DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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www.luisenburg-aktuell.de/

 

 

Das Land des Lächelns

Aufführung am 20. August 2022

 

Die Kammeroper Köln führt eine der bekanntesten Operetten von Franz Lehár auf und bekommt großen Applaus vom fast ausverkauften Haus.

 

Der Rezensent fährt mit jeweils über 100 Freunden seit 1980 zu den Operettenaufführungen nach Wunsiedel. Die letzten zwei Jahre mussten wegen Corona ausfallen, umso glücklicher war man, dass es endlich wieder mit der geliebten Operette weitergeht. Leider ist der berühmte „Wiener Schmäh“, den die Operettenbühne Hellberg 20 Jahre lang auf die Bretter der Felsenbühne zauberte und der stets für ausverkaufte Vorstellungen sorgte, mit der Kammeroper Köln nicht mehr in dem Umfang vorhanden. Man muss sich umgewöhnen, auch wenn ich bis heute den Schritt von Wunsiedel nicht nachvollziehen kann. Gut, jetzt kommt die Kammeroper Köln mit einem Stück, welches aus meiner Sicht nicht unbedingt auf die riesige Bühne von Wunsiedel passt, aber sei´s drum, man hat sich bemüht und das Beste daraus gemacht. In vielen Passagen ist es ja fast wie ein Kammerspiel mit lediglich zwei bis vier Personen auf der Bühne, die sich sicher manchmal etwas verloren vorgekommen sein müssen. Der Zuschauerraum ist jedenfalls fast vollständig besetzt und harrt der Dinge, die da kommen und ein praktisch ausverkauftes Haus ist schon einmal eine gute Voraussetzung für eine gelungene Vorstellung.

 

Die Handlung ist schnell erzählt. Der chinesischer Prinz Sou-Chong ist zu Besuch in Wien und verliebt sich in Lisa, die Tochter des Grafen Lichtenfels. Diese verliebt sich auch in den fremdartigen Prinzen, obwohl ihr langjähriger Freund Graf Gustl, ihr an diesem Tag seine Heiratsabsichten erklärt. Lisa und Sou-Chong werfen alle Zweifel über Bord und Lisa folgt Sou-Chong in das ferne China. Dort müssen sich beide den gesellschaftlichen Formen stellen, die vor allem von Onkel Tschang rücksichtslos vertreten werden. Die jahrtausendalten Gesetze müssen eingehalten werden, ohne Wenn und Aber. Sou-Chong muss vier weitere Frauen heiraten, daneben hat eine weiße Frau keinen Platz. Konfrontiert damit, verliert Lisa ihre ganze Beherrschung und will nur noch eines, zurück in die Heimat. Graf Gustl ist zu Besuch gekommen und will ihr mit Hilfe von Mi, der Schwester des Prinzen, zur Flucht verhelfen. Die Flucht wird entdeckt, aber Sou-Chong gibt Lisa frei und bittet Gustl sie in ihre Heimat, ins Glück zurückzubringen. Mi und Sou-Chong bleiben allein zurück, er trocknet seiner Schwester die Tränen, da sie sich in Gustl verliebt hat und erklärt ihr: „Immer nur lächeln und immer vergnügt, ….Lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen, denn wie´s da drin aussieht, geht niemand was an.

 

Burkhard Solle – Esther Hilsberg

 

Ich gebe zu, dass ich mit etwas Bauchschmerzen nach Wunsiedel gefahren bin, nicht nur wegen der neuen Bühne, sondern vor allem wegen des angesagten Regenfiaskos. Selbst die Leitung der Kammeroper wies vor der Vorstellung darauf hin, dass bei starkem Regenfall unterbrochen werden muss. Aber der Himmel hat mit den Operettenfreunden ein Einsehen, es bleibt bis zum Schluss trocken. Die ersten Regentropfen erreichen uns beim Nachhauseweg. Also schon einmal ein gutes Zeichen.

 

Die Inszenierung stammt von Joachim Goltz und er hat versucht alles etwas aufzufrischen, auch wenn aus meiner Sicht gerade diese Operette keiner großen Auffrischung bedarf. Nicht nachvollziehbar für mich, warum die Schwester des Prinzen bereits in Wien mit dabei ist und dort auch schon mit Gustl flirtet. Der hat eigentlich erst einmal damit zu tun, die Abfuhr zu verkraften, die er gerade durch Lisa erfahren hat, ergibt also auch keinen Sinn. Immer wieder geht man mit den verschiedensten Mitteln auf Corona ein, ob mit obligatorischer Maske, mit Glasscheiben, die die Figuren auf der Bühne trennen, mit 1,5 Meter Abstand beim Tanz usw. Mit diesen Einlagen will der Regisseur die Operette entstauben. Gut, er hat einiges recht ordentlich und gut gemacht, aber diese Albernheiten haben nichts mit entstauben zu tun – und ich kann auch nichts mehr von Corona hören, jedenfalls nicht, wenn ich mich entspannen, mich von schöner Musik berauschen lassen will, was eigentlich die Aufgabe der Operette ist. Aber ich stehe wohl allein auf weiter Flur, dem Publikum gefällt es und sie honorieren es mit großem Beifall. Was ich auch nicht verstehen kann, der Regisseur schreibt im Programmheft: „Das fehlende Happy End mit dem traurigen Abschied von Lisa und dem Prinzenhaben wir allerdings in dieser Inszenierung etwas positiver gestaltet.“ Diese positive Gestaltung hat sich mir leider nicht erschlossen (und auch meinen Mitfahrern nicht). Der Schluss war das ganz normale Ende, Gustl und Lisa gehen in die Heimat und Sou-Chong und seine Schwester bleiben traurig zurück. Was soll hier positiver gestaltet worden sein?

