung im Singen, die schwerste Disziplin.

Gibt es Komponisten, die Sie besonders gerne singen?

Ich tauche immer ganz und gar in das ein, was ich gerade singe – das muss man auch, damit man bei sich alles abrufen und es möglichst herüberbringen kann. BACH – groß geschrieben! – ist für mich das A und O. Mozart folgt ganz dicht darauf, ebenso Schubert. Einen „Elias“ zu singen, ist unglaublich erhebend. Auf der Bühne rangiert bei mir der Sachs ganz vorne – und dahinter sofort der Wozzeck

Ist in der Welt des Liedes Schubert der Höhepunkt, wie manche finden, und die „Winterreiche“ das Werk, das dem Interpreten am meisten abverlangt?

Schubert ist, zumindest für mich, die pure Essenz des Liedes und in der scheinbaren Schlichtheit schon das schwerste. Und die „Winterreise“ ist der Gipfel – 70 Minuten, 24 „Kurzopern“ non stopp, enorme Konzentration und Verausgabung, unbeschreiblich!

Ihr Liedbegleiter in Wien im Grand Salon des Park Hyatt wird Helmut Deutsch sein. Kennen Sie sich schon lange?

Seit zehn Jahren habe ich das große Glück, mit diesem wunderbaren großen Künstler zu arbeiten und auftreten zu können. Er, der seit langen Jahren mit allen Großen musiziert, ist ein ebenso inspirierender wie fordernder Partner, was meinen musikalischen-künstlerischen Horizont immer wieder aufs neue erweitert. Ich lebe wirklich auf die – leider viel zu seltenen – gemeinsamen Auftritte zu und hoffe noch auf viele weitere. 

Man kann sagen, dass Ihre Opernkarriere in den letzten Jahren explodiert ist, in einem weit höheren Ausmaß als früher, als Sie 1999 bis 2007 in Zürich engagiert waren. Wikipedia behauptet, Sie seien fix in München engagiert, aber Sie scheinen doch jetzt eher in Berlin verankert? Und frei schaffend überall auf der Welt?

Glauben Sie nicht alles, was geschrieben steht. Ich war bis 2011 im Münchner Ensemble und bin seither frei schaffend tätig. Jetzt mit verstärktem Kontakt und Auftreten an der Staatsoper Berlin bei und mit Daniel Barenboim – neben allen anderen Auftritten weltweit.

Wir haben Sie jetzt endlich auch in Wien in größeren Rollen gehört, frühere Auftritte waren ja eher sporadisch, jetzt kamen Holländer und Scarpia. Die beiden „Ring“-Zyklen haben Sie abgesagt – warum? Und werden Sie diese bitte nachholen?

Die Absage der beiden Wiener „Ring“-Zyklen im Mai 2015, die auch mein Siegfried/Wanderer-Rollendebut hätten bringen sollen, erfolgte krankheitshalber – und absolut nicht, wie besonders dummdreiste Gerüchte lancierten, wie sie leider auch in einer fahrlässig sensationslüsternen „Opernfan“-Szene existieren, wegen des Dirigenten – Sir Simon Rattle ist ein ganz wunderbarer Dirigent und Partner. Mein erster gesamter „Ring“-Zyklus wird jetzt im Mai 2016 mit Daniel Barenboim in Berlin stattfinden. Was Wien und den „Ring“ betrifft… da steht leider noch nichts fest.

Große Wagner-Rollen, die Ihnen besonders passen, sind Holländer, Sachs, Amfortas – und Wotan. Für Wagnerianer sind diese drei Wotans (Wanderer) das Non plus ultra. Für Sie auch?

Wie gesagt, der Wanderer steht noch bevor – aber ich kann jetzt schon sagen: Der „Ring“ ist schon ’ne Wucht und eine ganz große Herausforderung. Und ich kann es kaum erwarten, bald schon wieder am Ende der „Walküre“ das ergreifende „Leb wohl, Du kühnes, herrliches Kind“ anzustimmen! Ob die Wotans in meinem persönlichen Ranking den Sachs ablösen können – mal schauen!

