DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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Walzerklänge im Zeichen von Corona

Bad Reichenhaller Strauss Tage 2020 trotzen allen Widrigkeiten

Besuchte Vorstellungen am 11., 12. und 13.09.2017

 

Die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft mit Jahreshauptversammlung lässt sich von Corona nicht unterkriegen und feiert auf eine ganz andere und besondere Art.

 

Lange hat man es sich überlegt, ob man die Strauss Tage von Bad Reichenhall einfach ausfallen lassen soll, oder dem Virus trotzen und mit Walzerklängen die „stille Zeit“ ein bisschen vergessen sollte. Das lange vorbereitete Programm vom Vorstandsmitglied, Generalmusikdirektor Christian Simonis war nicht zu halten. Zu große Risiken, zu hohe Kosten, bei verschwindend kleinen Einnahmen - das war eigentlich schon das Aus für die Tage. Aber da kennt man Christian Simonis schlecht. Statt der vorbereiteten Operettenausschnitte, Musicalausflüge usw., stellte er flugs ein neues Programm zusammen. Vier kleine Konzerte mit jeweils unter einer Stunde Dauer, natürlich ohne Pause und bis zu den Plätzen mit Mundschutz, mit minimiertem Publikumszugang – und diese Konzerte mit der herrlichen Musik von Strauss pur. Etwas, was die Gesellschaft schon Jahre nicht mehr gehabt hat, und auf das man sich riesig freute. Die Anmeldezahlen hatten sich vom letzten Jahr mehr als halbiert und ein Häufchen von 20 aufrechten Straussfreunden aus Deutschland, Österreich, Ungarn und der Schweiz hielten die Fahne aufrecht. Die drei Tage waren einfach wunderschön, auch wenn man mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Über das Hotel will ich mich diesmal gar nicht auslassen, sie hielten sich an die Regeln, teilweise weit darüber hinaus. Man hatte auch den Eindruck, dass die Angst vor Corona in Bad Reichenhall wesentlich stärker ausgeprägt ist, als im übrigen Bayern. Wenn zu den vier tollen Konzerten gerade einmal knapp 60 Personen zugelassen werden, ist dies einfach nicht nachvollziehbar. Neben jedem Einzelplatz drei freie Plätze und jede zweite Reihe frei, nicht einmal Ehepaare dürfen zusammensitzen, scheinbar ist hier das Management etwas überfordert, aber was soll´s. Allein die Tatsache wieder einmal live die Musik erleben zu dürfen, lenkt von den Unbillen ab, wenn auch vieles einfach nicht nachvollziehbar ist. Leid kann einem Christian Simonis mit seinem etwas reduziertem Orchester tun, denn sie können für diese überstrengen Auflagen nichts und hätten es verdient gehabt, vor einer etwas größeren Kulisse agieren zu dürfen. Ich war schon bei etlichen „Coronaaufführungen“, aber hier in Bad Reichenhall wurden erstmals sogar die Ehepaare auseinandergesetzt.

So wie es ausschaut wird die Gesellschaft vorerst einmal das letzte Mal in Bad Reichenhall gewesen sein, denn der rührige Generalmusikdirektor Christian Simonis, hört in diesem Jahr hier auf, mit Sicherheit ein großer Verlust für Bad Reichenhall und die dortigen Philharmoniker. Am ersten Abend steht in der Konzertrotrunde Bad Reichenhall das Konzert „Johann Strauss Vater und Sohn“ auf dem Programm. Unter riesigem Beifall kommen die stark reduzierten Musiker mit Mund- Nasenschutz auf die Bühne, den sie dort abnehmen dürfen. Knapp 60 Zuhörer geben einen Begrüßungsapplaus, der fast auf ein voll besetztes Haus schließen lässt. Man spürt die Freude, wieder nach vielen Monaten live die Philharmoniker erleben und ihnen lauschen zu dürfen. Und eines kann man genauso gut feststellen – diese Freude ist nicht einseitig. Jedem einzelnen Orchestermitglied merkt man die Freude an, die Leidenschaft, vor Publikum auftreten zu dürfen und endlich wieder ein ganz kleines Schrittchen zur Normalität machen zu dürfen. Und ganz besonders merkt man dies auch Christian Simonis an, die Freude blitzt richtig aus seinen Augen und feurig wie eh und je leitet er das erste Konzert, welches er auch einfühlsam und kenntnisreich und auch mit dem notwendigen Quäntchen Humor gewürzt, moderiert. Mit launigen Worten eröffnet er die Strauss Tage und freut sich, dass so viele Mitglieder der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft trotz der Probleme gekommen sind. Im Publikum sitzt Dr. Eduard Strauss mit seiner Gattin und auch er ist mehr als froh, als die ersten Klänge aufhorchen lassen. Mit dem Furioso Galopp von Strauss Vater beginnt das Konzert, leidenschaftlich, rasant und blitzsauber dargeboten, so als wenn es die Einschränkungen nicht geben würde. Mit der Ouvertüre zur weniger bekannten Operette von Strauss Sohn „Carneval in Rom“ geht es weiter und die Marianka Polka, der Walzer „Heiter auch in ernster Zeit“ und der Cachucha Galopp, alles von Strauss Vater schließen sich an. Von Strauss Sohn dann „Bitte schön“, Polka francaise, der Walzer „Mephistos Höllenrufe und die Polka schnell „Juristenball“ schließen sich an und das erste beeindruckende Konzert endet mit Strauss Vater und seinem unsterblichen Radetzky Marsch und das Publikum geht begeistert mit. Voller Rhythmus, mit großer Leidenschaft, toller Präzision, unglaublich viel Gefühl und Einfühlungsvermögen ist dieses Konzert zu einem reinen Vergnügen geworden. Ein rundum glückliches und zufriedenes, wenn auch unglaublich stark dezimiertes Publikum erlebt einen Konzertgenuss vom Feinsten.

Am nächsten Vormittag findet die Jahreshauptversammlung 2020 der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft statt. Der Vorsitzende Dr. Ingolf Roßberg informiert über die Aktivitäten des vergangenen Jahres, die natürlich durch Corona ebenfalls stark eingeschränkt waren, die Arbeit an der neuen Internetseite und der Fertigstellung des nächsten Heftes von „Neues Leben“ und gibt einen Ausblick auf das nächste Jahr, wo bei der Gesellschaft auch wieder Neuwahlen anstehen. Alles unter dem Damoklesschwert, wie es mit der Pandemie weitergeht und was alles möglich und nicht möglich sein wird. Auch über die Gestaltung der Strauss Tage 2021 in Coburg, wo alle hoffen, dass sie stattfinden können, wird informiert.

Am Nachmittag in der Konzertrotunde gehen die musikalischen Leckerbissen weiter. Auf dem Programm stehen die „Sträusse aus Karlsbad, Hamburg und Kopenhagen“. Mit diesem Konzert wird auf Joseph und August Labitzky, Oscar Fetrás und Hans Christian Lumbye hingewiesen, denn diese Vier waren im 19. Jahrhundert in ihren Bereichen fast ebenso berühmt wie die Sträusse, auch sie, aus dem hohen Norden kommend, verstanden es zündende Walzer und Polkas zu schreiben und publikumswirksam darzubieten. Äußerst erfreulich ist auch, dass der Präsident der „Gesellschaft der Freunde von Josef Labitzky“, Herr Bohumir Hájek mit seiner Gattin, den Weg von Karlsbad nach Bad Reichenhall für alle vier Konzerte auf sich genommen hat. Joseph Labitzky, der auch der Böhmische Walzerkönig genannt wurde, schrieb fast 300 Werke und sein Sohn August, der sein Nachfolger wurde, ist in Bad Reichenhall verstorben. Der Hamburger Dirigent und Komponist Oscar Fetrás verschrieb sich in erster Linie der Unterhaltungs- und Tanzmusik, auch er kam auf fast 300 Werke und sein Walzer „Mondnacht auf der Alster“ machte ihn so richtig berühmt Der fleißigste der Vier war jedoch der Däne Hans Christian Lumbye, der mehr als 700 Kompositionen veröffentlichte und der auch den Beiname „Strauss des Nordens“ hatte.

Christian Simonis und seine Philharmoniker beginnen rasant mit dem Epheuranken-Galopp von Joseph Labitzky, danach die etwas zurückhaltendere Gavotte „Erste Liebe“ seines Sohnes und dann den auftrumpfenden Blitz-Galopp. Von Oscar Fetrás wird der Bummel Marsch zu Gehör gebracht, heiter dargebracht, die Lust der Musiker ist fast greifbar, die Geiger Sophie Ferge und Fred Ullrich präsentieren sich auch gesanglich, gut, richtige Sänger können sie nicht ersetzen, dafür agieren sie mit viel Herz, Leidenschaft und Liebe. Dann der Walzer „Märchen aus dem Quellental“ und der Marsch „Im bunten Dress“. Mit Hans Christian Lumbye endet das Konzert, zuerst der Galopp „Kopenhagen Eisenbahn-Dampf“, bei dem Fred Ullrich in Eisenbahnerdress, jedenfalls was die Kappe angeht und gut bedienter Pfeife seinen Musikerkollegen etwas einheizt, Christian Simonis mischt natürlich hervorragend mit, Dann kommt der Walzer „Kroll´s Ballklänge“ und zum guten Schluss als Rausschmeißer sein rasanter und leidenschaftlicher Champagner Galopp. Alles natürlich wieder kenntnisreich und einfühlsam moderiert und leidenschaftlich dirigiert von Christian Simonis. Leider ist nach einer knappen Stunde der Musikrausch zu Ende, die Besucher gehen aber zufrieden, heiter und mit fröhlichen Liedern auf den Lippen aus dem Konzertsaal.

Am gleichen Abend das dritte Konzert unter dem Titel „Die Brüder Josef und Eduard Strauss“. Auch hier wieder unter dem anregenden Dirigat und der kenntnisreichen Moderation von Christian Simonis. Begonnen wird rasant mit der Polka schnell „Mit Vergnügen“ von Eduard Strauss. Dann wird Josef mit vier Stücken gewürdigt. Die Polka francaise „Die Tänzerin“, die Polka Mazur „Stiefmütterchen“, die Polka schnell „Forever“ und schließlich sein Herbstrosen Walzer. Es ist eine Freude dem Orchester zu lauschen, die alles aus den Kompositionen herausholen, teilweise zurückhaltend, teilweise aufbrausend, eine mehr als hervorragende Leistung und ein exzellentes Zusammenspiel. Von Eduard dann die Polka schnell „Mit Chic“ und von Johann III die Rococo Gavotte aus der Operette „Katz und Maus“. Ein wunderschönes Stück, das den wenigsten bekannt sein dürfte. Die Mischung aus altbekannten und Raritäten, die nur selten gespielt werden, wird hier auf das Vorzüglichste dargeboten. Eduard wird dann mit der Boccaccio Quadrille dargeboten, eine interessante Variation aus der bekannten Operette von Franz von Suppé. Als (leider) letztes Stück dann der Galopp „Bahn frei“ von Eduard Strauss und damit endet wieder ein wunderschönes, leidenschaftliches und viel zu kurzes Konzert.

 

Am Sonntagvormittag dann schließlich das letzte der Konzerte der Strauss-Tage Bad Reichenhall in Zusammenarbeit mit dem Johann Strauss Club St. Petersburg/Pawlowsk und der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft mit der Überschrift „In den Gärten von Pawlowsk – Die Sträusse in Russland“. Leider kann niemand wegen der Pandemiekrise aus Russland dabei sein, die bereits zugesagte Teilnehme ist leider gestrichen, dafür wird die Moderation dies Konzertes vom Ehrengast Dr. Eduard Strauss übernommen. Mit großem Sachwissen, Eingehen auf manches Detail und mit einem humorvollen Hintergrund versteht es der Nachfahre der Sträusse das Publikum zu begeistern und ihnen viele Einblicke zu gewähren, die sie so nie bekommen hätten. Großer Beifall für Eduard Strauss für seine stilvolle, interessante und launige Moderation. Die Niko Polka von Johann Strauss eröffnet den Reigen der musikalischen Leckerbissen. Rasant gespielt, leidenschaftlich und eindringlich, das Publikum ist begeistert. Danach die Pawlewsker-Vauxhall-Polka von Josef Gung´l, dem Gründer der Bad Reichenhaller Philharmoniker. Dann Josef Strauss mit Impromptu für Orchester der Schnell-Polka „Vorwärts“ und der Polka Mazur „Aus der Ferne“. Johann Strauss kommt dann mit dem Egyptischen Marsch, der Polka francaise „Im Pawlowsk-Walde/Im Krapfenwald´l“ und der Russischen Marsch-Fantasie zu seinem vielumjubelten Recht. Die gemeinsam von Johann und Josef Strauss komponierte Pizzicato Polka ist ein weiterer Höhepunkt dieses Vormittags und als Rausschmeißer fungiert von Josef Strauss die Polka schnell „Ohne Sorgen“. Starker Applaus, soweit das bei der so fürchterlichen Dezimierung der Zuschauerzahl, möglich ist, für die Bad Reichenhaller Philharmoniker, ihrem leidenschaftlich auftrumpfenden Dirigenten Christian Simonis und dem kenntnisreichen Straussnachfolger Dr. Eduard Strauss aus Wien.

Drei Tage unter besonderen Voraussetzungen, mit tollen Eindrücken, erstmals fast reinen Strauss-Konzerten, Publikumsrennern und unbekannten Kleinoden lassen alle Besucher das Kommen in keinstem Moment bedauern. In schlimmen Zeiten tolle Konzerte, für die man nur Danke sagen kann. Möge die Musik bald wieder zu ihrem ihr zustehenden Platz kommen, denn in dieser Zeit merkt man erst richtig, was einem die Kultur und die Schönheit der Musik bedeutet.

