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ABU DHABI - VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE

 

DIE WALKÜRE

Premiere am 30. Januar 2019

 

 

Nun war es also endlich so weit: Nach einer laut dem - allerdings etwas im Ungefähren bleibenden - Programmheft viele Jahre dauernden Kooperation der Bayreuther Festspiele mit dem Veranstalter Abu Dhabi Classics erlebte der feudale Emirates Palace, ein absolutes Luxushotel im Emirat Abu Dhabi am Persischen Golf, das erste Gastspiel der Wagner-Festspiele außerhalb Deutschlands. Und das ausgerechnet in der arabischen Welt, wo die Oper an sich keinerlei Tradition hat und das Oeuvre Richard Wagners schon gar nicht. Aber warum nicht mal einen Versuch unternehmen?! Den thematisch universalen Wagner im interkulturellen Umfeld zu präsentieren war noch nie ein Fehler. Man denke beispielsweise nur an den Erfolg des „Ring“ von Aidan Lang in Manaus im brasilianischen Amazonien von 2002-2005, bei dem alle Vorstellungen ausverkauft waren.

Dabei war es am Golf nur ein Teil der „Walküre“, die man seit der UA in Bayreuth als das von Wagner erwünschte Gesamtkunstwerk spielt, bzw. zu spielen versucht. Denn der Tetralogie 1. Tag wurde laut Programmheft als semi-szenisch (semi-staged) gegeben. Solch halbszenische Produktionen konnten in letzter Zeit eigentlich immer wieder als eindrucksvolle Alternativen zu kompletten Inszenierungen erlebt werden. Denken wir nur an den Schörghofer-„Ring“ im Palast der Künste (MÜPA) während der Budapester Wagner-Tage unter Ádám Fischer (der im Juni überarbeitet wieder zweimal kommen wird), und einige andere Bühnen, die sich einen voll inszenierten „Ring“ nicht leisten können oder wollen, das opus summum des Bayreuther Meisters aber ihrem Publikum nicht vorenthalten möchten. Was war also wirklich Bayreuth von dieser Aufführung?

Zunächst sind einmal die hervorragenden Sänger zu nennen, die in der Tat in Bayreuth zum Stammpersonal gehören, allen voran Catherine Foster als Brünnhilde und Stephen Gould als Siegmund. Beide leisteten an diesem Abend ganz Außerordentliches. Foster scheint mit ihrer Kunst momentan im Zenit zu stehen. Schöner, klangvoller, runder und engagierter kann man die Brünnhilde kaum singen, wenn man mal nicht gleich an Vorbilder wie Birgit Nilsson denken will, die freilich auch ein ganz anderes Timbre hatte. Schon Fosters Hojotoho beindruckte durch seine gesangliche Struktur bei gleichzeitig guter Attacke. Ihr hochdramatischer Sopran verfügt über enorme Stabilität in allen Lagen. Die Höhen kommen problemlos aus der gesanglichen Struktur heraus, ohne je grell zu werden – und nie wirkt etwas aufgesetzt. Dann die verinnerlichten lyrischen Momente wie bei „Der diese Liebe mir ins Herz gehaucht, …“ sowie das kaum enden wollende crescendo auf „tro---tzt‘ ich deinem Gebot.“ in derselben Phrase. Das waren Höhepunkte ihrer Darbietung und des gesamten Abends. Es ist mir weiterhin schleierhaft, warum diese Sängerin, die seit Beginn der Castorf-Inszenierung in Bayreuth dort alle Brünnhilden gesungen hat und damit die einzige war, die unter den Protagonisten - völlig zu Recht - nicht ausgewechselt wurde, diese Rolle noch nicht an der Wiener Staatsoper sang, wo doch eigentlich die besten ihres Fachs auftreten sollten. Dort wird dem Wagner-Publikum ohne Not etwas vorenthalten.

