

http://www.anhaltisches-theater.de/
NORMA
2. PR am 19.10.2013 (Premiere 04.10.2013)
In einem tiefen dunklem Wald…
Das Bühnenbild von Bernd Schneider steht auch symbolisch für die Situation der sächsisch-anhaltischen Theater unter „Kulturvernichtungsminister“ Dorgerloh. Ziel dieses evangelischen Theologen ist es, eine der blühendsten Kulturlandschaften, mit Schlösser, Museen, Universitäten und vor allem mit Theatern und Festivals von Weltruf, in eine öde Nicht-Kulturlandschaft zu verwandeln. Sein „ehrenwertes“ Ziel, das für alle Vergehen als Entschuldigung dient, ist die Entlastung des Staatshaushalts. Nun ist es eine Binsenweisheit, das es unsinnig ist, am geringsten Posten, eben der Kultur, zu sparen. Von den Folgen, die Steigung der Un-Attraktivität des Landes, die Nicht-Ansiedelung von Wirtschaftsbetrieben, die Schließung von Krankenhäusern, Universitäten, Theatern, etc wir dabei billigend in Kauf genommen. Ganz encore mit seinem Parteigenossen Bullerjahn(Finanzen, ehemaliger Elektromonteur und Volksarmist), werden dabei gerne Tausende von Arbeitslosen in Kauf genommen.

Aber wenden wir uns lieber angenehmeren Dingen zu, solange es sie noch gibt. In den tiefen dunklen Wald ist eine Bombe eingeschlagen. Verwüstete, herausgerissene Baumleichen liegen verstreut, dominiert von einem Stumpf der einst heiligen Eiche. In diesem Szenario lässt André Bücker sein Drama um das Besatzungsliebchen Norma und deren multiamourösen Pollione spielen. Die Kostüme von Suse Tobisch, Norma ähnelt einer Sally Bowles aD, die Besatzer lassen sich durchaus als SS-Männer erkennen, und die unterdrückten Franzosen, sind eine eher unterbewaffnete Partisanentruppe in dem mittlerweile üblichen Einheitsgrau, wenn kein Geld für die Ausstattung zur Verfügung steht. Trotzdem, in diese Falle gelang es aus Sch…ße Butter zu machen. Die Situation ist klar und eindeutig, für jeden nachvollziehbar und stimmig. Auch 1831 dachten Bellini und sein Librettist Romani sicherlich nicht an eine Asterixfolkloreshow, sondern an die damals aktuelle politische Situation in Italien.

André Bücker inszeniert diese Norma eher unspektakulär, dafür aber sehr sängerfreundlich. Man könnte ihm vorwerfen, dass er das „Rumstehchen“ der Saison geschaffen hätte, man muss ihn aber loben, dass er den Sängern, der wohl drei schwierigsten Partien des Belcanto, genügend Stand gibt. Geschickt führt er den Chor durch die „Waldlandschaft“ mit all ihren Stolperfallen, klug gestaltet er die Duos und Trios, die Ensembles. Und wenn Angelina Ruzzafante die keusche Göttin unter einem bühnenfüllenden Vollmond besingt, dann ist die Opernwelt wieder in Ordnung. So wiegt er den Zuschauer in einer Woge des Wohlklangs in eine trügerischen Sicherheit, denn im Finale zeigt Bücker, was für ein gewiefter Opernregisseur er ist, und was er bis dato auch stets bewiesen hat. Ohne das Ende zu verraten, es ist spannender als alle Tatorts der letzten 20 Jahre zusammen, ergreifender als das Ende von Titanic. Belcantossississimo!

In der von mir besuchten berüchtigten zweiten Vorstellung hatten die Bläser während der Sinfonia ihren freundlichen Tag (…bitte nach Ihnen), übrigens der einzige Patzer an diesem Abend und eigentlich nicht der Rede wert, aber innerhalb kürzester Zeit hatte Daniel Carlberg seine Anhaltische Philharmonie wieder auf Kurs gebracht und verblüffte mit einem ungewohnt flottem Tempo. Mit Thomas Skambraks haben die Dessauer einen kraftvollen Orovese, der neben den stimmlichen Anforderungen, auch den darstellerischen Spagat zwischen liebenden, später verachtenden Vater und politischer Anführer der Partisanengruppe schafft. Ebenso versiert und kraftvoll sind Kristina Baran als Clotilde und Leszek Wypchlo als Flavio. Wie immer mehr als erwähnenswert der Chor unter Helmut Sonne, der in dem bereits erwähnten Finale auch besonders gefordert wurde.