 

 

Manfred Drescher 25.09.2019          

Bilder Eigenaufnahmen

 

Trotz Pech und Pannen siegt die Musik bei den Bad Reichenhaller Strauss Tagen 2019

Besuchte Vorstellungen am 13., 14. und 15.09.2019

Deutsche Johann Strauss Gesellschaft mit Jahreshauptversammlung erneut und mit Begeisterung bei den Strausstagen in Bad Reichenhall

Die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft kann einfach nicht vom Strauss Festival in Bad Reichenhall lassen. Dieses Jahr erneut zusammen mit der Jahreshauptversammlung (bereits zum dritten Mal), etwa 45 Mitgliedern der Gesellschaft inclusive einiger Gäste und mit einigen Problemen. Die Hotelzimmer waren – obwohl vor fast einem Jahr gebucht – nicht mehr alle vorrätig, da ein Schaden im Hotelbereich es erforderte, dass einige Straussianer für eine Nacht nach Österreich auswandern und im Schwesternhotel in Salzburg übernachten mussten. Ein kleines bisschen Durcheinander, doch ein Straussfreund lässt sich von so etwas nicht abschrecken. Und dann die Hiobsbotschaft vom Festival: Generalmusikdirektor Christian Simonis muss bekanntgeben, dass die beiden Operetteneinakter „Salon Pitzelberger“ von Jaques Offenbach und „Die schöne Galathee“ von Franz von Suppé ersatzlos entfallen müssen. Der tragende Tenor muss aus schwerwiegenden Gründen kurzfristigst leider absagen und in der Kürze der Zeit ist kein adäquater Ersatz zu finden, die Probenzeit zu gering. Dies ist umso bedauerlicher, weil diese beiden kleinen Meisterwerke nur sehr selten aufgeführt werden und man sich deshalb besonders darauf gefreut hat. Aber Christian Simonis, der auch Vorstandsmitglied der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft ist, zaubert für die Mitglieder der Gesellschaft an diesem Freitagabend – bzw. Spätnachmittag ein Zuckerl aus dem Hut. Sein Geiger Fred Ullrich, der 2012 das „Salonquartett Reich an Hall“ gegründet hat, spielt für die Mitglieder der Gesellschaft im Hotel und es ist bombastisch. So kommt die Musik trotz des Ausfalls doch noch zu ihrem Recht. Die Stimmung innerhalb der Gesellschaft ist trotz allem hervorragend und niemand hat die zum Teil doch recht lange Reise nach Bad Reichenhall bereut. Und wenn auch die nächste Jahreshauptversammlung der Gesellschaft in Frankfurt sein wird, verspricht man den Reichenhallern auch bei den Strausstagen 2020 wieder dabei zu sein. Doch nun der Reihe nach.

Mit launigen, aber auch bedauernden Worten eröffnet Christian Simonis das Strauss Festival mit einer internen Veranstaltung. Fred Ullrich und Svetlana Glebova an den Violinen, Patricia Hawkins an der Viola und Barbara Eger am Violoncello haben in kürzester Zeit ein sensationelles Programm aus dem Hut gezaubert. Der Coburger Marsch von Michael Haydn, 6 Ländler von Franz Martin Pechatschek, der Contretanz „Der Sieg vom Helden Coburg“, Neue brillante Solo Ländler in D von Michael Pamer, 6 Walzer von Joseph Wilde, Gedenkblättchen, Polka francaise von Philipp Fahrbach jun., Neue Wiener Ländler op.1 von Joseph Lanner, die Sperl-Polka von Johann Strauss Vater, 6 Wiener Walzer von Carl Friedrich Ebers und schließlich der Galopp aus „Pariser Leben“ von Jacques Offenbach sind ein Programm, welches nicht alltäglich ist. Im Einzelfall deutsche Erstaufführungen und ein Programm, welches unser Vorsitzender Dr. Ingolf Roßberg als „erste Sahne“ bezeichnete. Das Salonquartett zeichnet sich durch musikalische Vielseitigkeit, eine immer durchdachte Programmgestaltung mit entsprechender Moderation sowie verbunden mit einem hochqualitativen Auftreten.

Salonquartett (Reich an Hall)

Der in Erfurt geborene Fred Ullrich, der Leiter des Salonquartetts „Reich an Hall“ führt mit launigen Worten wissend durch das nicht alltägliche Programm. Ein harmonisches Miteinander, mit musikalischen Leckerbissen in eigen Arrangements reißen das Publikum zu stürmischem Applaus nach jeder Nummer hin. Voller Rhythmus, mit unglaublich viel Gefühl und Einfühlungsvermögen präsentiert, wird dieses Konzert zu einem reinen Vergnügen. Ein rundum glückliches und zufriedenes Publikum erlebt einen „reichhalligen“ Konzertgenuss vom Feinsten. Das Sonderkonzert für die Straussfreunde ist eingeschlagen und hat alle begeistert mitgenommen. Das als Geste für die Absage der Operetteneinakter und die Probleme mit den Zimmern gedachte Konzert wird zu einem der Höhepunkte dieses Strausstage. Ohne Zugabe gehen die exzellenten Künstler nicht von der Bühne und sie erfreuen zum Abschluss mit „Ach bitte noch einen Walzer“ von Richard Eilenberg.

Am nächsten Vormittag findet die Jahreshauptversammlung 2019 statt. Der Vorsitzende informiert darüber, dass es seit kurzem einen neuen sehr schön gestalteten Flyer der Gesellschaft gibt und dann gibt er unter Beifall bekannt, dass der Startschuss für die lange vermisste Internetseite der Gesellschaft unter „www.djsg.de“ in diesem Moment erfolgt und dass die Seite ab sofort freigeschaltet und erreichbar ist. Lange hat man darauf gewartet und freut sich deshalb umso mehr. Neben etlichen organisatorischen Dingen steht dann noch eine Besonderheit auf der Tagesordnung. Nach langen Jahren wird wieder eine Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft vergeben.

Ehrenmitglied Rudolf Maeder (rechts) und Vorsitzender Dr. Ingolf Roßberg

Der Schweizer Pianist und Tausendsassa Rudolf Maeder, ein Urgestein der Gesellschaft und fast 25 Jahre dabei, bekommt diese hohe Auszeichnung der Gesellschaft vom Vorsitzenden und stürmischem Beifall der Mitglieder überreicht. Er, der nicht nur als Pianist manche Veranstaltung erst mit dem notwendigen Feuer versah, ist auch ein großer Übersetzer, der über viele Jahre für die Schrift „Neues Leben“ unzählige Artikel tadel- und fehlerlos übersetzte und damit mit dafür sorgte, dass die Hefte immer pünktlich und inhaltlich einwandfrei erschienen. Die letzten Jahre arbeitete er unermüdlich in der Redaktion von „Neues Leben“, aus der er sich leider aus Altersgründen zurückziehen musste, nicht ohne der Gesellschaft seine Dienste im Notfall weiter anzubieten. Und Notfälle werden wir in der Zukunft sicher genug haben. Danke für einen liebenswerten, launigen, geselligen Freund, der in seiner unnachahmlichen Art ein Aushängeschild der Gesellschaft ist und der sichtlich überrascht, aber auch gerührt die hohe Auszeichnung entgegennimmt. Ein herzliches Dankeschön und hohe Anerkennung für die geleistete Arbeit.

Am Nachmittag wird es wieder etwas ernster. Der junge, in Lübeck geborene Dramaturg und Theaterwissenschaftler, Dr. Matthias Kaufmann hält einen sehr gut besuchten Vortrag über „Jaques Offenbach und Johann Strauss – Ideologie und Spielplan-Politik der Operette im Nationalsozialismus“. Nach einer kurzen Begrüßung durch GMD Christian Simonis gelingt es dem Referenten ein eigentlich trockenes Thema so spannend zu gestalten, dass man ihm gerne zuhört.

Vortrag Dr. Matthias Kauffmann

Der ausgewiesene Kenner der Materie, der mit eine Dissertation über die Operette im „Dritten Reich“ promovierte hat ein vielbeachtetes Buch zu diesem Thema herausgegeben, in welchem er erstmals umfangreiches Archivmaterial zur Geschichte des Berliner Metropoltheaters, der führenden Operetten-Institution im „Dritten Reich“ (später übrigens Komische Oper) ausgewertet hat. Im Anschluss an den hochinteressanten Vortrag wollten die Fragen fast nicht abreißen, die dem jungen Operettenfachmann gestellt wurden.

Am Abend dann eine Operettengala der ganz besonderen Art. Unter dem Titel „Johann Strauss und England“ in Zusammenarbeit mit der Johann Strauss Society of Great Britain und der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft stellt man ein Programm auf die Beine, welches überwiegend von Sir Arthur Sullivan, Gilbert & Sullivan und Johann Strauss Vater und Sohn beherrscht wird. Dabei werden alle Gesangsstücke in Englisch dargeboten, auch für die Sänger kein Alltag und für die Zuhörer auch nicht. Dieses Publikum ist jedoch von dieser neuen Art einer Operettengala begeistert und zeigt dies mit endlosem Applaus zwischen den Stücken und am Ende des ebenfalls außergewöhnlichen Konzerts. Die Bad Reichenhaller Philharmoniker, ein ausgezeichnetes, toll eingespieltes und klangvolles Orchester treten im Königlichen Kurhaus unter ihrem exzellenten Dirigenten Christian Simonis eindrucksvoll auf. Bereits mit der ersten Nummer, der Overtura di Ballo von Sir Arthur Sullivan reißen sie das Publikum mit. Man merkt jedem einzelnen Musiker an, dass er mit größtem Engagement, Feuer, aber auch viel Liebe bei der Sache ist. Die Bad Reichenhaller Philharmoniker spielen an diesem Abend so, als wenn sie nie etwas anderes als die englischen Operetten spielen würden, zupackend, zurückhaltend, leicht, locker, aufbrausend, alles stimmt an diesem Abend. Und dies liegt zum großen Teil auch an ihrem Leiter Christian Simonis, der die zweite und dritte Jugend am Dirigentenpult erlebt, aufblüht und sich mit aller Leidenschaft – und davon besitzt er eine Menge – bis zur letzten Faser einsetzt. Er fiebert mit seinen Musikern richtig mit, ist voller Engagement dabei, peitscht seine Musiker nach vorne, hält sie aber auch mit harter und gleichzeitig leichter Hand zurück, wenn er sängerdienlich die Wogen ein bisschen zurückschraubt um die Solisten nicht zu übertönen. Er hat die Zügel in der Hand und vollbringt, gemeinsam mit seinen Musikern, Höchstleistung. So macht die Musik Freude, so reißt es auch das Publikum mit und so erlebt man englische Operette auf eindrucksvolle Art und Weise.

Harald Wurmsdobler, Christine dell´Antonio, Christian Simonis, Alexander Tremmel, Claus J. Frankl

Dann betritt der in Bayreuth geborene Claus J. Frankl die Bühne. Er ist an diesem Abend für die Moderation zuständig, für die verbindenden Worte, für die Erklärungen, für die Übergänge. Er findet für alles die richtigen Worte, mit gründlichem Wissen, aber auch mit entsprechender charmanter und kurzweiliger Überleitung bringt er als Allroundkünstler die Zuhörer auf seine Seite. Ich habe über ihn bei anderer Gelegenheit einmal gesagt: „Hier merkt man, dass mit ihm ein Vollblutkömodiant, ein Vollblutsänger, ein Vollblutregisseur, einfach eine „Wunderwaffe“ der Operette auf der Bühne steht.“ Er gibt den Ton an, ist Mittelpunkt des Geschehens seine Überleitungen sind einfach prima und daneben singt er auch noch gut. Das zeigt er gleich bei der ersten Nummer, dem Lied aus „The Pirates of Penzance“, I am the very model of a modern Major General von Sir Arthur Sullivan & William Schwenck Gilbert. Und er macht aus dieser Nummer ein wahres Kabinettstückchen. Mit beweglicher tenoraler Stimme weiß er zu gefallen und gerade hier kann er auch wieder sein spielerisches komödiantisches Talent voll zum Einsatz bringen. Dann wieder Christian Simonis mit seinem wunderbaren Orchester. Die Philharmoniker bringen die Alice Polka von Johann Strauss Vater, die eigens für den großen Hofball Ihrer Majestät Viktoria, Königin von England komponiert worden war und die Huldigung der Königin von Großbritannien, den Walzer op. 103 ebenfalls von Johann Strauss Vater. Er war Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien gewidmet und die Erstaufführung war in London, am 26. Juli 1838. Rasant, feurig, durchschlagskräftig auch hier wieder die Philharmoniker und federnd mitgehend, sich selbst und seine Musiker mitreißend Christian Simonis. Es ist einfach eine Freude ihm zuzuschauen, wie er mit allen Fasern seines Körpers in die Musik eintaucht und sich von ihr leiten lässt. Danach aus der Operette „The Mikado“ von Gilbert & Sullivan das Lied „The sun whose rays are all ablaze“. Und hier tritt die Wienerin Christine dell´ Antonio auf und sie ist eine Ohren- und eine Augenweide. Ihr leuchtender, warmer, silbrig glänzender, jede Höhe erklimmender, stimmschöner, vollmundiger flirrender Sopran reißt einfach mit und mir scheint, dass ihre Stimme noch durchschlagskräftiger und voluminöser geworden ist. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass sie vor drei Monaten ein kleines Mädchen zur Welt gebracht hat, welches der stolze Vater liebevoll umsorgt, und welches ich in der Pause sehen durfte. Herzlichen Glückwunsch. Da sie auch eine außergewöhnliche spielerische komödiantische Seite hat, wird jeder Auftritt von ihr einfach zu einem Vergnügen und den Herren im Publikum verdreht sie auch – in allen Ehren – den Kopf. Sie wird mit prasselndem Beifall von der Bühne verabschiedet und dann kommen Harald Wurmsdobler und Alexander Tremmel mit dem Duett „We´re called dondolieri“ aus „The Gondoliers“ von Gilbert & Sullivan. Der Oberösterreicher Harald Wurmsdobler, der ebenso wie Christine dell´Antonio kein unbekannter in Bad Reichenhall ist, beweist, warum man ihn immer wieder verpflichtet. Er hat einen sehr schönen, weichen, runden, gefälligen, weichen Tenor, den er zurückhaltend führt, der aber auch zu Ausbrüchen in der Lage ist und dann ist da noch Alexander Tremmel, ein junger Tenor, der in Wien geboren ist und der wenige Tage vor der Aufführung ins kalte Wasser geworfen wurde. Es ist zu bewundern, wie er mit seinem hellen, klaren, hohen und verständlichen Tenor diese Arien meistert, die sicherlich nicht zu seinem Repertoire zählen. Eine beeindruckende Leistung, genau wie die darstellerischen Vorzüge beider Künstler, die sich nichts nachgeben und die ein herrlich skurriles Duett auf die Bretter stellen. Vor der Pause zum Abschluss dann Johann Strauss Sohn. Von ihm erklingt, souverän wie alle anderen Orchesterstücke, der Walzer „Erinnerung an Convent Garden“ nach englischen Volksmelodien op. 329. Schmissig und feurig, wie man begonnen hat, wird man in die Pause entlassen.