 

Hannah Rühl – Tyler Steele

 

Die Bühne und die Kostüme stammen von Jodie Fox, wobei sich auf der Riesenbühne ein drehbarer überdimensionaler Fächer befindet, der sich aufklappen und zusammenfalten lässt und der zum Dreh- und Angelpunkt der Aufführung wird. Er ermöglicht ständige Änderungen des „Bühnenraums“, oben an ihm ist eine riesige Lotosblume befestigt, die je nach Dauer und den Ereignissen, ein Blatt nach dem anderen verliert, bis zum letzten Blatt, wenn die Liebe von Lisa und Sou-Chong zerbrochen ist. Ich habe ja eingangs schon gesagt, dies passt auf eine kleine bis mittlere Theaterbühne – bei der Dimension in Wunsiedel kann man sicher darüber streiten, ob die Entscheidung für diese Operette die richtige war. Die Kostüme sind ansprechend, stimmig, farbenfroh und beleben die ganze Szenerie.

 

Die Kölner Symphoniker werden von Jan Michael Horstmann geleitet und er tut dies souverän. Mit ruhiger, sicherer Stabführung bringt er sein gut aufgelegtes Orchester durch alle Unbilden der Partitur. Wo es erforderlich ist, lässt er es mit richtigen Klangwogen agieren, nimmt es aber auch da zurück, wenn es die Rücksichtnahme auf die Sänger erfordert. Rasant und ohne Fehl und Tadel treten die Kölner Symphoniker auf, ebenso wie die gutaufgelegten Damen und Herren des Chors der Kammeroper Köln.

Die beiden Hauptpartien sind recht gut besetzt, obwohl bei Lisa, als auch bei Sou-Chong sich am Anfang der Operette einige Schwächen zeigen, die Stimmen sind etwas zu blass, nicht durchschlagskräftig genug, aber Gott sei Dank, ist dies nach einigen Minuten des „Einsingens“ verschwunden und beide geben danach eine ausgezeichnete Figur ab.

 

Da ist zum einen die geborene Kölnerin Esther Hilsberg als Lisa zu nennen. Sie besitzt einen warmen, runden und vollmundigen Sopran, lyrisch, weich, leuchtend und ausdrucksstark. Man merkt ihr an, dass sie die Partie mit Herzblut singt, dass sie sich voll mit der Lisa identifiziert und auch darstellerisch aus dem Vollen schöpft.

 

Tyler Steele – Ben Ossen

 

Als Prinz Sou-Chong betritt der in Lemgo/Lippe geborene Tenor Burkhard Solle die Bretter, die die Welt bedeuten. Er ist Konzertmeister und Violinist, hat dann daneben eine Stimmausbildung durchlaufen und ist nun tenoral unterwegs. Und dies macht er sehr gut. Sein klarer, hoher, durchdringender, metallischer Tenor, ist auch zu zurückhaltenden Feinheiten fähig und so zelebriert er richtig die beiden Tenorschlager „Immer nur lächeln“ und „Dein ist mein ganzes Herz“, was ihm großen Beifall einbringt. In den Duetten, wie „Bei einem Tee á deux“ oder „Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt“ sind beide gut aufeinander eingestellt und bringen die Operettenschlager gefühlvoll, durchschlagend, stimmschön und vor allem auch sehr textdeutlich zu Gehör. Das Publikum dankt es beiden mit großem starken Applaus, der manchmal fast kein Ende nehmen will und auch zeigt, wie sehr das Publikum, aber auch die Künstler, in den zurückliegenden zwei Jahren förmlich ausgehungert waren. Ausgehungert nach dem Zauber der Musik, nicht aus der Konserve zu Hause, sondern live in dem herrlichen Rund der Felsenbühne Wunsiedel und ausgehungert danach, endlich wieder vor Publikum auftreten zu können und den wohlverdienten Applaus, das Brot des Künstlers, dafür in reichem Maße zu bekommen.

 

Die Schwester des Prinzen, Mi, wird von Hannah Rühl dargestellt. Sie besitzt einen sehr stimmschönen, klaren, vollmundigen und kräftigen Sopran, den sie gekonnt einsetzt. Ihr Spiel ist lebendig, quirlig, sie strotzt geradezu voller Energie, wirbelt über die Bühne, als wenn sie nie etwas anderes gemacht hat. Sie reißt ihren Partner, wenn man es so ausdrücken will, regelrecht mit. Und dies ist der US-Amerikaner Tyler Steele (der übrigens auch hervorragend für die Choreografie zeichnet). Er setzt seinen schönen, klaren, festen und anschmiegsamen Buffo mehr als rollendeckend ein. Vom spielerischen ist er forsch, fröhlich und unbeschwert, bringt zusammen mit Hannah Rühl richtig Schwung und Leben in die Aufführung. Es macht richtig Spaß den beiden zuzusehen, wie sie allein und gemeinsam über die Bühne wirbeln.

 

Tyler Steele – Esther Hilsberg – Hannah Rühl – Burkhard Solle

 

Die Rolle, möglichst für viel Heiterkeit zu sorgen, hat der in Aachen geborene lyrische Tenor Ben Ossen als Eunuch übernommen. Und er gibt seinem Gaul reichlich Zucker. Es ist eine reine Sprechrolle, die er weidlich ausnutzt und für teilweise tosenden Applaus sorgt, aber er zeigt auch, dass er stimmlich gut drauf ist. Auf die Melodie von „Meine Lieben, deine Liebe, die sind beide gleich“ bringt er – na was wohl – ja, einen Abriss der lange andauernden zurückliegenden Zeit, ohne Auftritte ohne Publikum. Er will damit zum Ausdruck bringen, dass er, gemeinsam mit dem Publikum hofft, dass nun endlich die "stille Zeit" vorbei ist und vor allem vorbei bleibt und die Kultur und die Kunst wieder den ihr gebührenden Stellenwert erhält. Und da kann man ihm mit vollem Herzen nur zustimmen.