Stephen Gould konnte ebenfalls einnehmend seinen kernigen, so herrlich auf profunder baritonaler Basis aufbauenden Heldentenor erklingen lassen. Auch wenn er ihn zuletzt kaum gesungen hat, scheint ihm der Siegmund weiterhin bestens zu liegen, kommen hier doch auch viele lyrische Momente zum Tagen, die er trotz aller dramatischen Ausbrüche zu gegebener Zeit mit schöner Facettierung gestaltet, wie beispielsweise den „Wonnemond“ und in der Todverkündigung Brünnhildes. Seine stimmliche Ausnahmeleistung krönte Gould mit herrlich lang gesungenen Wälse-Rufen und einem strahlend blühenden „Wälsungenblut“. Auch kommt dieser Sängerdarsteller selbst in einer konzertanten Aufführung noch außerordentlich sympathisch herüber. Hoffentlich bleibt uns Steffen, wie er sich selbst gern nennt, noch lange für die beide großen „S“ im „Ring“ erhalten und konzentriert sich nicht nur auf den Tristan, den er ebenfalls praktisch konkurrenzlos auf diesem hohen Niveau singt. Aber auch auf seinen Tannhäuser in Bayreuth diesen Sommer kann man sich schon jetzt freuen. Beide waren Bayreuth at its best!

Und dann gab es mit dem altgedienten Wagnersänger Albert Dohmen bei dieser Gelegenheit sogar noch ein Rollendebut. Denn er sang den Hunding zum ersten Mal, und zwar mit seinem markigen, perfekt geführten und resonanzreichen Bassbariton hervorragend. Dass er nach seinem erfolgreichen, aber auch nicht unbedingt erwarteten Alberich im Bayreuther Castorf-„Ring“ noch zum Hunding kommen würde, zeigt die Vielseitigkeit und das große Potenzial dieses verdienten Sängers. Der vierte unter den ganz Großen dieses Abends und in Bayreuth derzeit nur mit dem Heerrufer in der neuen „Lohengrin“-Produktion betraut, war der Lette Egils Silins mit einem kraftvollen und sehr gut phrasierenden Bassbariton für den Wotan. Das Timbre passt bestens zur kämpferischen Seite des „Walküre“-Wotans, und seine Stimme verfügt auch über die entsprechende Ausdrucksstärke und Resonanz. Meines Erachtens ist sie über die vergangenen Jahre seit seinem Essener Wotan auch größer geworden. Auch Silins durften wir in Wien aufgrund des Wiener „Stamm-Wotans“ noch nicht erleben. Vielleicht kommt das ja noch. Die mit einem vollen Mezzosopran kraftvoll singende Christa Mayer, ebenfalls schon jahrelang in Bayreuther Diensten, vervollständigte mit ihrer Fricka und der Schwertleite das auf Spitzenniveau singende bisher genannte Ensemble.

Daniela Köhler, die in Bayreuth im letzten Sommer die Brünnhilde in dem gut gelungenen Kinder-„Ring“ von Katharina Wagner sang, trat diesmal als Sieglinde auf und fiel mit ihrer gesanglichen Leistung doch signifikant ab. Ihr relativ schmaler Sopran liegt, gerade für die mit einer tieferen Tessitura ausgestattete Sieglinde, sehr hoch und neigt damit in den dramatischen Phasen, und derer gibt es ja viele bei dieser Rolle, zu einer unüberhörbaren Grellheit, die beizeiten gar störend wirkte. Auch sang Köhler oft einfach nur zu laut, wo eine gefühlvollere Phasierung im Hinblick auf den emotionalen Gehalt der jeweiligen Aussage wünschenswert gewesen wäre. Unter dem insgesamt sehr guten Walküren-Oktett überzeugten besonders Caroline Wenborne mit ihrem kraftvollen Sopran und guter Attacke als Gerhilde sowie Brit-Tone Müllertz als Helmwige. Unter den Mezzo-Stimmen gefielen besonders die ja erst spät zum Tross stoßende rauchig stimmige Edna Prochnik als Grimgerde, noch in diesem Januar eine starke Herodias in Tel Aviv, sowie Mareike Morr als Waltraute. Die ebenfalls Bayreuth-erfahrene Christiane Kohl sang die Ortlinde, Eliska Weissová die Rossweiße und Julia Faylenbogen die Siegrune.