Christian Simonis, Harald Wurmsdobler, Christine dell´Antonio, Alexander Tremmel, Claus J. Frankl 

Nach der Pause der Barataria-Marsch op. 47 von Karl Komzák (Junior) nach Motiven der Operette „The Gondoliers“ von Gilbert & Sullivan und auch er wird exzellent dargeboten. Dann kann Alexander Tremmel zeigen, was in ihm steckt. Von Gilbert & Sullivan zelebriert er geradezu das Lied aus „The Gondoliers“ Take a pair of sparkling eyes. Hier kann er zeigen, welchen stimmschönen, sicheren Tenor er besitzt. Viel Beifall für ihn. Dann das Lied „Poor wandering one“ aus „The Pirates of Penzance” von Gilbert & Sullivan, in welchem alle vier Solisten zeigen können, was in ihnen steckt. Man merkt ihnen, neben dem stimmlichen Vermögen, auch an, wie ihnen dies gefällt, wie sie aufeinander eingehen und wie sie zeigen, was es heißt, wenn sich mit einem Stück, welches einem sicher nicht so geläufig sein dürfte, zu identifizieren. Es erfreut die Zuhörer, die das auch lautstark zu Gehör bringen. Dann das Lied aus „The Mikado“ A wandering minstrel von Gilbert & Sullivan, welches Harald Wurmsdobler gefühl- und eindrucksvoll darbietet. Man sieht und hört ihm an, dass es etwas Besonderes ist, aus dem normalen Operettenalltag einmal auszubrechen. Dann wieder die vorzüglichen Philharmoniker mit ihrem Chef Christian Simonis. Rasant, feurig, gefühlvoll und einfach nur toll spielen sie von Eduard Strauss den Greeting Waltz und von Josef Strauss die Polka schnell op. 211, Farewell. Zum Schluss, und dies nimmt das Publikum mit äußerstem Bedauern zur Kenntnis dann noch einmal alle vier Künstler und alles aus „The Mikado“ und zwar einmal das Madrigal „Brightly dawns our weddiung day“ und dann das Finale „For he´s gone and married Yum. Noch einmal holen sie alles aus sich heraus und zeigen, was in ihnen steckt. Langanhaltender stürmischer Applaus für einen Operettenabend der etwas anderen Art, der natürlich Zugaben förmlich herausfordert. Einmal von Josef Strauss die Polka schnell „For ever!“ und nochmals alle Solisten mit „Dance a Cachucha“ aus „The Gondoliers“ von Sir Arthur Sullivan.

Am Sonntagvormittag wandelt man erneut ins Königliche Kurhaus um eine „Hommage an den Zirkus“ zu erleben. Und ich gebe gerne zu, dass ich nur widerwillig hin gewandelt bin. Jedoch wenn ich es nicht gemacht hätte, wäre mir ein tolles sensationelles Erlebnis entgangen. Und das Publikum sah es genau so, denn es wollte am Schluss gar nicht mit dem Applaudieren aufhören. Am Pult der Bad Reichenhaller Philharmoniker stand an diesem Vormittag Reto Parolari. Der aus Winterthur in der Schweiz stammende Dirigent, der auch als Komponist und Arrangeur in Erscheinung tritt, gilt europaweit als Fachmann der sinfonischen Unterhaltungsmusik. Neben vielem anderen ist er seit 1997 Chefdirigent beim internationalen Circusfestival in Monte Carlo.

Reto Parolari mit Hupen und am Xylophon

Und dieser Reto Parolari, übrigens auch Mitglied der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, zündet ein Feuerwerk an musikalischer Leidenschaft, an schwung- und stimmungsvollen Melodien, an leidenschaftlichen feurigen Weisen und dazwischen auch noch als Solist an den Hupen und am Xylophon. Was er mit dem Orchester anfängt ist pure Leidenschaft, grandiose Abläufe und teilweise atemberaubende Arrangements. Ihn am Pult zu erleben ist schon eine Klasse für sich. Eine andere Art wie Christian Simonis, aber eine ebensolche beeindruckende leidenschaftliche Orchesterbehandlung. Die bekanntesten Circusmelodien, die man gar nicht mehr im Ohr hat, an die man sich jedoch sofort erinnert und dies aller voller Leidenschaft und Hingabe. Begonnen mit dem Circusmarsch aus dem Film „Cyrk“ von Isaak Dunajewski, gefolgt vom beeindruckenden Säbeltanz aus dem Ballett „Gayaneh“ von Aram Chatchaturjan und dann den Walzer „Über den Wellen“ von Juanito Rosas. Danach kommt eine Eigenkomposition des Meisters, der Hupenwalzer, den er fehlerlos, rasant, leidenschaftlich einem begeisterten Publikum darbietet. Das berühmte „Begin the Beguine“ von Cole Porter und das Intermezzo „Der Jongleur“ von Nico Dostal schließen sich an. Dann der offizielle Marsch des Internationalen Circusfestivals Monte Carlo, der von ihm arrangierte Marsch „Cirque dans l´Univers von Jo Moutet/Robert Chabrier, danach das Paradestück circensischer Musik, den „Mambo Jambo“ von Peres Prado und den ebenfalls sehr bekannten „The Tiger Rag“ von Nic da Rocca/Reto Parolari. Danach der „Flick-Flack“ von Albert Vossen und beeindruckend wieder Reto Parolari am Xylophon. Er bearbeitet dieses Instrument mit einer Leichtigkeit und Leidenschaft, die seinesgleichen sucht. Das letzte offizielle Stück ist von Irving Berlin „There´s now business like showbusiness“. Die Beifallsstürme erzwingen förmlich noch zwei Zugaben. Einmal das berühmteste Xylophonsolo „Erinnerung an Circus Renz“ von Gustav Peter, welches er meisterhaft interpretiert und zum guten Schluss das Paso-doble „Arriba Palma“ von einem seiner damaligen Lehrer Heinz Buchold.

Drei Tage mit tollen Eindrücken, entfallenem und unerwartetem Konzert, alles wahre Publikumsrenner und einem mehr als zufriedenem Gefühl beim Heimgang. Im nächsten Jahr sind wir mit Sicherheit wieder hier, dann zu einer großen Musical-Gala „Highlights aus den Musicals“, einer Operettengala „Nichts als ein Traum vom Glück“ zum 150 Geburtstag von Franz Lehár und schließlich zur Matinee „In den Gärten von Pawlowsk - Die Sträusse in Russland.

 

Manfred Drescher 20.09.2019          

Bilder Eigenaufnahmen

 

 

Begeisterte Tage beim Bad Reichenhaller Strauss Festival 2018

Besuchte Vorstellungen am 14., 15. und 16.09.2018

Schwungvoll und beschwingt reißen die Bad Reichenhaller Philharmoniker unter GMD Christian Simonis die Besucher mit

Die letzten beiden Jahre hat die deutsche Johann Strauss Gesellschaft jeweils ihre Jahreshauptversammlung in Bad Reichenhall abgehalten und dies mit dem Besuch der Strauss Tage verbunden. In diesem Jahr hat man bereits im Frühjahr die Versammlung in Coburg abgehalten, ließ es sich aber nicht nehmen auch wieder zu den Strauss Tagen, die ab diesem Jahr Strauss Festival heißen, zu fahren und man hat dies auch in diesem Jahr in keiner einzigen Sekunde bereut. Ein wahres Feuerwerk an musikalischen Eindrücken prasselte auf die Zuhörer in den ausverkauften drei Vorstellungen nieder und der Vorstand beschloss spontan, im nächsten Jahr wieder zu kommen und zum dritten Mal die Jahreshauptversammlung hier in Bad Reichenhall abzuhalten. Ein Novum in der langen Geschichte der Gesellschaft, aber bei diesem Programm, zusammengestellt vom Vorstandsmitglied der Deutschen Johann Straussgesellschaft Christian Simonis, muss man einfach diese Entscheidung treffen, um noch mehr Mitgliedern dieses einmalige musikalische Ereignis anbieten zu können. Man wird also 2019 wieder hier sein und auch für 2020, hat man bereits erneut zugesagt, dann jedoch wieder ohne Mitgliederversammlung. Ich glaube dies allein zeigt schon den Stellenwert, den Bad Reichenhall und die Philharmoniker unter Christian Simonis im musikalischen Bereich einnimmt, auf jeden Fall eine ausgesprochene Sonderstellung, die mit tollen musikalischen Erlebnissen für jeden, der hier dabei sein darf, verbunden ist. Auch in diesem Jahr gibt es keinerlei Ausfall, fröhlich, musikalisch enorm bereichert, gut gestimmt und erwartungsvoll für das nächste Jahr verlässt man den Kurort, aber nur, um 2019 wieder in musikalischen Erlebnissen zu schwelgen.

 

Den Auftakt macht am 14. September 2018 im Theater Bad Reichenhall die halbszenische Aufführung von Franz Lehár´s „Das Land des Lächelns“ und die Regie liegt, wie vor zwei Jahren, in den bewährten Händen von Prof. Wolfgang Dosch , der auch für die Fassung zuständig ist und es sich nicht nehmen lässt, sowohl in der Rolle von Fu-Li, dem Sekretärs der chinesischen Gesandtschaft und auch als Obereunuch praktisch als roter Faden die Aufführung zu begleiten. Er legt hier seine ganze Erfahrung, seine Liebe und Hingabe zur Operette und sein Gespür für das machbare für das Publikum mit hinein, dass man einfach die ihm eigene Professionalität in höchsten Tönen loben kann, nein muss. Mit einfachsten Mittel steigt er in die zartsüßbittere Liebesgeschichte ein. Er erzählt sie schnörkellos, ohne großen Aufwand, ohne Bühnen-dekorationen, nur mit Lichteffekten spielend, verlangt dadurch natürlich von den Zuhörern eine ganze Menge, ohne sie jedoch zu überfordern und zieht die ganze Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, die herrliche Musik und macht dies so leidenschaftlich, so voller Wärme und innerer Zuneigung zur Operette und den Beteiligten, dass man diese Leistung nicht hoch genug loben kann. Der Regisseur, ausdrucksvoller Sänger und Wissenschaftler ist mit seiner ganzen Leidenschaft, seinem gestalterischen Feuer, seinem unnachahmlichen Spiel und seinem ganzen Herzblut dabei (und dies zeigt er eindrucksvoll auch am nächsten Tag bei der Operettengala) und lässt dabei den faszinierten Zuschauer und – hörer fast vergessen, dass es sich „nur“ um eine halbszenische Aufführung handelt. Und wie vor zwei Jahren steht ihm auch heuer ein weiterer großer Glücksfall zu Seite. Er hat erneut das wunderbare Orchester mit seinem leidenschaftlichen Dirigenten und eine Sängerschar vom Feinsten zur Verfügung, die einfühlsam und einprägsam eine der wenigen Operetten ohne Happyend, wenigstens für zwei der Hauptakteure, dem Publikum begeisternd zu Gehör bringen. Das Publikum im ausverkauften Raum Hochstaufen des Theaters Bad Reichenhall jedenfalls ist mehr als zufrieden, viel Mitgehen, Mitleiden, Mitsummen, viel Zwischenapplaus und am Schluss ein kaum endendes begeistertes Dankeschön an alle Beteiligten, ein fast nicht enden wollender Schlussapplaus, der zeigt, dass man hier in Bad Reichenhall den richtigen Weg gewählt hat. Der Einstieg in das diesjährige Strauss Festival ist jedenfalls mehr als gelungen. Die Bad Reichenhaller Philharmoniker sind am Auftaktabend hervorragend eingestimmt und mehr als blendend aufgelegt, das verliert sich auch in den folgenden Tagen nicht und sie spielen mit großer Freude, akkurat, sängerfreundlich und ohne Fehl und Tadel. Sie bringen die manchmal etwas süßliche, aber wunderschöne Musik Lehar´s voll zur Geltung und ihr Leiter, der geborene Wiener Chefdirigent

Christian Simonis zeigt wieder einmal beeindruckend, wie sehr ihm die Musik in jeder Faser seines Körpers steckt, er hat im kleinen Finger mehr musikalisches Ausdrucksvermögen, wie mancher Kollege nicht in seinem ganzen Körper. Man merkt ihm jede Sekunde an, mit welcher Leidenschaft, welchem Feuer, welcher musikalischen Sensibilität, mit welchem Enthusiasmus und mit welchem Elan er seine Musiker zur Höchstleistung bringt. Beide, die Philharmoniker und ihr kongenialer Chefdirigent verschmelzen zu einer Einheit und man merkt ihnen die Freude an, an dem, was sie dem begeisterten Publikum bieten, auch aus ihren Herzen heraus. Man freut sich einfach nach Bad Reichenhall zu fahren und dieses musikalische Erlebnis in sich aufnehmen zu dürfen.