 

In der Rolle des Grafen Lichtenfels und gleichzeitig in der Rolle des sittenstrengen Onkel Tschang, steht Hans-Arthur Falkenrath auf der Bühne. Der in Remscheid geborene Bass gibt die beiden Rollen souverän, distinguiert und den beiden Rollen vollumfänglich entsprechend positiv.

 

Schlussapplaus - Hannah Rühl – Esther Hilsberg – Burkhard Solle - Tyler Steele

 

Insgesamt ein Nachmittag, bei dem das Positive eindeutig überwiegt hat, eine gesanglich und orchestrale tolle Vorstellung, die Freude gemacht hat. Für mich war die Wahl des Stückes für die riesige Felsenbühne etwas grenzwertig, aber man hat das Beste aus den Möglichkeiten gemacht. Insgesamt ein Nachmittag, der hoffen lässt, dass es auch im nächsten Jahr möglichst ohne große Pandemieeinschränkungen – denn davon haben wir alle langsam die Nase voll – weitergehen wird. Meine Freunde haben sich auf der Heimfahrt fast alle nur positiv geäußert.

 

Manfred Drescher, 22.08.2022  

(c) Der Opernfreund -  Eigenaufnahmen MD

 

 

„Sag beim Abschied leise Servus“

Aufführung am 24. August 2019

 

Die Operettenbühne Wien unter Prof. Heinz Hellberg gastiert letztmalig auf der Luisenburg und das wie die letzten 20 Jahre mit Feuer und Leidenschaft vor ausverkauftem Haus

 

Seit 1980 fährt der Rezensent mit teilweise bis zu 120 Mitfahrern nach Wunsiedel. Die letzten 20 Jahre war er bei jeder Operettenaufführung der Wiener Operettenbühne um Heinz Hellberg dabei. Die Vorstellungen waren fast immer ausverkauft, die Publikumsresonanz überwältigend. Das Erfolgsrezept von Heinz Hellberg ist: „Besser gut entstaubt, als schlecht modernisiert:“ Und so leidenschaftlich, so authentisch, so voller Charme, ja, auch voller Wiener Schmäh, war er ein Erfolgsgarant für die Operette auf der Luisenburg. Nun hat ihn der Bürgermeister, der Stadtrat und die neue Intendantin nach 20 Erfolgsjahren vor die Tür gesetzt, ja natürlich, es heißt offiziell so schön, dass der jährliche Vertrag nicht mehr erneuert wurde – aber das ist für mich das gleiche. Und man kann es einfach nicht nachvollziehen. Dies ist so, als wenn man ein galoppierendes Pferd, das als erster gleich ins Ziel kommt, einfach stoppt und zu Boden wirft. Eine wunderbare Erfolgsgeschichte, die vor allem auch stets volle Zuschauerplätze garantiert hat, sollte man nicht einfach so opfern. Mir wurde gesagt, ja, man wolle die Operette frischer aufbereiten, auch die Jugend mehr herankommen lassen. Nun gut, wenn es so ist, dass man bereit ist, für vielleicht 100 bis 200 neue jugendliche Besucher ein paar Tausend ältere dazu zu bringen eben nicht mehr zur Operette nach Wunsiedel zu fahren, dann ist es ein richtiger Entschluss. In einem Gespräch wurde ich gefragt, ob ich zur Operette nach Wunsiedel wegen der Operette oder der Bühne Hellberg fahre. Dies ist ganz einfach zu beantworten, ich fahre nach Wunsiedel, weil es eine der schönsten Naturbühnen ist, die ich kenne und die ich deshalb auch so liebe und natürlich auch, weil ich die Garantie habe, mit der Bühne Hellberg Operette so gezeigt zu bekommen, wie sie die Zuschauer und Zuhörer über Jahrzehnte erfreut hat. Und verlorene enttäuschte Zuschauer zurückzuholen, ist sehr schwer.

Heinz Hellberg

Und dass die Luisenburg nicht immer ausverkauft ist, auch wenn die Bühne noch so toll ist, konnte man in diesem Jahr bei einigen Stücken feststellen. Es geht also nicht nur um den Ort, also das „wo“, sondern vor allem auch um das „wie“. Nächstes Jahr soll die „Fledermaus“ gezeigt werden, momentan steht noch nicht fest, von welcher Bühne oder Gruppierung, man sei mit einer holländischen Bühne in Kontakt! Wenn dies der Neuanfang der Operettenseligkeit auf der Luisenburg ist, dann habe ich einige Bauchschmerzen. Ich beende doch keine Erfolgsstory, ohne bereits einen einigermaßen adäquaten Ersatz zu besitzen, wie dies in der Presse fälschlicherweise bereits vor einigen Wochen angekündigt war. Ich werde im nächsten Jahr sicher erneut zur Luisenburg fahren, ob es dann nach 40 Jahren leidenschaftlicher Treue, meine letzte Vorstellung gewesen sein wird, wird sich zeigen. Man gibt ohne Grund eine feste Bank auf der Luisenburg auf und ich kann nur hoffen, dass im Auswahlgremium Leute mit Operettenverstand sitzen, aber da bin ich mir leider nicht ganz so sicher. Denn nur die Aussage man benötige eine „künstlerische Veränderung“ und dass bei den zurückliegenden Erfolgen, zeugt für mich nicht gerade von einem ausgeprägtem Musik- und Operettenverstand. Doch ich lasse mich im nächsten Jahr gerne eines Besseren belehren. Doch jetzt zur Hauptsache, zur letzten Operettenaufführung der Wiener Operettenbühne auf der Luisenburg. Und was war dies wieder für ein Spektakel, Standing Ovation am Schluss der spritzigen, launigen und mit einigen „Zusatzzuckerln“ versehenen Aufführung. Doch nun dazu mehr.