Wiederum laut Programmheft hatte man das gesamte Bayreuther Festspielorchester in Abu Dhabi versammelt, was etwas überraschen musste, da doch die Musiker mitten in der Saison ihren jeweiligen Orchestern fehlen könnten. Aber meine diesbezügliche Nachfrage bei einem Hornisten bestätigte die Präsenz dieses wunderbaren Klangkörpers, der natürlich auf der Bühne des Theaters des Emirates Palace nicht den magischen Klang erzeugen konnte wie im abgedeckelten Graben, dem mystischen Untergrund des Bayreuther Festspielhauses. Gleichwohl gelang unter dem zupackenden Dirigat des Linzer GMD Markus Poschner, der recht kurzfristig für einen anderen Dirigenten eingesprungen war, eine musikalisch einnehmende „Walküre“. Im 1. Aufzug schienen mir die Tempi bisweilen etwas zu gedehnt, was sich aber mit einem beherzten Einstieg in den 2. Aufzug schnell vergessen ließ, zu dessen Beginn Wotan seine ausgelassene Lieblingstochter ja in einem wilden Felsengebirge trifft.

Womit wir bei der Bebilderung wären und damit bei dem, was die Regisseurin Katharina Wagner dazu bewog, diese Produktion halbszenisch zu nennen. Und das hatte nun relativ wenig mit Bayreuth zu tun. Denn hinter dem Orchester an der Wand prangte eine große Leinwand, auf der den ganzen Abend über ein stummer Film mit unbekannten Schauspielern (keine Nennung im Programmheft, sie hätten es verdient gehabt!) in Zeitlupe lief, wohl um eine gewisse, durchaus im Sinne der Handlung sinnmachende Überhöhung des optischen Geschehens zu erzielen. Es gab übrigens keine Übertitelung, wohl auch aufgrund der filmischen Darstellung des Gesungenen, möglicherweise aber auch wegen des dann notwendig werdenden arabischen Textes, der möglicherweise nicht ausreichend synchron gewesen wäre. Das sah zunächst alles ganz interessant aus. Gerade die Flucht Siegmunds schwitzend vor Angst durch den Wald, die Holzhütte Hundings, in die er gelangt. Zunächst erinnert sie an jene des Castorf-Bühnenbildners Denic im letzten Bayreuther „Ring“, entpuppt sich dann aber als eine einfache Waldhütte an einer Lichtung, auf die die Geschwister schließlich mit dem Schwert fliehen. Großer Wert wurde auf eine fein zeichnende und somit emotionsgeladene Mimik der Schauspieler gelegt, was sich insbesondere in der behutsamen zärtlichen Annährung der beiden Geschwister zeigte.

Besonders starke Momente schienen mir einige Retrospektiven zu sein, wie das „Hochzeitsfest“ Hundings mit der unglücklichen Sieglinde, wo natürlich zünftig die Krüge gehoben werden und auf einmal Wotan mit Augenklappe und Speer im Hintergrund auftaucht. Fast genau zu dem entsprechenden Punkt in Sieglindes Erzählung sieht man ihn dann kraftvoll das Schwert in den Stamm stoßen. Das hatte schon was, und das könnte man auch mal so inszenieren. Plamen Kartaloff hat einiges davon in seiner Sofioter „Walküre“ retrospektiv ähnlich bereits gebracht, u.a. auch den Kampf zwischen Tristan und Morold noch vor Beginn des Vorspiels zum 1. Aufzug. Auch die Auseinandersetzung zwischen Wotan und Fricka im mondänen schneeweißen Pelz mit Kapuze im Felsengebirge hatte gewisse optische Reize, auch wieder durch die Mimik der beiden verstärkt.