 

Die Geschichte der Operette selbst ist relativ schnell erzählt. Lisa, die Tochter von Graf Ferdinand Lichtenfels, die eigentlich hier in Wien ihren Freund Gustl von Pottenstein heiraten will, verliebt sich unsterblich in den zu Besuch seienden Prinzen Sou Chong und folgt ihm, trotz aller Warnungen, ins ferne China, als er überraschend aus Wien abberufen wird. In China freundet sie sich mit Mi, der Schwester des Prinzen an, bringt ihr viel Westliches bei, was dem gestrengen Oheim Tschang gar nicht gefällt und als Sou Chong, drei Frauen heiraten soll und will, weil dies hier in China so Sitte ist, hält es Lisa nicht mehr aus, das Heimweh und die Schmach in China als Mätresse behandelt zu werden sind zu tief und zu schmerzhaft. Sie will Sou Chong verlassen, der sie jedoch nicht gehen lassen will. Der inzwischen in China angereiste Graf Gustl, hat einen kleinen Flirt mit Mi, die dies viel ernster nimmt als er, aber sie verhilft trotzdem Lisa und Gustl zur Flucht. Diese wird jedoch entdeckt und der Prinz beweist sein großes Herz und seine Liebe für Lisa und lässt sie mit Gustl zurück in die Heimat nach Wien ziehen. Er selbst bleibt mit seiner Schwester Mi, die ebenfalls todtraurig ist, zurück und das leise wehmütige Lied „Denn wies da drinnen aussieht, geht niemand was an“, ist der Schlusspunkt der unglücklichen Liebe. Ja, wieder einmal eine der ganz wenigen Operetten, bei denen viele Damen im Publikum (vielleicht auch einige Herren?) mit Tränen in den Augen aus der eigentlich fröhlichen Operette gehen. Aber das Leid und der Schmerz wird halt hier gar zu schön zu Gehör gebracht – und man kann so toll bei der einzigartigen wunderschönen Musik mitleiden.

Hanbyul Jeung-Michael Weiland

Prinz Sou Chong wird von dem südkoreanischen Tenor Wonjong Lee gesungen und gespielt, der vor zwei Jahren schon beeindruckend den Zarewitsch interpretiert hatte. Damals eine tolle Leistung, aber an diesem Abend setzt er dem Ganzen noch die Krone auf. Er hat in der Rolle des chinesischen Prinzen eine Traumrolle gefunden und so interpretiert er sie auch. Mit leuchtendem strahlendem Tenor, der keinerlei Höhenunsicherheiten kennt, der metallisch zu glänzen in der Lage ist, aber auch warm und gefühlvoll sich zurücknehmen kann, ist er der Inbegriff einer Interpretation vom Feinsten, die in dieser Form sehr selten sein dürfte. Frenetischer Beifall zeugt davon, dass auch das Publikum von dieser mehr als rollendeckenden Darstellung beeindruckt ist und viele Bravorufe zeigen ihm, wie sehr das Publikum seine exzellente Interpretation anerkennt. Beim Zarewitsch war er sehr gut, heute beim Prinzen ist er außergewöhnlich. In dieser Form wird er seinen Weg problemlos weitergehen können, ich jedenfalls würde ihn sehr gerne wiedersehen und hören. Seine angebetete Lisa wird von der gebürtigen Grazerin Dorit Machatsch verkörpert, sie ist nicht nur ein optischer Hingucker, der das Herz so manches männlichen Operettenbesuchers etwas schneller schlagen lässt, sie kann auch mit ihrem klangvollen, feurigen und jede Situation meisternden Sopran nicht nur das Herz des Prinzen betören, sondern auch das des Publikums. Temperamentvoll, feurig und leidenschaftlich durchlebt sie die Rolle der Lisa von „himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt“ in allen Facetten eindrucksvoll. Ihr weiches zartes und dennoch durchsetzungsfähiges gefühlvolles Timbre weiß zu überzeugen und das Publikum belohnt es mit großen Beifallsbekundungen. Nicht nur in den Soli weiß sie zu überzeugen, auch in den Duetten, vor allem mit ihrem Prinzen ist sie eine Ausnahmeerscheinung. Als Prinzessin Mi ist erstmalig auf einer Theaterbühne Hanbyul Jeung zu erleben. Und ich habe nach der Aufführung bei ihr nachgefragt, weil ich es einfach nicht glauben konnte, aber es ist so. Die kleine zierliche Südkoreanerin agiert auf den Brettern, die die Welt bedeuten, als wenn sie dies schon jahrelang tun würde. Ihr warmer, sehr beweglicher und ausdrucksstarker, quirliger Sopran weiß in jeder Sekunde voll zu überzeugen, dazu kommt ein leidenschaftliches Spiel, welche die Person der Mi, die ja immer etwas zurückhaltend angelegt ist, weiter aufwertet. Sie sprüht eine schier überbordende Lebensfreude aus und ist ein weiterer hervorragender Aktivposten in dieser Aufführung. Wenn dies ihr erster Auftritt war, dann möchte ich sie einmal in ein, zwei Jahren erleben und sehen, wie eine Steigerung von einer bereits über dem Durchschnitt liegenden Leistung noch möglich ist. Ein ganz großes Bravo an diese blutjunge reizende Sopranistin, von der ich gerne mehr hören möchte.

Alois Walchshofer - Wonjong Lee - Dorit Machatsch

Als Graf Gustl ist der gebürtige Wiener Bariton Michael Weiland zu sehen und zu hören. Mit vollmundigem, kräftigem und beweglichem Bariton gibt er der Rolle die nötige Würze und kann auch, vor allen in den Duetten mir Hanbyul Jeung punkten. Eine Leistung ohne Fehl und Tadel. Der aus Linz in Oberösterreich stammende Bariton Alois Walchshofer ist sowohl als Graf Ferdinand, der Vater von Lisa, als auch als Oheim des Prinzen zu sehen und zu hören. Wenn er auch an diesem Abend nicht zum Singen kam, verkörperte er die beiden Sprechrollen doch mit der ihm eigenen Art, jede Pointe sitzt, die Übergänge werden transparent gemacht, er ist einfach ein Charmeur der alten Schule, dem das Theaterblut aus jedem Knopfloch lacht. Er ist bei jedem Auftritt eine Bereicherung. Eine Bereicherung wie auch der Tausendsassa Wolfgang Dosch. Auch er, neben der Inszenierung, an diesem Abend in zwei Sprechrollen. Einmal gestaltet er Fu-Li, den Sekretär der chinesischen Gesandtschaft und zum anderen mit einer riesigen Bühnenpräsenz den Obereunuch am Hofe des chinesischen Prinzen. Viele Worte über das Multitalent zu verlieren ist nicht notwendig, denn er ist in jeder seiner Rollen perfekt und ich habe ihn ja schon zu Beginn meines Artikels entsprechend gewürdigt. Wolfgang Dosch wird jeder Rolle gerecht – und was kann man Schöneres über einen Künstler sagen. Ein Abend, der Freude auf den nächsten Tag macht.

Wonjong Lee - Alois Walchshofer -Dorit Machatsch - Michael Weiland - Hanbyul Jeung

Am nächsten Abend trifft man sich im Königlichen Kurhaus. Dort steht eine Operettengala mit dem Untertitel „Aus der goldenen Zeit der Wiener Operette“ auf dem Programm. Und dieser Abend im bis zum letzten Platz ausverkauften Saal bietet ein wahres Feuerwerk der guten Laune. Die Künstler des Vorabends legen noch eine Schippe drauf und begeistern das Publikum mit der herrlichen Musik von Johann Strauss und Johann Strauss III, dem Enkel von Johann Strauss Vater sowie von Carl Zeller. Der zweite Teil nach der Pause ist ganz Carl Michael Ziehrer zu seinem 175. Geburtstag gewidmet. Und dazwischen der Abschieds-Walzer von Constanze Geiger. Schwungvoll beginnt Christian Simonis den heutigen Abend wie er den gestrigen beendet hat, nämlich temperamentvoll, feurig und leidenschaftlich. Er spielt mit den Bad Reichenhaller Philharmonikern die Ouvertüre aus „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauss. Er stimmt damit das Publikum so richtig auf die kommenden Ereignisse ein. Allein mit seinen Mannen spielt er noch die Schlau-Schlau Polka von Johann Strauss III. Nach der Pause noch die Ouvertüre aus „Die Landstreicher“ von Zeller und den Walzer „Samt und Seide“. Dazwischen moderiert er gekonnt, führt durch den Operettenabend und auch dies tut er genauso leidenschaftlich wie es sein Dirigat ist. Auch lässt er wieder einmal seinen ganzen Charme spielen und auch davon hat er eine ganz große Portion abbekommen. Ich wiederhole gerne, was ich bereits einmal geschrieben habe: „Prof. Hans Swarowsky sagte einmal über Simonis ‚Eine wienerische Urbegabung‘, und dem habe ich nichts hinzuzufügen.“ Seine Musiker sind voll bei der Sache, zurückhaltend, aufbrausend, so wie es gerade gefordert ist und sängerdienlich zurückhaltend, wenn es den Gesangssolisten hilft. Man sollte an dieser Stelle vielleicht auch einmal erwähnen, dass in diesem Jahr die Bad Reichenhaller Philharmoniker auf eine 150-jährige Orchestergeschichte zurückblicken können. Ein ganz großer Glückwunsch an diesen einmaligen Klangkörper, der immer wieder zu neuen Höhen aufbricht. Im ersten Teil gibt es noch etwas Besonderes, den Abschieds-Walzer op. 9 von Constanze Geiger, den das Orchester brillant wie gewohnt spielt. Die Besonderheit dabei ist, dass die 1835 geborene Constanze Geiger im Jahr 1848 den Abschieds-Walzer op.9 komponierte, der für Klavier editiert war. Professor Dr. Norbert Linke (ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft und jetziges Ehrenmitglied) erwarb diese Ausgabe bei einem Wiener Antiquar. Sie bestand aus vier Nummern (zu je 2 Melodien) mit Trio und Coda. Nach vergeblicher Suche nach Orchesterstimmen instrumentierte Norbert Linke diese schöne Walzerfolge – in derselben Formation wie die Flora-Quadrille von Johann Strauss Vater. Er ergänzte sie um die Introduktion und erweiterte die Coda, um sie für den Konzertsaal vorzubereiten, die Instrumentierung vollendete er im Januar 2014. Nach der tollen Wiedergabe durch die Philharmoniker kann auch Norbert Linke auf der Bühne den begeisterten Applaus des Publikums entgegennehmen.

Hanbyul Jeung - Christian Simonis - Alois Walchshofer

Im ersten Teil beginnt Wonjong Lee mit dem Auftrittslied des Barinkay „Als flotter Geist“ aus dem „Zigeunerbaron“. Strahlend, stimmkräftig, voller Feuer und Leidenschaft kann er den langen verdienten Applaus des Publikums entgegennehmen. Ebenso wie Dorit Machatsch, die als Saffi aus dem Zigeunerbaron mit ihrem Zigeunerlied brillieren kann und mit ihrem schönen warmen Sopran das Publikum verzaubert. Ja und dann kann Alois Walchshofer auch zeigen, dass er singen kann – und wie. Mit vollem rundem stimmschönem Bariton bringt er das Auftrittslied des Zsupan „Ja, das Schreiben und das Lesen“ und er erhält reichen vollverdienten Applaus des begeistert mitgehenden Publikums. Das Duett Saffi, Barinkay „Wer uns getraut“ vereint nochmals die schönen Stimmen von Dorit Machatsch und Wonjong Lee. Beide können auch hier die gebannt lauschenden Zuhörer mitreißen. Aus dem „Vogelhändler“ von Carl Zeller bringt, nein zelebriert Hanbyul Jeung das Auftrittslied der Briefchristel „Ich bin die Christl von der Post“. Und sie brennt hier ein wahres Feuerwerk ab, welches zu langanhaltenden Beifallsstürmen des Publikums führt. Wie ein Wirbelwind fegt sie über die Bühne, kokettiert mit dem Publikum, bringt mit klangvoller silbrig glänzender und angenehm weicher Stimme eine Christl der Sonderklasse auf die Bühne. Sie versetzt sich richtiggehend in die Christl und man kann ihr die Spiel- und Sangeslaune förmlich vom Gesicht ablesen. Keiner der anwesenden Gäste hätte es geglaubt, dass dies erst der zweite Bühnenauftritt der zarten zierlichen Südkoreanerin ist, nach der Mi des Vortages. Ich hoffe, dass sich diese junge sympathische Sängerin nicht verheizen lässt, ihre Karriere behutsam aufbaut, dann kann eine große Karriere auf sie warten Ein ganz großes Bravo des Rezensenten an „seine Christl“. Vor der Pause erfreuen dann noch Wolfgang Dosch und Michael Weiland mit dem Duett „Ich bin der Prodekan“ aus dem „Vogelhändler“. So voller Humor, voller Leidenschaft und voller Hingabe, hat man dieses Duett selten gehört. Beide gehen förmlich darin auf und machen es zu einem kleinen Paradestück. Wolfgang Dosch hat ja im letzten Jahr bereits in Mörbisch in derselben Rolle großen Applaus und eine tolle Presse erhalten. Er, der Tausendsassa der Operette kann heute auch seine Sprechrolle des Vortags mit Bravour zur Seite legen. Nach der Pause dann wieder Dorit Machatsch mit dem Lied „Liebe, schöne Donaustadt“ aus der Operette „Der Fremdenführer“, welches, wie alles nach der Pause von dem wundervollen Komponisten Carl Michael Ziehrer ist und in dem sie alle Schönheit ihres weichen runden und vollen Soprans ausschöpfen kann. Dazwischen immer wieder die interessanten und kurzweiligen Informationen von Christian Simonis. Ebenso wie zuvor die Briefchristl wirbeln jetzt Wolfgang Dosch und Alois Walchshofer mit dem Ensemble „Wir kommen von Marokko“ aus den „Landstreichern“ über die Bühne. Beide Vollblutprofis der Bühne, beide mit einer riesigen Erfahrung, beide mit Theaterblut vom Feinsten und beide mit dem wohlverdienten Applaus des begeisterten Publikums. Alois Walchshofer punktet dann auch noch mit dem sehr sentimentalen, rührend und zurückhaltend vorgetragenen Lied „Das Herz ist nur ein Uhrwerk“ aus der Operette „Das dumme Herz“. Hier kann er seine ganze Erfahrung einbringen, in ein stilles, besinnliches Ziehrerlied, welches zu Herzen geht und welches auch aus dem Herzen kommend interpretiert wird.