Stefan Reichmann – Alexander M. Helmer

Ein paar Worte erlaube ich mir zur Geschichte, denn der Walzertraum ist sicher nicht so allgemein bekannt wie andere Operetten. Der Komponist Oscar Strauss, geboren 1870 in Wien und verstorben und begraben 1954 in Bad Ischl hat mit der Strauss Dynastie um Johann & Co und auch mit Richard Strauß nichts zu tun. Aus diesem Grund änderte er auch seinen Nachnamen und nannte sich Straus, mit nur einem S. Er schrieb etliche recht schöne Operetten wie „Die lustigen Nibelungen“, „Der letzte Walzer“ und „Die Perlen der Cleopatra“, so richtig bekannt und berühmt wurde aber nur sein 1907 erschienenes Meisterwerk „Ein Walzertraum“. Der Wiener Hallodri Leutnant Niki wird ein bisschen gegen seinen Willen mit der steifen Prinzessin Helene von Flausenthurn verheiratet. Er, der Wiener Walzerseligkeit zugehörende fesche Wiener kommt mit den Lasten eines Prinzgemahls schlecht zurecht. Die Etikette am Hof schnürt ihm den Hals zu. Er klagt seinem Freund Leutnant Montschi sein Leid und büxt mit ihm in der Hochzeitsnacht aus, als er erfährt, dass eine Wiener Damenkapelle zu Ehren der Hochzeit im Lande ist. Er besucht das Gartenrestaurant und verdreht der Chefin der Wiener Damenkapelle Franzi Steingruber so richtig den Kopf, während sich sein Freund zu der Schlagzeugerin Fifi hingezogen fühlt. Er wird vom Hofstaat zurückgeholt, die Kapellenchefin Franzi, die ihrer Liebe zu ihm entsagen muss, gibt Prinzessin Helene Tipps, wie man fescher wird um einen Mann an sich zu binden und am Ende finden sich alle in der Walzermusik zusammen. Das Ganze hat Heinz Hellberg in eine träumerische Geschichte eingebunden. Niki schläft in Alltagskleidung zu Beginn der Operette ein, alles was dann kommt ist sein Traum, den das Publikum miterlebt und am Ende der Operette erwacht er und merkt, dass alles nur in seinem Kopf vorgegangen ist. Dies fügt sich ohne Probleme in das Stück ein und unterstreicht etwas den Traumcharakter.

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von dem in Miskolc in Ungarn geborenen László Gyükér, geleitet. Viel über ihn zu sagen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Ihm, der auch Dirigent der Volksoper Wien ist, liegt die Operette im Blut und man merkt in jedem Moment seine Liebe zu diesem Metier. Er begleitet die Sänger einfühlsam und sensibel und lässt das Orchester, wenn solche Rücksichten nicht genommen werden müssen, voller Temperament und Leidenschaft agieren und die Wogen der Musik über den Zuhörern zusammenschlagen. Lázló Gyükér lebt und atmet mit der Musik und dies wirkt sich auf das sehr gute Orchester der Operettenbühne Wien und auf die Sänger aus und erreicht dadurch auch das applausfreudige Publikum. Mit dieser Leidenschaft wünsche ich mir mehr Dirigenten, denn damit verhelfen sie der Operette zu ihrem Platz in der Musikwelt, die sie verdient.

Susanne Hellberg – Elisabeth Hillinger

Für die Regie und die Bühnenfassung des „Walzertraums“ zeichnet Heinz Hellberg verantwortlich und damit ist garantiert, dass man Operette in seiner besten Form geboten bekommt. Entstaubt aber authentisch. Das Bühnenbild ist einfach aber stimmig, eindrucksvoll, mit wenigen Umstellungen veränderbar und hier bietet ja die wunderschöne großräumige herrliche Felsenbühne die besten Voraussetzungen. Eine mehr als gute Arbeit. Ebenso eine tolle Leistung von Lucya Kerschbauer, die für die Kostüme zuständig ist. Farbenprächtig, den Wiener Schmäh auch auf die Kleidung übertragen, für einfach schöne Hingucker gesorgt, farbenprächtig und prachtvoll angepasst. Es macht einfach immer Freude sich die herrlichen Roben und Kostüme anzuschauen und zu bewundern. Wie praktisch immer bei der Operettenbühne Wien können auch Chor und Ballett mehr als überzeugen. Mit Leidenschaft und Eifer wird hier Operette geradezu zelebriert. In den bewährten Händen von Enrico Juriano liegt die Choreographie. Hier zeigen sich keine Schwachstellen, die Tänzerinnen und Tänzer tragen sehr viel zum Erfolg dieses Operettennachmittags bei. Eine exzellente Leistung vollbringt auch die für die Maske zuständige Mioara Dumitrescu, bei welcher man die jahrelange Erfahrung richtiggehend sehen kann.

Leutnant Niki wird von dem jungen feschen österreichische Tenor Stefan Reichmann dargeboten. Er setzt seinen schlanken, hellen, strahlenden Tenor, der die notwendige Ausstrahlungskraft und Wärme und auch entsprechendes Feuer besitzt ein und kann damit auch in den Duetten punkten. Er hat sich in den letzten Jahren immer weiterentwickelt und wenn er darstellerisch noch ein kleines bisschen mehr aus sich herausgehen würde, gäbe es in seinem Fach nicht allzu viel Konkurrenz. Er scheint für die Bühne wie geschaffen und nimmt auch das Publikum für sich ein, welches mit großem Applaus für ihn nicht geizt. Seine Prinzessin Helene ist die Wienerin Ella Tyran. Sie besitzt einen höhensicheren, schönen, schlanken und durchschlagskräftigen Sopran, den sie gekonnt einsetzt und mit dem sie, sowohl in den Soli als auch den Duetten punkten kann. Und sie hat das erste „Zuckerl“. Unter dem Jubel des Publikums singt sie aus der Operette „Eine Nacht in Venedig“ das berühmte „Schwipslied“ und sie interpretiert es vorzüglich. Und sie macht großen Eindruck damit und es passt auch nahtlos in die Aufführung. Ein Abschiedsgeschenk von Heinz Hellberg an sein Publikum.