Sie haben schon in Zürich und auch bei Ihrem Bayreuther Debut 2007 den Beckmesser gesungen und waren dann der Sachs in Zürich,  Köln, 2013 in Salzburg und dann an der Met. Zwei quasi so diametral entgegengesetzte Gestalten! War das eine große Umstellung?

Das ist nicht zu vergleichen – zwei völlig verschiedene Rollen und Charaktere. Ich meinte allerdings, den Sachs durch meine Beckmesser-Erfahrungen schon einigermaßen zu kennen – aber es war doch wie das Eintauchen in ein neues Universum, das einen dann nicht mehr loslässt.

Es gibt, immer wieder diskutiert, im Zeichen der politischen Korrektheit sogar die Forderung, man möge der „deutschen Meister Ehr“ umdichten und umformulieren. Halten Sie das für denkbar?

Absoluter Blödsinn. Es ist Ausdruck einer bestimmten Zeitepoche und Denkweise – ohne dass ich die schwierigen Punkte der Wagner’schen Schriften im geringsten unter den Teppich kehren möchte. Harry Kupfer, dieser große und genial-wunderbare Regisseur, hat sich bei meinem ersten Sachs 2012 in Zürich sehr weise über diese Zeilen geäußert. Er nannte sie eine sicher allgemeingültige, allumfassende „Huldigung“ der Kunst an sich, und dass Wagner das sicher nicht tumb auf etwas Nationales beschränkt sehen wollte – das würde seiner Größe als Künstler diametral entgegenstehen.

Ihre Erfahrungen mit Wagner-Inszenierungen sind ja allumfassend – 2007 in Bayreuth der Beckmesser in Katharina Wagners Inszenierung mit den Papp-Köpfen und Stolzing als Maler zum Beispiel…?

Wer meint denn sagen zu können, was „richtig“ ist und was wie inszeniert gehört? Es gibt keine einzige Wahrheit – das wäre auch sehr eindimensional und sehr langweilig. Das soll nicht heißen, dass ich alles gut finde, was sich in der Vergangenheit und heutzutage Regie nennt oder schimpft. Aber: Viele Wege führen nach Rom. Und – fast – alles ist subjektiv, nicht nüchtern objektiv zu beurteilen.

Aber wenn Stefan Herheim die Salzburger „Meistersinger“ ins Biedermeierliche gerückt hat und Sachs im Nachthemd und mit einer Zipfelmütze auftreten lässt – finden Sie nicht, dass er der Figur damit schlechtweg ihre Würde nimmt?

Was ist Würde? Stefan Herheim ist für mich einer der intensivsten, besten, musikalischsten, grüblerischsten, überzeugendsten Regisseure zur Zeit – seine Sicht auf den Sachs zeigt von großer Hingabe und Respekt, in seiner Sichtweise. Diese aufs betulich Biedermeierliche reduzieren zu wollen, wäre sehr, sehr kurz gegriffen.

2017 gibt es in Bayreuth für Sie den Sachs, da wird man sehen, was Barrie Kosky dazu einfällt. Sind Sie schon neugierig?

Ohne Neugierde auf Neues, vielleicht noch nicht Bekanntes, darf man diesen wunderbaren Beruf eigentlich gar nicht machen. Sonst verkommt er zur abgenutzten, gefährlichen Routine. Ich bin zuerst mal immer absolut offen und bereit für Alles! Und dann schau’n wir mal, wie sich was entwickelt. Zum Glück wurde ich bisher in meinen langen Jahren nur wenig enttäuscht.

Wenn wir schon von Inszenierungskonzepten sprechen: für mich war der „schwule Onegin“ in München eigentlich ein sehr interessanter Ansatz?

Für mich war es leider – bei den vom mir so heiß geliebten Werk – nur ein Ansatz, der nicht aufging, obwohl interessant zu machen, das ja. 

Kann man zusammen fassen, dass Sie absolut keine apodiktischen Urteile fällen wollen?