Wolfgang Dosch

Ja und dann kann Wolfgang Dosch Beifallsstürme auf sich ziehen, weil er in gekonnter und exzellenter Form aus „Drei Wünsche“ das Couplet „So dünn, dünn war die Leopoldin“ zu Gehör bringt. Und so, wie er es bringt, darstellt und mit unnachahmlichem Humor würzt, bringt ihn zu weiteren Beifallsstürmen, so wie heute alle Künstler - zu Recht - vom Publikum gefeiert werden. Den Abschluss machen das Duett und Quartett aus „Drei Wünsche“ „Freundlich leuchten unsere Sterne“. Hier vereinen sich die Stimmen aller sechs außergewöhnlichen Künstler, die voller Leidenschaft über die Bühne fegen. Ja, heute hat man viel zu schauen. Fast nicht enden wollender Applaus des restlos begeisterten und zufriedenen Publikums bringen das gesamte Ensemble noch zur Zugabe von „Das ist der Zauber der Montur“, wiederrum aus „Die Landstreicher“. Das Publikum will die Künstler gar nicht mehr von der Bühne lassen, aber jeder, auch noch so schöne Abend muss einmal leider zu Ende gehen. Fröhliche Gesichter beim nachhause gehen zeugen von einem Abend, der nicht nur zufriedengestellt, sondern begeistert hat. Viel Applaus, viel Zustimmung und eine tolle Leistung von allen, die auf der Bühne ihr Publikum verzaubert haben.

Am Vormittag des letzten Tages des Strauss Festivals gibt es eine weitere Überraschung. In der Konzertrotunde am Kurpark steht eine „Hommage á Nico Dostal“ auf dem Programm unter anderem mit einer Uraufführung. Christian Simonis hat an diesem Vormittag, bei der er die einleitenden Worte spricht, seinen Taktstock an den aus einer Tessiner Musikerfamilie stammenden Graziano Mandozzi abgegeben. Der erfahrene Dirigent kommt mit den Philharmonikern ohne Probleme zurecht und führt sie, auf einem kleinen Hocker sitzend, durch das nicht ganz so leichte Programm. An den Anfang stellt er die Uraufführung einer Sinfonischen Suite von Nico Dostal mit den Teilen Sostenuto-Vivace, Andante assai moderato, Allegro assai vivace und Adagio-Allegro. Das Orchester folgt seinem Taktstock penibel, genau und sehr aufmerksam, Das Werk selbst, obwohl mit viel Beifall bedacht, ist mir eigentlich zu schwer, zu traurig, zu voluminös für einen leichten Operettenvormittag, von dem ich eigentlich ausgegangen war. Genau die Hälfte der kompletten Programmdauer wird für diese Suite hergenommen, mir ist dies des Guten etwas zu viel, so gut es auch gespielt ist und so sehr man sich natürlich auch über die Uraufführung eines solchen Werkes freut. Aus meiner Sicht hätte man dafür jedoch einen anderen Rahmen wählen sollen. Diese Meinung hat im Gespräch nach dem Konzert eine ganze Reihe der Besucher mit mir geteilt.

Graziano Mandozzi-Yvonne Prentki

Die in Düsseldorf geborene Koloratursopranistin Yvonne Prentki bringt danach den Koloraturfoxtrott „Lach mein Herz“ zu Gehör. Dieses mit Koloraturen nur so gespickte textlose Stück wird von ihr mit klarem hohem blitzendem Sopran virtuos dargeboten. Sie setzt eine Koloratur nach der anderen in den Raum, man könnte meinen wie Perlen, die an einer Kette aufgereiht werden. Völlig problemlos meistert sie das gesanglich nicht leichte Stück mit Bravour und kann zu Recht starken, teilweise frenetischen Beifall ernten. Ihr letzter blitzender Ton, den sie messerscharf flirrend als Schlusspunkt setzt, ist ein S, wie anschließend Maestro Mandozzi dem staunenden Publikum erklärt. Nach diesem fulminanten Ereignis wird das Programm mit Rondo Romantico für Oboe, Vibraphon und Orchester fortgesetzt. Leidenschaftlich vom Orchester dargeboten, gewinnt es durch den Einsatz der Oboe ein ganz besonderes Flair. Susann Král, die in Nürnberg geborene Oboistin beherrscht ihr Instrument aus dem ff. Virtuos wird der besondere Klang der Oboe hier durch das Orchester hervorragend in den Vordergrund gestellt und zu einem weiteren Höhepunkt des Vormittags. Mit dem Heimatlied aus der Operette „Monika“ und dem Lied „Ich bin verliebt“ aus der Operette „Clivia“ setzt Yvonne Prentki nochmals ihre Marken und kann für die gefühlvolle Interpretation zu recht viel Beifall erhalten, ebenso wie Maestro Mandozzi mit den Philharmonikern, die gefühlvoll den Walzer „Salzburger Dirndl“ interpretieren. Mit Herz und Leidenschaft endet das dreitägige Programm des Strauss Festivals von Bad Reichenhall. Es war wieder ein besonderes Ereignis mit vielen Höhepunkten und nur kleinen unwesentlichen Einwänden. Drei Tage, die sich wieder einmal vollstens gelohnt und die das musikalische Leben jedes einzelnen Besuchers mit Sicherheit bereichert haben. Und so freuen wir uns auf das nächste Jahr, wenn im September wieder zum Strauss Festival eingeladen wird. Ich bin auf jeden Fall mit Begeisterung wieder dabei.

Manfred Drescher 20.09.2018          

Bilder (c) Der Opernfreund / Manfred Drescher

 

 

Schwungvolle Tage bei den Bad Reichenhaller Strauss Tagen 2017

Besuchte Vorstellungen am 15., 16. und 17.09.2017

Erneut Deutsche Johann Strauss Gesellschaft bei den Strausstagen in Bad Reichenhall

Nachdem die Jahreshauptversammlung 2016 in Bad Reichenhall ein bombastischer Erfolg war, was vor allem an dem glänzenden musikalischen „Beiprogramm“ lag, war es nur logisch, auch in diesem Jahr wieder bei den Strauss Tagen in Bad Reichenhall zu verweilen und ein zweites Mal hintereinander die Jahreshauptversammlung der Gesellschaft, eingebettet in musikalische Köstlichkeiten, abzuhalten. Dazu kommt, dass der verantwortliche Generalmusikdirektor Christian Simonis Vorstandsmitglied der Gesellschaft ist. Also fährt man mit über 45 Freunden aus allen Teilen Deutschlands, Österreich und der Schweiz nach Bad Reichenhall. Aus England kommt der Vorsitzende der dortigen Straussgesellschaft John Diamond mit seiner Frau Mina und als Gast ist Kammersänger Prof. Dr. Bernd Weikl bei den Straussianern. All das ist Voraussetzung für ein weiteres einmaliges Erlebnis mit der unsterblichen Musik von Johann Strauss. Fast ist die Stimmung innerhalb der Gesellschaft noch besser wie im letzten Jahr, vollauf zufrieden sind alle und niemand hat die zum Teil doch recht lange Reise nach Bad Reichenhall bereut. Und wenn auch die nächste Jahreshauptversammlung der Gesellschaft in Coburg sein wird, verspricht man den Reichenhallern auch bei den Strausstagen 2018 wieder dabei zu sein. Dann ohne Ansprachen und großen Versammlungen – sondern sich ausschließlich dem Rausche der Musik hingebend. Was in diesem Jahr wieder geboten wurde, ist mehr als einmalig und wird es so schnell woanders mit Sicherheit nicht geben. Ein Mekka für die herrliche Musik von Strauss, aber auch Robert Stolz, Franz Lehár, Leo Fall und den wunderschönen Klängen spanischer Operetten. Mehr als zufrieden und beseelt von wunderbaren und einmaligen Erlebnissen trat man nach den drei Tagen wieder die Heimreise an. Doch nun im Einzelnen zu den Programpunkten.

Es beginnt am 15. September 2017 im Theater Bad Reichenhall. Auf dem Programm steht die halbszenische Aufführung von Johann Strauss „Wiener Blut“. Einen hochinteressanten Einführungsvortrag gibt es vor Beginn der Operette. Der stellv. Leiter der Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus und wissenschaftliche Leiter des Wiener Instituts für Strauss Forschung, das Mitglied der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, der Wiener Prof. Norbert Rubey, hält

Prof. Norbert Rubey

einen hochinteressanten Einführungsvortrag, der auf die Besonderheiten dieser letzten Operette von Johann Strauss eingeht. Die herrliche Partitur der Operette wurde durch den hervorragenden Kapellmeister, den Wiener Adolf Müller jun. zusammengestellt, er stellte die Handlung mit einer Vielzahl von überwiegend Instrumentalwerken von Johann Strauss (man spricht von 31 verschiedenen) zusammen. Die berühmten Autoren Victor Léon und Leo Stein haben mit Müller zusammen dieses Operette zusammengestellt, davon dass sie eigentlich zusammengestückelt wurde, merkt man gar nichts, so wundervoll hat man hier gearbeitet. Johann Strauss jr. konnte die Uraufführung, die am 26.10.1899 im Carltheater in Wien stattfand nicht mehr erleben, da er bereits am 03.06.1899 in Wien verstarb. Verstarb als Coburger und damit deutscher Bürger. Zwischenzeitlich zählt „Wiener Blut“ zu den vier meistgespielten Stücken des großen Schanis.

Die Regie hat der in Bayreuth geborene Claus J. Frankl übernommen, der auch gleichzeitig als Premierminister von Reuß-Schleiz-Greiz gekonnt durch die Operette führt. Die teilweise doch sehr verworrene Handlung hat er in glänzender Weise aufbereitet, führt alles zusammen, stimmig und beeindruckend. Hier merkt man, dass mit ihm ein Vollblutkömodiant, ein Vollblutsänger, ein Vollblutregisseur, einfach eine „Wunderwaffe“ der Operette auf der Bühne steht. Er ist auf der Bühne der Dreh- und Angelpunkt, er hat alles im Griff und ist dabei auch ein exzellenter Darsteller und Sänger. Mehr kann man einfach nicht haben und der Applaus zeigt ihm, dass das Publikum dieses Allroundtalent nicht nur schätzt, sondern ihm mit stürmischem Beifall auch seine ganze Zuneigung zeigt. Das heitere Verwirrspiel um einen liebestollen Grafen, der am Schluss doch brav bei seiner Gemahlin landet. Die Geschichte seines ergebenen Dieners Josef, der am Ende seine Probiermamsell in die Arme schließen kann und des Premierministers, der am Ende die Tänzerin Cagliari als Theaterstar mit sich nimmt, ist so verworren, da sich die Paare öfter wechseln, wie gleichzeitig hinreißend – von der Musik brauche ich hier gar nicht zu reden, diese redet für sich allein. Fast vergisst man, dass es sich „nur“ um eine halbszenische Aufführung handelt.

Bad Reichenhaller Philharmonie mit Christian Simonis

Ja, und neben Claus J. Frankl hat man noch weitere Pfunde, mit denen man wuchern kann, die Bad Reichenhaller Philharmonie mit ihrem Chef, dem Leiter und Lenker, dem geborenen Wiener, GMD Christian Simonis und dem hervorragenden Sängerensemble. Das Publikum geht begeistert mit, ständiger stürmischer Zwischenapplaus und am Ende ein fast nicht enden wollender Beifallssturm zeugen davon, dass es auch in diesem Jahr wieder gelungen ist, das Publikum mit Strauss zu verzaubern. Die Bad Reichenhaller Philharmonie spielt an diesem Abend so, als wenn sie persönlich von Johann Strauss ausgewählt und eingesetzt worden wäre, leicht, locker, zupackend, zurückhaltend, alles ist an diesem Abend perfekt. Und dies liegt vor allem auch an ihrem Leiter Christian Simonis, der am Dirigentenpult richtig auflebt. Er fiebert mit, er weist an, er hält seine Musiker zurück, wenn es erforderlich ist und es die Sänger verlangen und er peitscht sie auch wieder nach vorne, wenn es notwendig ist. Er hat die Zügel im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand und bringt sich und seine Musiker gemeinsam zu Höchstleistungen. Eine ganz beeindruckende Leistung von ihm und jedem seiner Mitglieder der Philharmonie. Toll, was hier in der eigentlich beschaulichen Stadt Bad Reichenhall doch abgeht.