Das nächste „Zuckerl“ kommt auch. Heinz Hellberg tritt auf dem Fest auf und interpretiert in seiner unnachahmlichen Art und Weise das „Fiakerlied“. Dieses Lied, 1885 von Gustav Pick getextet und vertont, dürfte eines der bekanntesten Wiener Lieder sein und Heinz Hellberg bekommt für seine warmherzige Gestaltung dafür langanhaltenden herzlichen Applaus. Man spürt einfach die Chemie, die zwischen dem Publikum und ihm besteht. Ein weiteres Abschiedsgeschenk.

Als Franzi Steingruber, Chefin der Wiener Damenkapelle, weiß Elisabeth Hillinger besondere Akzente zu setzen. Die österreichische Sopranistin besitzt einen hellen, klaren, schönen und warmen Sopran, den sie beeindruckend einzusetzen weiß und überzeugt auch mit natürlichem und gefälligem Spiel. Ganz besonders freue ich mich immer, wenn ich den Wiener Bariton Viktor Schilowsky erleben darf. Von ihm habe ich in den zurückliegenden Jahren noch nie eine schlechte Rollenverkörperung erlebt und auch heute, in einem beeindruckenden Rollenporträts als regierender Fürst von Flausenthurn, Joachim XIII kann er wieder voll überzeugen. Mit seinem kräftigen und durchschlagenden Bariton, den er schönstimmig, weich und einschmeichelnd darzubieten weiß, kann er mehr als zu überzeugen. Ganz besonders schön ist jedoch, dass ihm ein weiteres Abschiedszuckerl zukommt, er gestaltet in wunderbarer Art das alte Wienerlied von Josef Fiedler „Mein Herz, das ist ein Bilderbuch vom alten Wien“. Langanhaltender Applaus für einen Künstler, den man öfter in größeren Rollen erleben möchte, der mit diesem Wienerlied zurückhaltend und einprägsam gestaltet, für weiteren starken und mehr als verdienten Applaus sorgt. Dass er darstellerisch hervorragend agiert, braucht wohl erst nicht gesagt zu werden.

er aber dennoch nicht mehr zu singen hat. Für mich ist es immer eine Freude ihn zu erleben, ihn, der auch darstellerisch keinerlei Probleme hat und alles, was er auf der Bühne zeigt, vollkommen beeindruckend herüberbringt.

Ella Tyran – Elisabeth Hillinger – Viktor Schilowsky – Elfie Gubitzer – Jan Reimitz

Alexander M. Helmer, der Wiener Kavaliersbariton kann sich als Leutnant Montschi, dem Freund von Niki ins rechte Licht setzen. Er sorgt mit durchschlagskräftigem, warmem und weichem Bariton für ein weiteres Highlight der Aufführung. Darstellerisch genau der Wiener Hallodri, den er verkörpert. Er besitzt eine große Bühnenpräsenz und kann diese auch voll ausspielen. Seine Stimme, die vor einiger Zeit etwas angegriffen klang, hat sich völlig erholt und beeindruckt in allen Passagen. Er ist sehr angetan von der Schlagzeugerin der Wiener Damenkapelle und hier zieht Susanne Hellberg als Fifi, alle Register ihres Könnens und auch ihrer Erfahrung. Sie hat eigentlich ständig Hunger, zeigt dies auch ständig und hat durch ein Kissen, welches ihre Körperfülle vortäuschen soll, den entsprechenden Umfang. Ihre Bühnendarstellung ist hervorragend und man hat den Eindruck, dass sie mit den Jahren immer besser wird, In der zarten Person (wenn man mal das Kissen abzieht) steckt so viel Spielfreudigkeit, soviel Leidenschaft, soviel Humor, dass man immer wieder nur beeindruckt sein kann. Ihr leichter stimmschöner und klangvoller Sopran weiß nach wie vor voll zu überzeugen und man freut sich deshalb besonders, dass ihr das letzte Zuckerl zugedacht ist. Von Ralph Benatzky gestaltet sie den „Mehlspass“, also das reizende Lied, ja fast ein Couplet „So a Mehlspeis, so a Kaiserschmarrn“. Man bekommt im Publikum richtig Appetit, aber leider werden die vollen Teller wieder rausgetragen. Ich habe dies schon einmal niedergeschrieben, und man kann es nicht oft genug wiederholen, Susanne Hellberg ist die gute Seele der Truppe, bei der man den Eindruck hat, dass sie alles kann und alles im Griff hat. Man kann nur bewundern, dass diese einmalige Künstlerin, die seit vielen Jahren die Stütze der Wiener Operettenbühne ist, scheinbar von Jahr zu Jahr agiler wird und nicht zu altern scheint. Der in Wetzlar geborene Jan Reimitz setzt als Graf Lothar vor allem komödiantische und darstellerische Akzente. Mit einem Humor, der direkt und ohne Umwege beim Publikum ankommt, und seiner schlaksigen Gestalt, weiß er das Publikum für sich einzunehmen und bietet eine ganz tolle Leistung und besticht auch mit tollem Stepptanz. Zuletzt die Paradeleistung als Oberhofmeisterin Friederike der österreichischen Schauspielerin und Sängerin von Elfie Gubitzer. Sie liebt den Alkohol, holt sich so manches Likörchen aus einem Geheimversteck und trinkt unter dem Jubel des Publikums einen Liter Bier in Rekordzeit aus. Dazu besitzt sie eine warme gefällige Altstimme, die sie gekonnt einsetzt. Eine Vollblutkomödiantin, die ebenfalls den verdienten Applaus des Publikums bekommt. Langanhaltender, äußerst herzlicher und begeisterter Beifall für die Wiener Operettenbühne. Als dann Prof. Heinz Hellberg nochmals vor sein Publikum tritt, sich für 20 Jahre Treue bedankt und mit dem ausverkauften Haus „Sag beim Abschied leise Servus“ singt, werden nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Publikum einige Tränen verdrückt. Heinz Hellberg und seiner Wiener Operettenbühne auch von hier ein ganz herzliches Dankeschön für 20 Jahre Operettenseligkeit auf der wunderschönen Felsenbühne in Wunsiedel. Wir werden den Wiener Charme mit Sicherheit vermissen und wünschen der Bühne alles erdenklich Gute für die Zukunft.