Was bleibt sind die glorreichen Drei, mit Sung Kyu Park steht in Dessau ein Pollione auf der Bühne, der mit geschmeidigen, kraftvollen Tenor, den zwischen zwei Frauen hin und hergerissenen Latin Lover gibt. Ja und dann bleiben nur noch die beiden Damen. Beide sind Priesterinnen eines eher blutigen Mondkultes, der von ihnen Jungfräulichkeit verlangt, aber beide lieben den selben Kerl und die eine, Norma, hat sogar zwei Kinder von ihm, die sie sorgsam vor der Welt, und als „Besatzerbälger“ besonders vor ihrer Gemeinschaft verbirgt. Die aktuelle der beiden Ladies, Adalgisa, Rita Kapfhammer verströmt einen warmen, fast rauschhaften Mezzo, der sich wunderbar mit dem extrem sauber intonierten, höchst dramatisch angelegten Koloratursopran von Angelina Ruzzafante ergänzt. Es schien, als ob Vincenzo Bellini diesem Trio die Partitur in die Kehle geschrieben hätte.
Jetzt wäre ich fast versucht Ihnen, verehrter Leser, das Finale zu verraten – aber nein, ich tue es nicht. Fahren Sie nach Dessau, besuchen sie die Norma, genießen die Oper, die in solch einer brillanten Besetzung auch nicht in „größeren“ Opernhäusern zu finden ist, besuchen sie das Anhaltische Theater, beweisen sie, dass Politiker im Unrecht sind, wenn sie die deutsche Kulturlandschaft grundlos zerstören wollen.
Erklären Sie sich solidarisch, auch mit den bedrohten Theatern in ihrem Bundesland. Sachsen Anhalt ist auch in Rheinland Pfalz, in Baden Württemberg und in Nordrhein Westfalen. Die jetzt aktuellen Landesfürsten und Fürstchen sollten den alten Spontispruch noch kennen und fürchten: "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!"
Alexander Hauer Bilder von Claudia Heysel
DIE LUSTIGE WITWE
Premiere am 3. November 2012
Griechenland, Italien, Spanien! Und jetzt auch noch das kleine Pontevedrino. Alle Pleite! Aber anders als bei den EU-Ländern hilft dem kleinen Balkanstaat kein Rettungsschirm. Also was tun? Es gibt nur eine Rettung. Hanna Glawari, Witwe des Hofbankiers, und 20 Millionen schwer, muss ihr Vermögen in die kleine Monarchie pumpen. Also muss sie heiraten, und zwar einen Pontevedriner, damit das Vermögen im Lande bleibt.

Krisenbewältigung ohne EU-Rettungsschirm
Johannes Zametzer verlegt die „Witwe“ in unsere heutige Zeit. Und das, ohne dass das Werk auch nur den kleinsten Schaden nimmt, Staatspleiten sind ja keine Erfindung der Neuzeit. Den Besuchern der Uraufführung war der griechische Staatsbankrott von 1893 sicherlich noch in Erinnerung. Also hat die „Witwe“ auch heute einen aktuellen Zeitbezug. In der ponteve- drinischen Botschaft weiß man ob der finanziellen Probleme, aber man ignoriert sie, und feiert ein rauschendes Gartenfest in der Umbaubaustelle. Der Champagner fließt in Strömen, Leichen im Pool werden genauso ignoriert, wie fächerbewehrte Nobelschneider. Man feiert sich, man genießt diesen Tanz auf dem Vulkan, denn wer weiß, was morgen ist. Und dann landen die 20 Millionen, und die gesamte Männerwelt stürzt sich auf sie wie eine Löwenmeute auf eine Gazelle. Die Männer kommen bei Zametzer nicht gut weg. Leicht debil, gierig und etwas ungeschickt sind die alle. Ganz im Gegensatz zu den Damen, die genau wissen was sie wollen, und vor allem, was sie nicht wollen. Da ist Valencienne, Gattin des Botschafters Baron Mirko Zeta, je öfter sie beteuert, dass sie eine anständige Frau ist, umso unglaubwürdiger wird sie. Ach ja, im Gegensatz zu Obst sind viele Frauen erst dann wirklich gut, wenn sie gänzlich verdorben sind. Und Cornelia Marschalls Valencienne ist ein ganz bezauberndes Früchten. Mit lyrischen Sopran, tänzerischer (Hoch)Begabung und gänzlich unsubtiler Erotik umgarnt sie nicht nur ihren Gatten, Gerald Fiedler gibt den Baron mit solch einer Präsenz, dass sängerische Mängel, er kommt ja auch vom Schau-spielensemble, mehr als Wett gemacht werden. Bei allem diplomatischen Geschick, die „diplomatischen“ Winkelzüge seiner Angetrauten erkennt er nicht.