Als Balduin Graf Zedlau glänzt der gebürtige Tiroler Eugene Amesmann. Sein voller, weicher, schmelzender, in der Höhe metallisch glänzender und vollkommen sicherer Tenor beeindruckt nicht nur die drei Damen auf der Bühne, sondern mit Sicherheit die Vielzahl der anwesenden Damen im Publikum. Glänzende Augen sind noch das wenigste, was sie bei den Auftritten des charmanten und auch darstellerisch beeindruckenden Tenors bekommen, der seine beeindruckenden Spitzentöne wie kleine Pfeile zu setzen imstande ist. Er reißt das Publikum förmlich mit und dieses dankt es ihm mit donnerndem Applaus. Als seine Frau Gabriele steht die Dresdnerin Gabriele Rösel auf der Bühne. Eine schöne klangvolle, alle Feinheiten der Partie auskostenden Stimme erlaubt ihr, die ganzen Facetten dieser Partie auszuleuchten und ihrem ungetreuen Balduin heimzuleuchten. Auch in ihren Duetten können sie brillieren und das Publikum mehr als überzeugen. Die in Münster in Westfalen geborene Thea Schuette gibt die Tänzerin Demoiselle Franziska Cagliari. Mir ist sie ein kleines bisschen zu zurückhalten, zu gebremst in ihren Aktionen, sie schäumt nicht gerade vor Leidenschaft über – bei der Cagliari erwartet man eigentlich etwas mehr feuriges. Aber das ist nun sicher auch Auffassungssache, ihr Sopran weiß wohl zu gefallen und sich auch in den Duetten entsprechend einzubringen.

Eugene Amesmann - Gabriele Rösel - Christian Simonis

Als Probiermamsell Pepi ist die Wienerin Christine dell´ Antonio (früher Holzwarth) eine Augen- und Ohrenweide. Im letzten Jahr habe ich sie einfach zur Coburgerin gemacht (da war wohl wieder einmal der Wunsch der Vater des Gedankens), aber sie ist natürlich eine waschechte Wienerin. Sie hat einen leuchtenden und warmen silbrig flirrenden Sopran, besticht mit zartem aber dennoch durchsetzungsfähigen Tönen, bezaubert ihr Publikum, darstellerisch ist es eine Freunde ihr zuzusehen, fast würde ich despektierlich sagen, sie ist ein richtiger weiblicher Lausbub, im schönsten Sinne des Wortes. Sie hat und macht einfach Spaß und gute Laune und das überträgt sich auf das Publikum. Ebenso Spaß und Freunde bereitet der Oberösterreicher Harald Wurmsdobler. Sein wunderschön geführter, zurückhaltender aber dennoch durchschlagskräftiger Tenor weiß zu gefallen, rund, weich und stimmschön. Ebenso ist bei ihm die Spielfreunde zu betonen und in den gemeinsamen Duetten sind er und Christine dell´Antonio einfach unschlagbar, anders ausgedrückt, man freut sich als Publikum, wie die beiden dort oben auf der Bühne agieren. Das macht einfach Spaß, so wie das gesamte Ensemble enormen Spaß bereitet und es muss deshalb auch verdienten langanhaltenden Applaus über sich ergehen lassen.

Am nächsten Tag ist am Vormittag die Mitgliederversammlung der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft und nach dem Mittagessen geht es in das Hotel Klosterhof in Bayerisch Gmain. Hier ist der ideale intime und anheimelnde Hintergrund für das nächste Highlight. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft interpretiert am Klavier Nina Scheidmantel „Pianistische Kaskaden“ über die Musik von Johann Strauss. Nina Scheidmantel, die in Lichtenfels geboren ist war von 2002 bis 2011 am Gymnasium Albertinum in Coburg, wo sie das Abitur erfolgreich abschloss. Von 1998 bis 2007 erhielt sie Klavierunterricht bei Prof. Alla Schatz, 2002 bis 2011 Klarinettenunterricht beim Soloklarinettisten des Philharmonischen Orchester Coburgs, Edgar Eichstätter. Ihre vielen gewonnenen Wettbewerbe und mannigfaltige Auftritte aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Die Künstlerin ist auch sozial stark engagiert, Benefizkonzerte, Kulturbotschafterin der Gemeinde Seßlach, Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes Coburg, sind nur einige ganz wenige Steine auf dem bereits langen Weg der jungen Künstlerin, die längst aus ihren musikalischen Kinderschuhen herausgewachsen ist. Und dann ist sie auch zweifache Stipendiatin der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft. Der Hausherr des Klosterhofs, Dr. Andreas Färber begrüßt mit launigen Worten die Gäste im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal und Christian Simonis moderiert den überaus gelungenen Nachmittag mit der jungen hochbegabten Künstlerin, gibt Informationen zu den Stücken, streut Anekdoten ein und es gelingt ihm, die Übergänge zu den Einsätzen von Nina Scheidmantel fließend und äußerst interessant, aber auch humorvoll zu gestalten. Und dann zeigt Nina Scheidmantel, was in ihr steckt.

Nina Scheidmantel

Sie beginnt furios mit der Konzertparaphrase über Walzer-Motive aus „Aschenbrödel“ von Alfred Grünfeld, danach „Espenblätter – Salonstück“ von Imre Székely und die Konzertparaphrase über Walzer-Motive aus „Geschichten aus dem Wienerwald“. Mit enormer Fingerfertigkeit, einem bestechenden Anschlag, mit warmem und einfühlsamem Ton, zeigt Nina Scheidmantel, dass sie jetzt schon zu den ganz großen Pianistinnen gehört. Danach kommt „Valses nobles et sentimentales“ von Maurice Ravel und den offiziellen Teil beschließt die Ausnahmekünstlerin mit einer blitzsauber und gekonnt gespielten Improvisation „An der schönen blauen Donau“ von Max Reger. Gefühlvoll, einfühlsam und mit exzellenter Anschlagkultur meistert sie alle Unbillen der Kompositionen mit ihrem gefühlvollen und virtuosen Spiel. Fast nicht endend wollender Beifall für die junge sympathische Künstlerin. Sie kann gar nicht anders als noch eine besondere Zugabe zu spielen. Traumhaft sicher mit weichem Anschlag bringt sie noch den „Liebestraum“ von Franz Liszt zu Gehör und zeigt, dass sie heute schon zu den ganz Großen ihrer Zunft gehört. Sie beweist mit dem eindrucks- und ausdrucksvollen Konzert, dass sie die Herzen eines musikbegeisterten Publikums im Sturm erobern kann. Wir werden noch viel von dieser jungen und doch schon so reifen Künstlerin hören.

Am Abend geht es ins Königliche Kurhaus. Dort findet eine ganz besondere musikalische Veranstaltung statt. Die Operettengala mit dem Untertitel: „Robert Stolz und seine Zeit“ bringt Melodien der sogenannten Silbernen Operettenära zu Gehör. Und zwei Besonderheiten gibt es bei diesem Konzert. Der Großneffe von Robert Stolz, der Grazer Hans Stolz moderiert den Galaabend und er stellt einen ganz besonderen Draht, eine persönliche Verbindung und ein ausgeprägtes Hintergrundwissen zu dem letzten großen Operettenkomponisten Robert Stolz dar, dessen Musik praktisch zum Volksgut geworden ist und dessen Melodien auch heute noch in den Herzen seiner Zuhörer weiterlebt. Hans Stolz würzt seine Moderation mit einem enormen Hintergrundwissen über den Großmeister und mit einer riesengroßen Portion Humor, streut Bonmots in die Moderation ein und singt auch bei einigen Liedern mit. Dazu kommt, dass er eng befreundet ist mit dem Kapellmeister des heutigen Abends – und hier ist aus meiner Sicht eine kleine Sensation gelungen. Unser Mitglied Roland Seiffarth, war über 30 Jahre lang der Oberleiter und Chefdirigent der Musikalischen Komödie in Leipzig. Er ist Ehrenmitglied der Leipziger Oper, Ehrendirigent des Orchesters der Musikalischen Komödie und Kunstpreisträger der Stadt Leipzig. Darüber hinaus ist er einer der liebenswürdigsten Menschen, denen ich in den letzten Jahren begegnet bin. Und eigentlich wollte er den Dirigentenstab weglegen und seinen Ruhestand, den er sich mit 76 Jahren wahrlich verdient hat, genießen. Im letzten Jahr war er als Gast bei der Mitgliederversammlung und im Gespräch mit Christian Simonis, der ähnlich euphorisch und voller Herzblut sein Dirigat betreibt, hat er nach langem Zögern zugesagt, als ausgewiesener Stolz Kenner, das Konzert zu dirigieren – und dies war eine Bombenentscheidung. Wie er mit den Philharmonikern und mit den Sängern zurechtkommt, sucht seinesgleichen. Wie ein Junger agiert er am Dirigentenpult, kennt jede einzelne Note, gibt seine Einsätze und bringt das Orchester zur Höchstleistung. Zügig, rasant dirigiert er das Orchester, als wenn er nie in den Ruhestand getreten wäre. Er agiert am Pult, als wäre er noch 20 und selten habe ich einen Dirigenten erlebt, der sich mit solcher Leidenschaft praktisch in die Partitur hineinwirft. Flott, mitreißend mit einer tollen Klangfülle spielt das Orchester und überdeckt die Sänger in keinem Moment, denn Seiffarth nimmt bei den leisen Passagen auf der Bühne, die Lautstärke heraus und lässt die Sänger stimmschonend begleiten. Eine furiose Leistung und man möge mir meine Euphorie etwas verzeihen, denn ich habe Roland Seiffarth viele Jahre während seiner aktiven Zeit in Leipzig erlebt – und er hat sich seine Frische, seine grenzenlose Freude am Musizieren, seine Liebenswürdigkeit, seine Bescheidenheit und seinen Enthusiasmus erhalten und es gelingt ihm dadurch ein glänzendes Dirigat.

Roland Seiffarth - Hans Stolz

Der Abend beginnt mit der Ouvertüre zu der relativ unbekannten Operette von Oscar Straus „Rund um die Liebe“ und stimmt das erwartungsvolle Publikum im ausverkauften Saal so richtig ein. Mit dem wunderschönen Wienerlied „Im Prater blühn wieder die Bäume“ von Stolz setzt Gabriele Rösel ein überzeugendes Zeichen ihrer stimmlichen Fähigkeiten. Man konnte sich den Prater und vor allem die blühenden Bäume so richtig bildlich vor Augen vorstellen. Ihr weicher klangvoller und in jeder Lage ausgeglichener Sopran bezaubert auch in ihrem zweiten Solo dem Lied „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ aus der Stolzoperette „Der Favorit. Mit dem Stolzlied aus dem gleichnamigen Film „Das Lied ist aus“ kann Eugene Amesmann seinen vollen, ausgeglichenen stimmschönen, in jeder Lage bombenfest sitzenden Tenor, der keinerlei Höhenschwierigkeiten hat, einsetzen. Eine der Höhepunkte vor der Pause ist das Duett „Lippen schweigen“ aus der Operette von Lehár „Die lustige Witwe“, welches Gabriele Rösel und Eugene Amesmann unvergleichlich zart und gleichzeitig mit vehementem Ausbruch fast zelebrieren. Tosender Beifall für beide Künstler. Dazwischen der Konzertwalzer „Wiener Café“ von Stolz, blendend präsentiert von der Bad Reichenhaller Philharmonie mit ihrem „jugendlichen“ Dirigenten Roland Seiffarth. Und dazwischen immer wieder Geschichteln und Bonmots von Hans Stolz, vielfach auch im Zwiegespräch mit Roland Seiffarth. Aus dem Film „Zauber der Boheme“ singt dann Eugene Amesmann das Walzerlied von Robert Stolz „Ich liebe dich“ und dabei werden so manche Augen der im Publikum sitzenden Damen mehr als feucht. Und als er durch die Reihen gehend noch rote Rosen verteilt, gibt es kein Halten mehr. Dass er dieses wunderschöne Lied stimmlich bis zum letzten auskostet, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Und dann singt er noch gemeinsam mit Gabriele Rösel aus dem „Im weißen Rössl am Wolfgangsees“ das Duett „Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“. Wunderschön, zart, schmetternd in den Höhen, einfach zum Genießen. Und so sieht es auch das Publikum, welches aus dem Klatschen gar nicht mehr herauskommt. Dazwischen vom herrlichen Orchester mit seinem Dirigenten, der in Leipzig als Stolzspezialist nicht nur galt, sondern es auch war, der Marsch aus der gleichnamigen Stolzoperette „Frühjahrsparade“. Und da ist ja auch noch Christine dell´Antonio. Sie bezaubert zuerst mit dem Stolzlied der Marika „Joj, mámám“. Und es macht einfach Spaß ihr zuzuhören und vor allem auch zuzuschauen. Und nach der Pause setzt sie noch einen drauf. Das Lied „Im Casino, da steht ein Pianino“ aus dem Singspiel von Stolz „Wenn die kleinen Veilchen blühen“ zelebriert sie förmlich.

Mit keckem, geläufigem und zartem, aber dennoch durchschlagenden Sopran verzaubert sie die Zuhörer und mit einer Spitzentanzeinlage zeigt sie, was sie nicht nur beim Gesang drauf hat. Einfach toll. Mit dem ausgezeichneten Tenor Harald Wurmsdobler, der mehr für die zarten zurückhaltenden Töne zuständig ist und mit seiner samtenen weichen Stimme mehr als punkten kann, bringt sie – ebenfalls aus dem „Weißen Rössl“ das schwungvolle Lied „Die ganze Welt ist himmelblau“ zu Gehör. So toll dargeboten, dass man es am liebsten gleich noch einmal hören möchte. Die beiden geben ein erstklassiges aufeinander abgestimmtes Paar ab, wo man nicht weiß, bei wem man nun mehr klatschen soll. Beide sind schnell in das Herz des Publikums eingedrungen, wie auch das andere Sängerpaar. Harald Wurmsdobler hat dann auch noch zwei wunderschöne Solis, eine vor und eine nach der Pause. Mit dem fast melancholischen Lied „Jeder tragt sein Pinkerl“ aus der Leo Fall Operette „Der fidele Bauer“ weiß er stimmlich zurückhaltend für wohliges Gefühl unter den Zuhören zu sorgen und mit dem Wienerlied „A klane Drahrerei“ aus der Stolzoperette „Das Sperrsechserl“ kann er das Publikum ein weiteres Mal begeistern. Ja – und dann treten unsere beiden Tenöre im Duett auf, der eine zurückhaltend, weich, gefällig, der andere etwas massiver mit strahlender Höhe, singen sie aus dem Film „Ich liebe alle Fraun“ das wundervolle Stolzlied „Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frauen“. Und das nimmt man den beiden ungesehen ab, stürmischer und langanhaltender Applaus für beide Künstler.