 

Manfred Drescher, 25.08.2019 

Fotos Eigenaufnahmen

 

 

„Gräfin Mariza“

wirbelt über die Felsenbühne in Wunsiedel dass es eine wahre Freude ist

 

Operettenbühne Wien im Wetterglück bei besuchter Vorstellung am 18.08.2018

Die Operettenbühne Wien unter Prof. Heinz Hellberg gastiert mit der spritzigen Erfolgsoperette „Gräfin Mariza“ in der wunderschönen und eindrucksvollen Felsenbühne

Inzwischen gehört die Operettenbühne Wien längst nach Wunsiedel. Die Truppe um Heinz Hellberg ist seit vielen Jahren mit großem Erfolg auf der Felsenbühne heimisch. Seit 19 Jahren in Folge spielt man hier, freuen wir uns auf nächstes Jahr, dann hat man hier 20jähriges Jubiläum und insgesamt 23 Jahre besteht dann die Operettenbühne Wien. So lange kann man sich nur halten, wenn man immer wieder Spitzenqualität abliefert und seine Zuhörer und Zuschauer begeistert und mitreißt. Und bei der Bühne Hellberg ist es so, man freut sich am Schluss der jeweiligen Aufführung immer wieder gleich auf das nächste Jahr, und Heinz Hellberg bringt im Jubiläumsjahr die wunderschöne und leider nicht sehr häufig gespielte Oscar Strauss Operette „Ein Walzertraum“ mit. Am heutigen Nachmittag begrüßt der Chef der Operettenbühne Wien auf seine unnachahmliche charmante Wiener Art das Publikum, und der Satz, der den meisten Applaus erhält ist: „Es regnet nicht!!“. Und trotz angekündigtem schweren Regen bleibt es bis zum Schluss ein Kaiserwetter, so wie auch bei den vorangegangenen Aufführungen. Nichts stört die herrliche Musik bis auf ein ständiges unangenehmes Rauschen, was mich an einen Wasserfall erinnert, was für mich äußerst unangenehm ist und vielleicht von einer Klimaanlage kommt? Auf jeden Fall sollte man hier versuchen für Abhilfe zu sorgen. Bei der Musik und den Arien bekommt es nicht so mit, aber bei den leisen Stellen, den Dialogen, ist es schon sehr störend. Aber das ist auch der einzige Wehrmutstropfen, der an diesem Nachmittag in den Wein geschüttet werden muss. Die Inszenierung, die Aufführung, die Sänger, die Tänzer, das Orchester, alles in Höchstform und alles blendend aufgelegt. Doch nun der Reihe nach.

Heinz Hellberg (Bild rechts) der für die Regie und die Bühnenfassung verantwortlich ist, macht keinerlei Experimente, er will und muss sich nicht selbst verwirklichen, stellt sein Ego nicht über die Musik, sondern will die Operette so darbieten, wie sie gedacht ist und komponiert wurde. Mitreißend, lebendig, leidenschaftlich und ohne irgendwelche Sperenzchen. Das begeisterte Publikum merkt dies, merkt, dass hier die leichte Muse mit Herzblut und Leidenschaft dargeboten wird und dass man sie so behandelt, wie sie es verdient hat. Ich hatte diesmal einige sehr junge Freunde dabei, das erste Mal in einer Operette, völlig begeistert und sie haben mir gesagt, dass sie im nächsten Jahr aus jeden Fall wieder dabei sein werden. So gewinnt man die Jugend zur Operette, wenn schon unsere Fernseh- und Rundfunkanstalten nicht in der Lage sind, die gesamte Palette der Musik anzubieten, denn die Operette in erster Linie und auch die Oper fristen hier ein jämmerliches Mauerblümchendasein. Das hat die Operette nicht verdient und ein paar jugendliche und ach so supercoole Redakteure, die nie in ihrem Leben in einer Operette waren, sollten sich einmal überlegen, ob der Kulturauftrag, den man hat, und für den man hoch bezahlt wird, nicht auch die leichte Muse umfassen sollte, nein, umfassen muss. Warum bäumt sich das Operettenpublikum nicht endlich einmal auf und bombardiert die Sender mit Leserbriefen, Anschreiben, Kommentaren und ähnlichem, um endlich dafür zu sorgen, dass diese Musikform, die so vielen zigtausend Menschen Freude Vergnügen und Spaß bringt, nicht verschwindet. Die so oft totgesagte Operette lebt nämlich – und wie – und vor allem, wenn sie so dargeboten wird wie von der Operettenbühne Wien.