Was ist „besser“ – Wagner oder Verdi? Wer ist der bessere Tenor – Domingo oder Pavarotti? Wo fängt die Oper an – für manche nach Mozart, für manche gibt es nur Belcanto. Oder nur Wagner? Oder alles nur nach 1945? Da kann man doch keine Urteile fällen, „Wahrheiten“ zementieren. Jeder entscheidet nur für sich selbst!

Apropos Moderne: Sie haben in den „Bassariden“ gesungen, gelten aber nicht als Spezialist für die ganz neue Musik, die für die Kehle ja wirklich schwierig ist. Ist der  Eindruck falsch, dass Sie sich nicht eben darum reißen? 

Ich habe sehr viel neue Musik gesungen und sehr viel dadurch gelernt. Es gibt tolle Stücke dabei und große Aufgaben. Im Moment bewege ich mich zwar eher „klassisch“, aber wer weiß, was noch kommt. 

Was Richard Strauss betrifft, so war er ja zu Baritonen viel generöser als zu Tenören, Sie haben das mit Barak, Mandryka, Jochanaan ausgeschöpft. Ich könnte mir Sie und Ihren Humor sehr gut als Ochs vorstellen, aber ist der nicht vielleicht zu tief? 

Tja – leider das falsche Fach. Richtig: zu tief!!! Aber die anderen Partien befriedigen enorm.  

Sie gehören auch zu den Sängern, die meinen, Mozart sei „gesund“ für die Stimme. Kann man das ein bisschen definieren? Abgesehen davon, dass Giovanni und Graf so starke Rollen sind.

Da gilt, was ich schon zum Lied gesagt habe. Bei Mozart darf man nicht so „losbrettern“ wie öfter bei Verdi, Strauss, Wagner, Puccini – wobei, um nicht missverstanden zu werden, selbige durchaus sehr viel differenzierten Gesang erfordern. Aber Mozart ist ein anderes, durchsichtigeres Gewebe, wo man seinen Teil fein dazufügen muss. Und das erfordert eine kontrollierte Stimmgebung – wobei manche auch da jetzt sofort wieder habe „Glaubenskriege“ entfachen könnten, was angeblich (!) geht und was nicht. Ganz abgesehen davon: Mozart ist himmlisch schön. 

Sie haben  noch vor wenigen Jahren gesagt, Sie würden gerne wieder den Papageno singen. Das kann ich mir rein von der Physiognomie nicht so recht vorstellen. Hermann Prey war Beckmesser und Papageno, aber nebeneinander Sachs und Papageno in der Kehle haben?

Was heißt Physiognomie? Es ist doch alles „nur“ Bühne! Show! Papageno kann jeder sein, egal, wie er aussieht. Und zu singen ist er etwas vom Dankbarsten und Tollsten – für Anfänger natürlich ein dicker Brocken, für mich jetzt einfach nur Freude. Und: Ich habe nicht unendlich viele verschiedene „Gesangsstile“ – ich singe einfach! Und: Ich freu mich jetzt schon ohne Ende auf meine Pagagenos im Februar 2017 an der Bastille in Paris. Ein Fest – für mich auf jeden Fall (auch weil ich mit meiner Frau, Gabriela Scherer, als Erster Dame auf der Bühne stehe) und hoffentlich auch fürs Publikum.

Sie haben den Wunsch geäußert, mehr Verdi zu singen, aber es scheint meist auf das deutsche Fach  hinauszulaufen. Johan Botha begründet das damit, dass es einfach für dieses Fach viel weniger Sänger gibt als für Verdi. Was müsste man da tun? Seinem Agenten sagen: Jetzt will ich aber einmal einen Rigoletto oder Jago oder Macbeth oder Boccanegra machen? Immerhin – Macbeth soll es ja 2019 an der Met geben?