Die Spannung des Films ging aber im 3. Aufzug schnell verloren, als er einfach nicht imstande war, die Dynamik der Wotan-Walküren-Szene und der Auseinandersetzung zwischen Wotan und Brünnhilde zu zeigen. Und da komme ich wieder zur Rolle der vorn an der Rampe, und zeitweise viel zu weit außen stehenden Sänger, die alle ohne Notenpulte sangen. Ihnen wurde offenbar aufgetragen, keinerlei Emotionen zu zeigen, da diese allein durch den Film vermittelt werden sollten. Hierin sollte sich wohl die szenische Komponente offenbaren. Also singen, ohne jedes körperliche oder mimische Engagement, letztlich nur als Stimmgeber für den Film? Das geht meines Erachtens nicht. Erstens sind die Sänger mit dem Orchester die bedeutendste Komponente jeder Opernaufführung, und zweitens kann man in ihrem Gesang, selbst wenn man nicht jedes Wort versteht, nicht ohne entsprechende Mimik Sinn erkennen. Und dieser wird von Sängern in konzertanten Aufführungen und zumal ohne Notenpulte auch regelmäßig gezeigt, selbst wenn sonst kein anderes theatrales Medium hinzukommt. Wie kann man auch ein Phrase wie die Wotans „Und das ich ihm in Stücken schlug!“ oder jene Brünnhildes „Wer diese Liebe mir ins Herz gehaucht …“ ohne emotionalen Ausdruck und entsprechende Mimik singen?! Das wäre einfach unkünstlerisch. Gott sei Dank haben Egils Silins und Catherine Foster das im finalen Duett auch nicht getan. So wurde dies der Moment, in dem sich erstmals ein richtiges Operngefühl einstellte. Aber auch das berühmte „Hehrste Wunder“ sollte mit einem gewissen Ausdruck gesungen werden, egal ob hinten ein Film läuft oder nicht und beides zusammenpasst. Einzig Daniela Köhler schaffte es tatsächlich, diese Phrase wie auch ihren gesamten Vortrag nahezu emotionsfrei wie von der Stange zu singen. Ein so unterkühltes „Hehrstes Wunder“ habe ich noch nie gehört. Das wirkte bisweilen befremdlich, gerade bei einer Rolle wie der Sieglinde. Es wäre interessant zu wissen, ob Köhler auch anders kann. Ich glaube eher kaum.

Somit kann man den Versuch, mit einem filmischen Mittel dieser Art und Konsequenz für die Sänger, einem mit Richard Wagners Oeuvre noch nicht vertrauten Publikum oder aus anderen, vielleicht budgetären Gründen, seine Werke näher zu bringen, als wohl gescheitert ansehen, ähnlich wie das Experiment der Regisseurin Katharina Wagner 2012 am Teatro Colón in Buenos Aires, den „Ring“ auf 7,5 Stunden in einem Run zusammen zu kürzen. Der gute alte Richard hat schon gewusst, was er tat und warum er dafür fast 25 Jahre brauchte…

Interessant war schließlich auch das Publikumsverhalten. War das Auditorium mit seinen 1.100 Plätzen schon zu Beginn nur zu höchstens drei Viertel besetzt, kam ein beträchtlicher Anteil des Publikums zum 2. Aufzug nicht mehr zurück. Einen höflichen Applaus gab es nach beiden Aufzügen. Die zunehmende Leere im vorderen Parkett machte es so auch möglich, nach vorn zu kommen, wo die Akustik wesentlich besser war als in der hinteren sog. Gold-Sektion, in der ich mit meiner Kaufkarte zunächst saß, da ich keine Pressekarte bekommen konnte. Wegen des mit dicken Spannteppichen ausgelegten Auditoriums meinte man, das Orchester aus der Ferne gewissermaßen in Watte verpackt zu hören. Zum 3. Aufzug waren dann sogar in den anspruchsvoll Platinum- und Diamond genannten vorderen Zonen des Parketts nahezu komplett leere Sitzreihen zu sehen. Nur etwa ein Drittel des Auditoriums war da noch besetzt. Hier zeigte sich die Akustik dann aber von bester Seite. Eigentlich waren am Schluss die europäischen Besucher, viele Expats leben ja in den Emiraten, weitgehend unter sich und beklatschten vor allem die Sänger begeistert und auch stehend. Die Regisseurin zeigte sich nicht. Vielleicht sind viele der arabischen Besucher eben auch wegen der fehlenden Emotionalität, die bei der herrlichen Musik in Kombination mit dem Film nur begrenzt von den Sängern ausging und deshalb den Funken ins Publikum nicht überspringen ließ, vorzeitig gegangen.

 

Bilder Manuel Vaca / Klaus Billand

Klaus Billand, 3.2.2019

 

 

 

 

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