Der vom Baron bestimmte Mann für die Glawari ist Graf Danilo. Wiard Witholt ist das Gegenteil der üblichen Danilodarstellung. Der 2-Meter-Schlacks orientiert sich eher an dem Ur-Danilo, und das war nicht Johannes Heesters. Louis Treumann spielte den Danilo als Komiker und Withold steht ihm in nichts nach. Unbeholfen, ständig das Hemd aus der Hose hängend, ist er mehr „Kasper“ als Latin Lover. Stimmlich klingt er gänzlich anders als Treumann. Sein Bariton lebt von einem feinen Schmelz, höhensicher und tiefenfest. Er schont seine Stimme nicht, bellt die „Königskinder“ aggressiv wie ein gereizter Kampfhund, und säuselt die schweigenden Lippen wie ein verliebter Pennäler. Sein Gegner im Kampf um die Damen ist Artjom Korotkov. Der junge Tenor gibt den Pariser ganz mit französischem Charme und sicherem Stimmmaterial. Sein Menjou-Bärtchen scheint ein Frauen-magnet zu sein, sein Tenor ist klar und fest wie Emaille.
Ja, und da ist noch sie. Sie, die 20 Millionen, die lustige Witwe. Angelina Ruzzafante lebt dieses kapriziöse Luxusweibchen. Selbstbewußt weiß sie, wie sie die Männerwelt steuern kann. Der voreheliche Kampf, das Aufwär- men einer, aus familiären Gründen gescheiterten Beziehung, mit Danilo wird zu einer köstlichen Kapriole.
Der zweite Akt führt dann nicht in den Palast der Glawari, sondern auf ihre Yacht im Pariser Hafen. Legt Angelina Ruzzafante im ersten Akt die Latte schon sehr hoch an, spätestens beim Vilja-Lied triumphiert sie vollends. Perfekt gesungen, ohne das sonst so übliche Opernpathos, erntete sie in der Premiere begeisterten Zwischenapplaus. Gerhard Mayers Bühnenbild besticht auch hier. Ein hochseetüchtiger Segler, in seiner ganzen Länge, füllt die Bühne. Der kleine Pavillon in dem die Rosenknospe so schön erblühen kann, wird ganz profan, aber absolut stimmig, zur Unterdeckkabine.

Im dritten Akt hat man dann den Garten der Botschaft wieder neu dekoriert. Das Dessauer Bühnenportal en miniature, mit dem Glitzervorhang aus „Mou- lin Rouge“ ist der Rahmen für die Grisetten. Angeführt von der bezaubern- den Valencienne singen, tanzen und spielen sich die Damen des Balletts in hollywoodreifen Kostümen endgültig in die Herzen der Zuschauer. Zum Finale sind alle glücklich. Alle? Der Baron ist von der Treue seiner Frau überzeugt, Valencienne weiß dies zu nützen, Hanna hat endlich ihren Danilo, das kleine Land ist gerettet. Nur der Njegus, Danilos Sekretär, der sich im zweiten Akt als Sekretärin herausgestellt hat, geht leer aus. Aber beim Charme von Kristina Baran wird das sicher kein Dauerzustand sein.