Hinreichend bekannt sein dürfte die Geschichte des Grafen Tassilo, der all seine Güter verkauft um die Schulden der Familie zu tilgen und sich als Gutsverwalter verdingt, um seiner geliebten Schwester eine standesgemäße Aussteuer zu ermöglichen. Er verliebt sich unsterblich in Gräfin Mariza, der Gutsherrin, und seine Schwester Lisa in den Baron Koloman Zsupan. Dieser wurde als Verlobter von Mariza erfunden, ohne dass sie wusste, dass es ihn wirklich gibt, um ihre vielen Verehrer abzuhalten. Nach vielen Irrungen und Verwirrungen finden sich am Schluss alle Paare, so wie es einfach in einer guten Operette zu sein hat. Graf Tassilo, dessen Tante seine verkauften Güter zurückgekauft hat, bekommt seine Mariza und Baron Koloman Zsupan will sein Eheglück mit Lisa, der Schwester des Grafen eingehen und alle sind glücklich und zufrieden. Und all dies wird gekrönt von mitreißender Musik, mit herrlichen ins Ohr gehenden Arien und unsterblichen Duetten, die ohne Umwege direkt in die Herzen des Publikums finden. Ein Publikum, welches für ein paar Stunden seine Alltagssorgen vergessen kann, abschalten, einfach nur entspannen und sich von dem herrlichen Zauber der Musik umschließen lässt. Fröhlich, die „Schlager“ der „Gräfin Mariza“ nachpfeifend verlässt man wohlgemut die Felsenbühne und freut sich, solch ein wunderbares Erlebnis gehabt zu haben. Man ist einfach nur glücklich und auch dies ist ein Grund, warum die gute alte Operette weiterleben muss und nicht aussterben darf.

Anete Liepina, David Hojsak

Lazlo Gyüker, leitet das Orchester der Operettenbühne Wien. Er ist ein ausgesprochener Operettenkenner und Operettenkönner und ein Dirigent, der weiß, was er seinen Musikern, aber auch seinen Sängern zumuten kann. Mit leidenschaftlichem Feuer lässt er die orchestralen Wogen sich erheben und über den Zuschauer zusammenschlagen. In dem Moment jedoch, wo er merkt, dass einer der Sänger ein bisschen Unterstützung benötigt, nimmt er diese Wogen behutsam zurück, um den Sängern etwas mehr Spielraum zu gewähren. Er ist in jedem Moment darauf bedacht, das bestmögliche aus diesem seinem Orchester herauszuholen und dies auch mit zur vollsten Unterstützung der Sängerdarsteller. Man merkt ihm an, mit welcher Leidenschaft, welchem Engagement, aber auch mit welchem musikalischem Feingefühl er bei der Sache ist und sein Orchester über mögliche Klippen hinweghilft. Die wunderschöne, einfühlsame und ausdrucksvolle Musik Emmerich Kálmáns wird von ihm mit Begeisterung dem Publikum nähergebracht und er wird förmlich eins mit seinen Musikern. So und keinen Deut anders muss Operette aufgeführt werden und so geht sie auch direkt in die Herzen der Zuhörer und Zuschauer. Wenn ich mitbekomme, dass Lazlo Gyüker das Orchester leitet, weiß ich, dass mir Spitzenklasse geboten wird. Das Bühnenbild wird von Adrian Boboc eindrucksvoll auf die Felsenbühne gebracht und deren riesige größenmäßige Gegebenheiten vollkommen in die Inszenierung eingebunden. Der Spielraum, der hier auf der imposanten Felsenbühne vorhanden ist, wird aufs vortrefflichste ausgenutzt, eine reife Leistung. Eine klasse Leistung auch von Lucya Kerschbauer, die für die Kostüme zuständig ist und farbenfroh, stimmig und eindrucksvoll einige ganz prächtige Hingucker präsentiert. Für die Choreographie zeigt sich Enrico Juriano verantwortlich und der Chor und auch das schmissige Ballett der Operettenbühne Wien können voll überzeugen.

David Hojsak, Viktor Schilowsky

Sandor Domoszlai, der ungarische Tenor, gestaltet den Grafen Tassilo Endrödy-Wittenburg. Er hat einen kräftigen, aber auch weichen und warmen, stimmschönen Tenor, der in der Höhe glanzvoll schmelzend zu strahlen vermag und auch alle Höhen problemlos erklimmt und der vom Publikum entsprechend gefeiert wird. Als Mariza kann die Koloratursopranistin Kerstin Grotrian voll überzeugen. Ihre Ausstrahlung ist schon einmal der erste Pluspunkt, ihr gut geführter, natürlicher und frischer Sopran umschmeichelt die Kalmannsche Musik. Mit klarem, voluminösem, stimmsicherem und stimmschönem Sopran weiß sie ihren Grafen, aber auch das Publikum voll um den Finger zu wickeln. Sowohl in den Soli als auch in den Duetten kann sie all ihre stimmliche Leidenschaft zeigen und zu Recht großen Applaus ernten.