Im Finale vereinen sich die Stimmen der vier Ausnahmekünstler in dem feurigen Lied von Robert Stolz „Gib´s in Wien a Hetz, a Drahrerei“, bei welchem das ausgelassene Publikum mitgeht und nicht aufhören will zu klatschen. Es bleibt nichts anderes übrig, als Zugabe vereinen sich die vier Stimmen in dem wunderschönen Lied „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“. Die Zuhörer lassen die Interpreten nicht von der Bühne, bis sie, zusammen mit Hans Stolz den Auszug mit dem mitreißenden Lied „Jung san ma, fesch san ma“ andeuten. Mehrfaches Zurückholen auf die Bühne und zu endgültigen Schluss nochmals „Jung san ma ….“, gemeinsam mit dem begeistert mitgehenden Publikum. Ein Abend, bei dem alles gepasst hat, das Orchester natürlich, der geniale Dirigent, der stilvolle Moderator und natürlich die vier Sänger, die man gerne bald wieder auf einer Bühne erleben möchte. Und natürlich das Andenken an Robert Stolz, dem unvergessenen Musiker.

Am Vormittag des leider letzten Tages der Strauss Tage gibt es wieder etwas Außergewöhnliches. In der Konzertrotunde am Kurpark steht der „Spanische Operettenzauber“ auf dem Programm unter dem Beititel „Virtuose Kastagnettenklänge und Lieder aus den spanischen Zarzuelas“. Allzu begeistert gehe ich nicht zu diesem Abschlusskonzert, denn Kastagnetten und spanische Zarzuelas, was kann mich da schon erwarten. Ja, man soll halt nicht so voreingenommen sein. Es erwartet mich ein musikalischer Vormittag vom Feinsten. Ich bin einfach hingerissen, von dem was ich hier geboten bekomme und was noch lange in mir nachhallt. Zuerst sei die Bad Reichenhaller Philharmonie genannt. Dieses zeigt sich wieder einmal von seiner besten Seite, musiziert teilweise überwältigend, frisch, schwungvoll, mitreißend. Unter dem feurigen, spritzigen, schwungvollen, leidenschaftlichen und einfühlsamen Dirigat von Christian Simonis erwachen die Bad Reichenhaller Philharmoniker richtiggehend zu spanischen Toreros. Christian Simonis, der sein Orchester mit festen Zügeln führt, die er aber, wenn es darauf ankommt auch entscheidend lockert und so mitreißend dirigiert, mit dem ganzen Körper mitgeht, seine Musiker zu Höchstleistung bringt, das ist schon einmalig. Diese Musiker, die ihm willig und in völligem Einklang folgen. Auch moderiert er in seiner launigen, charmant-wienerischen Art auch eindrucksvoll den Ablauf an diesem Vormittag und gibt viel über die spanische Operette und vor allem über die Kastagnetten preis, ein Thema, welches bei den wenigsten der Konzertbesucher bekannt sein ist. Das Orchester beginnt mit der Paso doble aus „La Alegria de la Huerta“ von Frederico Chueca. Simonis weckt die Zuhörer mit dieser rasant gespielten Komposition richtig auf und fragt dann natürlich auch, ob jetzt alles wach sei. Man merkt ihm auch an, dass es Spaß macht durch diese Art der Musik zu führen. Als weiteres Solostück für das Orchester kommt dann noch das Preludio aus „La Gran Via“ von Frederico Chueca. Zum zweiten Stück, der Canción de Paloma aus „El barberillo de Lavapies“ von Francisco Asenjo betreten die beiden Solokünstler die Bühne. Das sind einmal Friederike von Krosigk mit ihren Konzertkastagnetten und die zauberhafte Sopranistin Eva Maria Schinwald. Christian Simonis erzählt von der Begegnung mit Friederike von Krosigk, die – Spanien ist weit weg – im Bayernland, bei Miesbach aufgewachsen ist. Sie gehört zu den ganz wenigen Künstlern, die auf der Bühne diese beiden unscheinbaren Holzhalbkugeln einsetzt. „Sie werden nur über den Daumen gespannt und dann sind meine vier Finger da und mehr brauche ich nicht“, erläutert sie und man kann kaum glauben, welche Klangfülle sie damit erzeugen kann. Eva Schinwald zelebriert ihre spanischen Zarzuelas mit klarem, leuchtendem, beweglichem und äußerst stimmschönem Sopran dem Publikum zur Freude und ist auch von der optischen Erscheinung eine Ausnahmekünstlerin. Eindrucksvoll mit Koloraturfeuer singt sie ihre operettenhaften Arien. Dazu praktisch immer die Kastagnetten, die natürlich sehr stark durch die Außergewöhnlichkeit die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die beiden Künstler zusammen treten dann noch auf in De Espana Vengo aus „El nino judio“ von Pablo Luna. Friederike von Krosigk interpretiert allein mit dem Orchester noch Danza espanola Nr. 2 von Joaquin Rodrigo, Fandango aus „Dona Francisquita“ von Amadeo Vives und schließlich Intermedio aus „La Boda de Luis Alsonso“ von Jerónimo Giménez. Eva Maria Schinwald kann noch alleine glänzen in Carceleras aus „Las Hijas del Zebedeo“ von Ruperto Chapi Y Lorente. Der Beifallsturm am Ende des Vormittags will gar kein Ende nehmen, immer wieder müssen die Künstler auf die Bühne zurückkehren. Vielleicht würden wir heute noch klatschen, wenn nicht die Musiker der Bad Reichenhaller Philharmonie die Sache und ihre Instrumente in die Hand genommen hätten und das Podium verlassen haben. Ein außergewöhnlicher Vormittag, mit einer wunderschönen Musik, die man in dieser Form sicherlich nicht so kennt, geht zu Ende.

Drei Tage mit vielen wunderbaren Eindrücken und vier sehr unterschiedlichen Konzerten, die aber alle exzellent in den Rahmen passten und das Publikum verzauberten, auf die eine wie auf die andere Art und Weise. Für jeden war an diesem Wochenende etwas dabei und alles, was geboten wurde, war außergewöhnlich. Im nächsten Jahr werden wir mit Sicherheit wieder nach Bad Reichenhall pilgern. Dann wird für die Musikfreunde der Operettenwelterfolg von Franz Lehár „Das Land des Lächelns“ in halbszenischer Aufführung auf dem Programm stehen. Eine Operettengala widmet sich dann der goldenen Ära der Wiener Operette und es werden Melodien von Johann Strauss, Carl Millöcker und Franz von Suppé erklingen und zum Abschluss wird es in der Sonntags-Matinée eine Hommage auf Nico Dostal geben. Ihm, einem der bedeutendsten Operetten- und Filmmusikkomponisten ist der Abschluss im Jahr 2018 gewidmet. Ich gebe ehrlich zu, dass ich mich riesig freue, im nächsten Jahr all dies in Bad Reichenhall erleben zu dürfen.

Manfred Drescher 23.07.2017          

Bilder (c) Der Opernfreund

 

 

Drei beschwingte Tage bei den Bad Reichenhaller Strauss Tagen 2016

Besuchte Vorstellungen am 16., 17. und 18.09.2016

Deutsche Johann Strauss Gesellschaft bei den Strausstagen in Bad Reichenhall

Die deutsche Johann Strauss Gesellschaft hält ihre Jahreshauptversammlung 2016 ab, und was liegt näher, als sie in die Bad Reichenhaller Strauss Tage einzubinden, noch dazu, da der verantwortliche Generalmusikdirektor Vorstandsmitglied der Gesellschaft ist. Also macht man sich mit über 50 Freunden aus allen Teilen Deutschlands, Österreich und der Schweiz nach Bad Reichenhall auf, um nicht nur zu tagen, sondern in erster Linie Musik zu erleben. Und das kann man hier zur Genüge. Die Gesellschaft ist begeistert von dem, was hier geboten wird und – um es vorwegzunehmen – erstmals in der Geschichte der Gesellschaft beschließt man die nächste Jahreshauptversammlung 2017 nochmals nach Bad Reichenhall zu legen, denn auch im nächsten Jahr wird es dort wieder Bad Reichenhaller Strauss Tage geben. Und was hier in diesen Tagen auf die Beine gestellt wird, sucht seinesgleichen.

Den Auftakt macht am 16. September 2016 im Theater Bad Reichenhall die halbszenische Aufführung von Franz Lehár´s „Der Zarewitsch“ in Zusammenarbeit mit der Internationalen Franz Lehár Gesellschaft. Die Regie liegt in den Händen von Prof. Wolfgang Dosch, der auch als Ministerpräsident erklärend durch die Operette begleitet. Er macht dies so professionell, so voller Wärme und innerer Zuneigung zur Operette und den Beteiligten, dass man diese Leistung nicht hoch genug loben kann. Der Sänger, Regisseur und Wissenschaftler ist mit seinem ganzen Herzblut bei der Aufführung (und dies zeigt er eindrucksvoll auch in den kommenden Tagen) und lässt fast vergessen, dass es sich „nur“ um eine halbszenische Aufführung handelt. Und dann hat er ja noch ein weiteres Riesenglück, Glück mit dem Orchester und seinem Dirigenten und Glück mit den Sängern. Das Publikum jedenfalls ist hochzufrieden, ständiger starker Zwischenapplaus und Bravorufe am Ende der Aufführung zeugen davon, dass es ein überaus gelungener Auftakt ist. Die Bad Reichenhaller Philharmonie ist an diesem Abend blendend aufgelegt, spielfreudig und sängerfreundlich eingestellt. Und ihr Leiter, GMD Christian Simonis zeigt wieder einmal, dass in jedem seiner Finger das musikalische Blut pulsiert. Mit Feuer, Übersicht, zupackend und gleichzeitig loslassend, führend, drängend und wiederum zurückhaltend, hat er seine Musiker voll im Griff und bringt sie alle gemeinsam zu einer Höchstleistung.

Zarewitsch-Wolfgang Dosch, Christina Fercher, Christian Simonis, Wongjong Lee

Die Geschichte des einsamen und frauenscheuen Zarewitschs ist schnell erzählt. Durch die Intrige seiner Hof-schranzen soll er die Liebe kennenlernen um dann standesgemäß heiraten zu können. Man unterschiebt ihm die junge Sonja, von der er glaubt, sie sei ein Mann. Rasch durchschaut er den Schwindel, will Sonja davonjagen, doch sie überzeugt ihn, dass es besser ist, alle glauben zu lassen, dass sie ein Liebespaar sind, dann habe er Ruhe. Der Zarewitsch geht darauf ein und – wie es nun halt in der Operette einmal sein muss – verliebt sich unsterblich in sie. Den Trennungswunsch des Hofes umgeht er mit der Flucht mit seiner geliebten Sonja und seinem treuen Kammerdiener Iwan, der endlich auch seine Hochzeit mit Mascha dem Zarewitsch beichten kann. Die herrlichen Zeiten in Liebe und Glück gehen zu Ende, als der Ministerpräsident dem Zarewitsch den Tod seines Vaters mitteilen muss. Sonja weiß, was sie zu tun hat, sie verzichtet auf den Geliebten zum Wohle des Volkes. Der Zarewitsch erkennt, dass er sich nun der Staatsräson fügen muss und verlässt seine erste große Liebe. Ja, eine der wenigen Operetten, bei denen viele Damen im Publikum (teilweise auch einige Herren) mit Tränen in den Augen die Operette verlassen.

Zarewitsch-Harald Wurmsdobler-Christine Holzwarth

Diese Geschichte hat Wolfgang Dosch mit viel Kenntnis der Operette halbszenisch eingerichtet und lässt manchmal fast vergessen, dass es keine „komplette“ Aufführung ist. Er selbst hält als Ministerpräsident alle Fäden in der Hand und führt gekonnt durch die Handlung.

Der Zarewitsch wird von dem jungen südkoreanischen Tenor Wongjong Lee gesungen und gespielt. Anfangs noch ein wenig steif, singt er sich im Laufe des Abends frei und beeindruckt mit einem klaren, höhensicheren weichen und dennoch feurigem Tenor, der auch keine Angst vor Spitzentönen hat und auch nicht zu haben braucht. Eine sehr gute Leistung.

Seine Sonja wird von Christina Fercher gesungen und zwar so wunderschön, dass man fast gehalten ist, die Operette in „Sonja“ umzutaufen. Ihr leuchtender, in jeder Lage brillierender schöner vollmundiger Sopran erobert nicht nur das Herz des Zarewitschs, sondern auch das des Publikums. Eine exzellente Leistung, die richtig Spaß macht, auch deshalb weil man merkt, dass ihr das Singen dieser Partie pure Freude bereitet – und diesen puren Spaß überträgt sich auch auf das Publikum. Ihre Soli sind so wunderschön gesungen, leicht, locker und alles mit silbriger Höhe, so dass man fast merkt, wie das Publikum im Saal die Luft anhält, um ja nichts zu versäumen. In den Duetten mit Wongjong Lee wissen beide ihre Stimmen auf das schönste zu verschmelzen und gewähren so reinen Hörgenuss. Das Buffopaar ist mit Christine Holzwarth und Harald Wurmsdobler ausgezeichnet besetzt. Der Oberösterreicher Wurmsdobler ist kein Stimmprotz, sein wunderschön geführter Tenor ist jedoch weich, tragfähig, ausdrucksstark, vollmundig und macht einfach Spaß. Dazu kommt eine ungeheure Spielfreude, man merkt ihm richtig an, wieviel Spaß ihm das alles macht.