Helmut Sonnes Chor zu loben, hieße Eulen nach Athen tragen. Dieser Chor ist immer eine Augen-und Ohrenschmaus. Aber in der Witwe laufen sie zur Höchstform auf. Jedes Chormitglied spielt seine eigene kleine Solorolle, grade so wie es die vergnügungssüchtige Gesellschaft eben verlangt. Tomasz Kajdanskis Ballett hat genügend Gelegenheit sich zu präsentieren. Egal ob als fischschwänzige Ballsirenen im Botschaftspool, als Grisetten im Garten-Moulin Rouge, oder als „Volkstänzer“, zusammen mit den leider zu kurz gekommenen Herren im zweiten Akt, seine Choreographie besticht immer durch Charme und Präzision.
Was für den Chor gilt, hat auch bei der Anhaltischen Philharmonie Gültig- keit. Unter Wolfgang Kluges Dirigat, spritzig und voller Klangerotik, unter- stützen sie das Sängerensemble, bilden sie einen Klangteppich, auf dem es sich prächtig flanieren lässt. Die musikalische Leistung, die ausgeklügelte Regie von Johannes Zametzer, das Bühnenbild von Gerhard Mayer und das opulente Kostümbild von Katja Schröpfer machen diese Witwe sicherlich zu einem Dauerbrenner und Publikumsliebling der Dessauer und der vielen Theaterfans, die von weither anreisen, um First Class Theater zu erleben.
Alexander Hauer Bilder von Claudia Heysel
AIDA
Besuchte Vorstellung: 16.09.12
Ohne Folklore

Oh jeh! Ohne Elefanten, ohne Pyramiden, ohne orientalische Pracht. Christian von Götz lässt Verdis Festoper in einem gänzlich unfestlichen Rahmen spielen. Um es auf den Punkt zu bringen: Diese Aida hat mir nicht gefallen, aber sie war faszinierend. Dieses Resümee ist alles andere als negativ gemeint, sondern es ist ein großes Lob.

Ein Bruch mit überkommenden Opernkonventionen wird immer Kontro-versen hervorrufen, so wurden auch in Dessau die wenigen, dafür umso lauter brüllenden Buh-Rufer, von der begeisterten Mehrheit niedergejubelt. Christian von Götz lässt seine Aida in einer nicht zu fernen Zukunft spielen, Kriege werden nicht mehr wegen des Blutes oder wegen Landgewinnung geführt, es geht einzig um Ressourcen , und im Falle von zwei Wüsten-staaten, Ägypten und Äthiopien, um Wasser. Es ist ein Krieg, der sich schon lange, mindestens aber schon 20 Jahre dahin zieht. In einem Vorspiel sehen wir, wie die Familie des Radamès in einer Kriegshandlung dahingemetzelt wird, der kleine Knabe überlebt und beginnt später seine Karriere in der Armee, in der er wahrscheinlich schon als Kindersoldat , gedient hat. Der Tod ist allgegenwärtig, wird nur noch als Nebensache wahrgenommen, die im Alltag zu einer Selbstverständlichkeit wurde.

Das Bühnenbild von Britta Bremer zeigt auch keinen Palast mehr, der erste Akt spielt in einem Heerlager, provisorisch durch einen Bretterzaun von der Außenwelt abgeschirmt. Noch führt der König das Heer an, seiner Tochter Amneris geht es verhältnismäßig gut, sie und die Führungsspitze haben noch Zugang zum Wasser, das einfache Volk darbt allerdings schon. Amne- ris versucht Radamès mit Wasser günstig zu stimmen. Als dieser es mit der Sklavin Aida teilen möchte, kippt sie lieber aus, bevor es die Rivalin erhält. So gesehen folgt von Götz der Handlung der Oper, setzt aber seine Schwer-punkte auf dem Kampf um die Ressourcen. Die Liebesgeschichte zwischen Aida, Radamès und Amneris weicht einer brutalen Schilderung menschlicher Abgründe.