Singen ist ein Geschäft, machen wir uns nichts vor, und wir sind die Ware, die verkauft wird, weil manche Leute uns gut finden. Von den wenigen absoluten Superstars (was den Verkauf angeht) abgesehen, greift dann aber auch sofort wieder die persönliche Meinung der entsprechenden Menschen, die die Rollen besetzen und bestimmen, wer was wo singt. Das heißt: Als Sänger braucht man Menschen in den entsprechenden Positionen, die einem das eine oder andere zutrauen. Und ich habe das Glück, dass es einige Leute im Geschäft gibt, die mir auch das italienische Fach zutrauen, so dass ich – auch an den großen Häusern – jetzt doch immer mehr auch diese tollen Rollen singen kann.

Welchen Anteil an der Planung hat eigentlich der Agent?

Auch das ist ein absoluter Glücksfall in meiner Laufbahn: Ich bin seit nunmehr 18 Jahren mit meiner Managerin zusammen, die sich auf wunderbare Weise um meine Auftritte kümmert und mich begleitet.

Wir brauchen nicht über die Schwierigkeiten des Sängerlebens zu sprechen, sie sind bekannt, auch die vielen Entscheidungen, die bezüglich Rollen, Angeboten, Häusern etc. zu treffen sind. Haben Sie eine Art „Rezept“ für sich gefunden?

Jeder muss für sich entscheiden, was ihm gut tut. Manche haben keine Beziehung zu Lied – warum sollen sie sich dann quälen? Manche können nicht auf der Bühne loslassen – dann geht’s nicht. Das Herumreisen ist spannend – aber man muss wissen, wie zutiefst familienfeindlich es ist. Sie sehen: Es gibt so viele Herausforderungen außerhalb des Singens. Da muss jeder seinen eigenen Weg suchen und hoffentlich finden.

Ein Thema am Rande: Ich erinnere mich an den „Freischütz“-Film  mit Juliane Banse und Ihnen als Kaspar, der  wurde mit so viel Hoffnung gestartet, Oper „verfilmt“ in die Kinos zu bringen und damit dann wirklich einmal ein anderes Publikum zu erreichen. Aber das ist eigentlich völlig verpufft, da kam nichts nach. Können Sie es sich erklären?

Es war eine wunderbare Erfahrung, bleibt aber leider wahrscheinlich einmalig. Es hat kein großes Publikum erreicht, konnte kein Blockbuster werden. So etwas zu machen, braucht unendlich viel Enthusiasmus und natürlich sehr viel Geld – und zahlt sich nicht aus. Leider.

Sie erwähnen  in Interviews oft Ihren Lehrer Rudolf Piernay. Was macht ihn für Sie so besonders?

Lehrer – Schüler, das ist immer ein spezielles Verhältnis. Manche landen schon beim ersten Versuch den Volltreffer, aber solches Glück ist selten. Ich musste ein bißl suchen und wurde dann zu den richtigen Zeitpunkten zu Josef Metternich und danach zu Rudolf Piernay geführt, der mir entscheidende Hilfe für mein Singen gab. Ich versuche bis heute immer wieder, ihn zu treffen und mit ihm zu arbeiten, das tut gut. 

Und könnten Sie sich, wenn die Karriere in zwei Jahrzehnten vielleicht zu Ende ist, vorstellen, selbst als Gesangslehrer weiterzugeben, was Sie wissen?

Sicher nicht im Rahmen einer Professur mit M.E. notwendiger „Dauerpräsenz“ bei den Studierenden – dazu fehlt mir die Zeit, denn da ist die Familie wichtiger. Und mir fehlt auch das absolut notwendige Wissen. Aber in Form von Kursen könnte ich es mir jederzeit vorstellen.

Würden Sie ans Memoirenschreiben denken?

Schau’n wir mal…

Letzte Frage: Wann sieht man Sie wieder an der Wiener Staatsoper oder im Konzertsaal?

Zu Ostern 2016 komme ich für den „Parsifal“ und für Bachs h-moll-Messe mit Philippe Jordan und den Wiener Symphonikern. Was für ein Glück, das alles machen zu dürfen!

Lieber Herr Volle – herzlichen Dank!!!

Sehr gern!!!

 

Das Interview führte Renate Wagner / 2.2.2016

 

DER OPERNFREUND  | opera@e.mail.de