Holzwarth, Dosch, Lee, Fercher

Und diesen Spaß vermittelt auch seine kongeniale Partnerin die Coburgerin Christine Holzwarth, die mit ihrem zarten, aber durchschlagskräftigen, leuchtenden und warmen Sopran das Publikum beeindruckt. Ihr ausgezeichnetes Spiel wird auch von einem natürlichen Liebreiz gekrönt, der ohne Umwege seinen Weg ins Publikum findet. Wenn die beiden über die Bühne wirbeln, weiß man, warum die Operette nach wie vor beliebt ist und nie untergehen wird. Langanhaltender Applaus für alle Protagonisten zeigt, dass das Publikum wieder einmal so richtig schwärmen konnte, in Stimmglanz schwelgen und einfach fröhlich nach Hause geht. Und was will man von einer Operette mehr verlangen.

Dr. Eduard Strauss, Thomas Strauss

Am nächsten Tag ist am Vormittag die Mitgliederversammlung der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft und nach dem Mittagessen schließt sich ein hochinteressanter Vortrag mit Dr. Eduard Strauss und seinem Sohn Thomas an. In Zusammenhang mit dem Wiener Institut für Straussforschung geben sie im Vortragssaal des Parkhotels Luisenbad unter dem vielschichtigen Titel: „Was geh ich mich an – die zwei Gesichter des Johann Strauss Sohn und seiner Familie“ ein Bild des „Familienunternehmens Strauss“ im 19. Jahrhundert. Die 60 Stühle, die man im Hotel aufgebaut hat, langen bei weitem nicht, es müssen weitere drei Reihen aufgebaut werden und auch hieraus ist ersichtlich wie hochinteressant diese Ausführungen für die Straussianer, aber auch für ein weiteres interessiertes Publikum sind. Viel Interessantes wird aufgezeigt, aus dem Nähkästchen geplaudert und auch manche problematische Entscheidung nicht verschwiegen. Es macht auch hier Spaß den beiden zuzuhören, vor allem zu erleben, wie sie sich in der Informationsgestaltung gegenseitig die Bälle zuwerfen. Und eines ist es mit Sicherheit nicht, ein langweiliger einschläfernder Vortrag. Nein, das Publikum geht mit, ist überrascht über vieles, was vorher nicht bekannt war und geizt am Ende nicht mit langanhaltendem verdientem Applaus.

Gala-Fercher, Wurmsdobler, Holzwarth, Dosch

Am Abend geht es ins Königliche Kurhaus. Dort findet in Zusammenarbeit mit der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft eine Operettengala unter dem Titel „Die Fledermaus und Eduard Strauss“ statt. Und auch dieser Abend wird zu einem ganz besonderen Abend. Zum einen gibt es immer wieder halbszenische Szenen aus der „Fledermaus“ und diese werden immer wieder unterbrochen von den Werken von Eduard Strauss. Der jüngste der drei Strauss-Brüder, der immer ein bisschen im Schatten des „großen Bruders“ stand, hat wunderschöne Musik geschrieben und dies bekommt man auch am heutigen Abend zu hören. So wie auch während des Konzertes der Urenkel von Eduard Strauss, der Senatspräsident Dr. Eduard Strauss, auf die Bühne kommt und einige Informationen und Anekdoten zum Besten gibt. Dabei geht er auch auf die Verbrennungsaktion des Archivs der Strauss Kapelle im Jahr 1907 ein, der ein großer Verlust war, und bei der man bis heute nicht richtig weiß, warum Strauss dies getan hat. Vieles, vor allem der unterschiedlichen Arrangements ist damals unwiederbringlich verloren gegangen. Generalmusikdirektor Christian Simonis hat seine gute Laune vom Vortag nicht verloren, im Gegenteil. Er lässt die Bad Reichenhaller Philharmonie nicht nur wieder leidenschaftlich, feurig und mit großem Stilbewusstsein spielen, sondern er moderiert den Abend auch so leidenschaftlich wie er dirigiert. Der gebürtige Wiener lässt seinen ganzen Charme spielen, und davon hat er eine Menge, um mit hochinteressanten abwechslungsreichen und stimmigen launigen Worten die damalige Zeit auferstehen zu lassen. Er geht auch auf die Reihenfolge der Konzertauswahl ein und vermittelt einen Hintergrundblick auch auf einer streng wissenschaftlichen Ausrichtung. Prof. Hans Swarowsky sagte einmal über Simonis „Eine wienerische Urbegabung“, und dem habe ich nichts hinzuzufügen. Die Philharmoniker beginnen „Mit Vergnügen“, einer Polka schnell von Eduard Strauss und stimmen so das Publikum feurig, leidenschaftlich auf den Abend ein. Und auch heute merkt man jedem einzelnen Musiker an, wie sehr man sich mit der Musik und dem Programm identifiziert. Die Polka „Schneesternchen“, der Walzer Doctrinen und die Polka schnell „Ohne Bremse“ von Eduard Strauss sind weitere Highlights des Abends. Die Polka schnell „Mit Extrapost“ und die Polka Mazurka „Die Träumerin“ schließen die Musikstücke von Eduard Strauss ab. Allein durch diese wenigen Beispiele kann man erkennen, welche riesige Begabung in dem „kleinen Bruder“ steckte. Dazwischen immer wieder Ausschnitte aus „Die Fledermaus“. Mit dem Auftrittslied der Adele „Was schreibt meine Schwester Ida“ kann Christine Holzwarth auf ihre vorzügliche Leistung vom Vortag noch eine Schippe drauflegen. Klar, durchschlagskräftig, mit wunderschön zarter, aber dennoch leidenschaftlicher Führung überzeugt sie auf der ganzen Linie, ebenso wie mit der kokett gesungenen Aufforderung „Mein Herr Marquis“. Christina Fercher kann ebenfalls erneut nicht nur voll überzeugen sondern auch begeistern. So wie mit dem Csárdás „Klänge der Heimat“, den sie so überzeugend auf die Bretter, die die Welt bedeuten bringt, dass man fast glaubt, eine leidenschaftliche Ungarin vor sich zu haben. Dann ist hier noch ihr Eisenstein Harald Wurmsdobler, der diesen Eisenstein richtig mit allen Facetten auslebt. Im Uhrenduett mit seiner ungarischen Gräfin, halt, seiner Rosalinde, begeistern beide ihr Publikum, welches starken und stetigen Szenenapplaus gibt und vollauf zufrieden und glücklich ist. Der Tenor Wonjong Lee ist leider nur mit dem Auftritt des Alfred „Glücklich ist, wer vergisst“ zu hören und kann auch hier wieder voll mit seiner metallischen, hohen und gut geführten Tenorstimme überzeugen. Ja und dann ist noch der Tausendsassa Wolfgang Dosch zu nennen. Er übernimmt alle Rollen, die sich da anbieten. Der Anwalt Dr. Blind wird ebenso dargeboten wie der Freund Dr. Falke, der ja alles inszeniert um sich bei Gabriel Eisenstein zu rächen, der ihn einst im Fledermauskostüm dem Gespött der Leute preisgab, als auch der Gefängnisdirektor Frank. Er macht aus all diesen Rollen kleine Kabinettstückchen. Ja und dann ist auch noch der einzige Nichtstrausskomponist vertreten, nämlich Richard Genee (übrigens der Librettist der „Fledermaus“). Er hat eine köstliche Soloszene geschrieben, der „Sänger mit drei Tönen“. Und aus diesem Kabinettstückchen holt Wolfgang Dosch alles heraus. Es ist köstlich mitanzusehen und anzuhören, wie hier Mozarts Tamino, Verdis Manrico und viele andere mit drei Tönen ihre Bravourarien bewältigen.

Und Wolfgang Dosch kann sich von den Begeisterungsstürmen des Publikums kaum erholen, weil sie immer wieder aufbranden. Zwei Zugaben von Edi und von Johann Strauss beenden das eindrucksvolle Konzert, von dem das Publikum noch gerne mehr gehabt hätte. Viele Applaus, viel Zustimmung und eine tolle Leistung von allen, die auf der Bühne ihr Publikum verzaubert haben.

Am Vormittag des letzten Tages der Strauss Tage gibt es erneut eine Besonderheit. In der Konzertrotunde am Kurpark stehen „Zitherklänge“ auf dem Programm unter dem Beititel „Von Oberbayern bis zum Wienerwald“. Und ich muss zugeben, dass ich mir hier nicht allzu viel erwartet habe. Na ja, Zitherklänge, wo hört man die schon auf der Bühne – und dann ein ganzes Konzert hindurch. Etwas missmutig gehe ich hin und fröhlich und mit der Erkenntnis einem ganz tollen Ereignis beigewohnt zu haben, verlasse ich die Rotunde wieder. Ich bin voll und ganz begeistert, von dem, was ich hier zu hören und zu sehen bekommen habe. Unter dem behutsamen, einfühlsamen Dirigat von Christian Simonis blüht die Bad Reichenhaller Philharmonie richtig auf und unterstützt wird sie an diesem Vormittag von Cornelia Mayer an der Zither. Christian Simonis hat nicht nur seine Musiker im Griff, wobei sie ihm willig und in völligem Einklang folgen, sondern er moderiert in seiner launigen, charmanten wienerischen Art auch das Programm, lässt Farbtupfer aufblühen, bringt Zusammenhänge näher und führt das begeisterte Publikum durch ein Meer von herrlicher Musik. Begonnen mit dem „Grützner-Walzer“ von Franz Lehar, bei welchem die Zither bereits das erste Mal zeigen kann, wie sie sich in den Klangkörper der Philharmoniker einfühlen kann, bzw. eine dem Ohr äußerst zugetane Verstärkung des Orchesters ist. Cornelia Mayer spielt mit zartem, aber dennoch prägnantem Saitenschlag, gefühlvoll, untermalend, wo es angebracht ist, aber auch entsprechend auftrumpfend. Man merkt ihre tiefe Zuneigung zu ihrem Instrument und die Verbindung von Harfe und Mensch bei ihr überdeutlich. Stücke von Herzog Max in Bayern (Oberbayrische Tanzweisen), werden gefolgt von Johann Petzmayers Paulinen-Galopp für Zither Solo, welcher wiederum wunderbar zart von Cornelia Mayer gestaltet wird. Von Joseph Strauss folgt ein Ländler, „Die Nasswalderin“, dem sich von Hans Lanner der Erzherzog-Carl Marsch für Zither Solo anschließt, danach von Hans Christian Lumbye eine Phantasie „Traumbilder“. Dann folgt ein weiterer Höhepunkt im Programm. Wolfgang Dosch interpretiert auf unnachahmliche Weise das berühmte „Wie mei Ahnerl zwanzig Jahr“ aus dem „Vogelhändler“ von Carl Zeller. Und er interpretiert es nicht nur, er zelebriert es förmlich. Mit wunderbar bewegendem Tenor und einer Phrasierung, die seinesgleichen sucht, dazu eine Ausstrahlung und damit auch eine entsprechende Gestaltung dieses Operettenschlagers, verzaubert er sein Publikum, welches den Refrain mit summt und damit einen zusätzlichen Farbtupfer in die Interpretation bringt. Man will ihn gar nicht mehr von der Bühne lassen, so beeindruckend ist dieses leise zart und melancholisch vorgetragenes Paradestück aus dem Vogelhändler. Und dann ein weiterer Höhepunkt mit Cornelia Mayer, die in originaler Länge und mit den originalen Fingersätzen ein Highlight für Zither vorträgt und zwar die Titelmelodie und Zithersolo aus dem berühmten Film „Der dritte Mann“. Man fühlt sich richtig in die Atmosphäre dieses einmaligen Films versetzt und Frau Mayer interpretiert ihn auch meisterhaft. Das offizielle Konzert endet mit den „Geschichten aus dem Wienerwald“ von Johann Strauss. Und hier befeuern sie sich gegenseitig, die Philharmoniker und die Zithervirtuosin. Ein herrlich vorgetragener Beweis dafür, dass der berühmte Wiener Walzer nichts von seiner Ausnahmestellung eingebüßt hat. Das Publikum ist wie aus dem Häuschen und applaudiert minutenlang. Dadurch „erzwingen“ sie sich noch zum Abschluss den Zitherwalzer „Der Leuchtkäfer“ von Anton Karas. Ein Feuerwerk von Aufführungen in diesen drei Tagen geht leider zu Ende, aber man kann sich heute schon auf das nächste Jahr freuen. Dann wird im Rahmen der Bad Reichenhaller Strauss Tage sein Operettenwelterfolg „Wiener Blut“ in halbszenischer Aufführung zum Tragen kommen, Straussparaphrasen nennt sich der nächste Programmpunkt, der pianistische Kaskaden über die Musik von Johann Strauss mit der jungen Konzertpianistin Nina Scheidmantel, einer Stipendiatin der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft. Die Operettengala widmet sich dann Robert Stolz und seiner Zeit und Spanischer Operettenzauber steht am letzten Tag auf dem Programm. Ich gebe ehrlich zu, dass ich mich riesig freue, im nächsten Jahr mit der Gesellschaft dies alles in Bad Reichenhall erleben zu dürfen.

Manfred Drescher 25.09.2016          

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