Chef der Soldateska ist „il re“, der in bester Fidel Castro Manier mit dicker Zigarre einen Feldherren nach dem anderen verschleißt. Sein Los und das, der nur noch als Schutzbehauptung existierenden Göttern, fällt auf Rada- mès, und mehr oder weniger aus Zufall gelingt ihm der Sieg in einer Schlacht. Aida , die unerkannt im Millitärtross als Kriegsgefangene gehalten wird, ist bei von Götz nicht mehr das naive Prinzesschen, das sich in einen Soldaten verliebt, sondern sie ist eine ernst zu nehmende Politikerin, die versucht, auch in der Gefangenschaft die Interessen ihres Volkes, vor allem aber die ihrer Familie, wahrzunehmen. Nach dem „Nilbild“, bei von Götz ein vergifteter, trauriger Rinnsal, putscht das Militär und Amneris verliert ihren Schutz. Aida und Amneris werden auf der Flucht erschossen, Radamès wird zum Tode verurteilt. IN einer fiebrigen Traumvision begegnet ihm noch einmal Aida.

Christian von Götz bleibt trotz allen Modernismen der eigentlichen Geschichte sklavisch treu, glättet und erklärt nur ein paar Ungereimtheiten, z.B, das plötzliche Verschwinden von „il re“ oder wieso sich einen entlaufene Sklavin in eine Todeszelle schmuggeln kann. Wie schon am Anfang erwähnt, diese Aida dient nicht dazu, dass Bedürfnis nach Pracht und Eleganz an Pharaonenhöfen zu befriedigen. Von Götz‘ Bilder und seine ausgeklügelte Personenregie transportieren das Werk auf eine höhere Stufe in die, noch nicht ganz aktuelle, Situation im Nahen Osten. Die stellenweise Grauen erregenden Bilder schaffen aber eine voyeuristische Lust am Sehen, die auch die Situation des Opernbesuchers beleuchtet.

Von der musikalischen Seite gab es auch für den konservativen Hörer keinerlei Zweifel. Wie immer überzeugte die Anhaltische Philharmonie unter Maestro Antony Hermus, die verdreifachten Chöre, dank an Corusochor Berlin und die Verstärkung des Extrachorus, unter Helmut Sonne. Den Solistenreigen eröffnet kurz und knackig David Ameln als Bote, Kyung-Il Ko gibt einen bassbösen Oberpriester, Rainer Büsching einen überheblichen König, der sich seiner Marionettenstellung nicht bewusst ist. Cornelia Mar- schall gestaltet die Priesterin mit warmen erotischen Ton, Sung Kyu Park ist ein makelloser Radamès, der das hohe C mühelos meistert, der italienischen Partie mit Kraft begegnet, aber auch zu lyrischen Tönen fähig ist. Sein Gegenspieler und Feind im Feld ist Ulf Paulsen.

Baritonale Klangschönheit gepaart mit schauspielerischem Können gestalten einen Amonosro, wie man ihn sich nicht besser wünschen könnte. Seine Modulation in der Stimme, vom väterlichen Gesäusel bis hin zum militäri- schen Gebelle hinterlässt einen starken Eindruck. Aber die beiden Hauptak- teure sind in diesem Falle die beiden Damen, Jordanka Derilova und Rita Kapfhammer. Kapfhammers Amneris ist ein verwöhntes Gör, dem die Welt zu willen sein muss und das, nach dem Tod des Vaters, nicht mehr mit der Realität zurechtkommt. Die über mehrere Oktaven reichende Partie meistert sie unverkrampft und ohne sichtbare Mühen. Das Klangbild der Aida wurde seit den 50er Jahren von Maria Callas geprägt. Mit der KS Jordanka Derilova hat Dessau eine würdige Nachfolgerin am Haus. Kraft und Zartheit vereinigt sich in ihrer Stimmung genau wie theatralische Klanggestaltung.

Das Ballett des Anhaltischen Theaters gestaltet die Ballettszenen als lasziv erotischer Tempeltanz, vor allem aber im Triumphmarsch als ausgelassenes Straßenfest. Mein Fazit, es gibt Opern, die eine Modernisierung nicht ver- tragen. Aida gehört nicht dazu. Von Götz kluge Neusichtung, das Dirigat von Antony Hermus und die überirdisch schönen Stimmen lohnen jeden Besuch in Dessau.
Alexander Hauer Bilder: Anhaltisches Theater
Ältere Besprechungen befinden sich ohne Bilder auf der Seite DESSAU des Archivs weiter unten.