Als zweites Paar wirbeln die junge in Riga in Lettland geborene Anete Liepina und ihr völlig ebenbürtiger Partner der in Ptuj in Slowenien zur Welt gekommene David Hojsak auf der Bühne herum, dass es eine wahre Freude ist. Bei beiden ist eine unheimliche Spielfreude zu erkennen, die das Publikum beeindruckt und sich auch auf dieses überträgt. Man merkt ihnen einfach die Lust am Singen, spielen und tanzen an, sie ergänzen sich auch wunderbar und sind das mit vielen Bravorufen bedachte Paar auf der Luisenburgbühne. Anete Liepina ist einfach ein Hingucker, anders ausgedrückt, sie ist reizend anzusehen und bringt das Herz so manches Besuchers etwas zum schnelleren Schlagen. Darüber hinaus besitzt sie einen vollen runden ausdrucksstarken schönen und weichen Sopran der weit über der einer Soubrette hinausgeht. Dann wirbelt sie auch noch über die Bühne, dass es eine wahre Freude ist und sie steckt mit ihrer guten Laune einfach alle an, die Mitkollegen, aber auch das Publikum, welches sich blendend unterhält. David Hojsak ist einfach ein Buffo par excellence. Er sieht gut aus, er spielt gut, er tanzt und wirbelt auf der Bühne dass es eine wahre Freude ist und er ist einfach mit Leib und Seele bei der Sache, man merkt ihm und auch seiner kongenialen Partnerin an, dass sie einfach Spaß und Freude an ihrer „Arbeit“ haben und dies überträgt sich auf das begeisterte Publikum. Stimmlich habe ich in den letzten Rezensionen immer angeführt, dass er noch ein kleines bisschen zu zurückhaltend ist, dass dies aber von Aufführung zu Aufführung besser würde. Und bei dieser Mariza merkt man, wie sehr er an sich gearbeitet hat. Seine Stimme ist wesentlich kräftiger, durchschlagender, voller und runder geworden, so wird er einer der ganz großen in diesem Metier. Die beiden sind neben dem Paar Mariza und Tassilo die Garanten für eine blendend laufende und vom Publikum überschwänglich gefeierte Operette. Wie immer, in allen Rollen nicht nur rollendeckend, sondern rollenbeherrschend, auch diesmal wieder Viktor Schilowsky als Fürst Moritz Dragomir Populescu. Man hört und schaut ihm einfach gerne zu und dazu besitzt der Wiener Bariton eine voluminöse, wohltönende volle Stimme, die er auch, selbst in dieser doch recht kleinen Rolle, voll einsetzt. Darstellerisch brauche ich nicht viele Worte zu verlieren, auch hier wieder eine Sonderklasse. Ohne Fehl und Tadel auch die Wienerin Sylvia Denk als Fürstin, die alles, was überhaupt nur machbar ist aus ihrer kleinen Rolle herausholt und zum Gesamtgelingen der Aufführung einiges beisteuern kann. Ein Komiker aus der ersten Reihe ist der aus Kärnten in Österreich stammende Gerhard Karzel der als Penizek, Kammerdiener der Fürstin, das Publikum nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch zum schallenden Lachen bringt. Selbst in diese doch so kleine Rolle bringt er so viel Theaterleidenschaft, soviel Herzblut ein, dass man nur beeindruckt applaudieren kann. Iavor Radaovanov ist als Teschekko, der Diener von Mariza, immer präsent und bringt eine schöne Leistung auf die Bühne, ebenso wie Zornitza Gerginia die ihre Arie stimmlich tadellos anbietet.

Gerhard Karzel, Slvia Denk, Laszlo Gyüker, Kerstin Grotrian, Sandor Donmoszlai, Anete Piepina, David Hojsak

Großer, herzlicher und langanhaltender Beifall für die Operettenbühne Wien und seine Protagonisten. Meine Freunde und ich freuen uns schon heute, wenn im nächsten Jahr zum 20jährigen Jubiläum der „Walzertraum“ auf dem Programm stehen wird. Darauf freut sich das ganze Operettenpublikum, welches der Wiener Operettenbühne sehr treu ist, die wieder einmal ihr Publikum nicht nur überzeugt und fröhlich gemacht, sondern sie regelrecht begeistert und mitgerissen hat. So wollen wir Operette sehen und hören, so macht sie Spaß und so wird sie noch sehr lange leben.

Manfred Drescher, 19.08.2018  

Fotos (c) Der Opernfreund, M. Descher

 

 

 

 

Zum Zweiten

DIE CSARDASFÜRSTIN

Besuchte Vorstellung: 12.08.2017

Glanzvolle Aufführung der „Csárdásfürstin“ auf der Felsenbühne in Wunsiedel bringt das Publikum zum Kochen – und das trotz der Kälte

 

Beste Aufführung einer „Csárdásfürstin“, an die ich mich erinnern kann.

Mein geschätzter Kollege Frank Piontek hat ja bereits eine ausführliche Rezension (siehe unten!) erstellt, ich kann mich deshalb auf Schwerpunkte beschränken. Ich bin am Nachmittag des gleichen Samstags in Wunsiedel (er am Abend) und habe hier mit vielen meiner Freunde, fast 100 Personen aus Bamberg und Umgebung sind mitgefahren, eine fulminante Aufführung erlebt, mit teilweise anderen Hauptdarstellern.

Die Operettenbühne Wien Heinz Hellberg, ist in diesem Jahr wahrlich nicht vom Wetter begünstigt. Die Premiere für eine lange Zeit unterbrochen, da der Regen die Musik übertönt und die folgenden drei Vorstellungen alle mit größeren und kleineren Unterbrechungen versehen. Hochachtung für eine, ich möchte fast sagen, besessene Truppe, die für wenig Geld alles gibt um ihr Publikum zu erfreuen. Bei solchem Wetter spielen die meistern Freilichtbühnen nicht mehr sondern brechen ab. Ich kann kurz mit Heinz Hellberg sprechen und er sagt mir, „das Publikum hat gezahlt, es pilgert auf die Felsenbühne und will für sein Geld auch etwas sehen. Und da müssen wir alles geben, damit dieses, unser Publikum zufrieden ist. Und auch wenn wir tropfnass sind und mit Erkältungen kämpfen. Wir sind glücklich und stolz, wenn wir den Applaus unseres Publikums für unsere Leistung bekommen.“

Die besuchte Vorstellung am Samstagnachmittag ist die erste, die ohne Unterbrechung durchgespielt werden kann, kein Tröpfchen Regen fällt, der kommt erst wieder am Abend, als mein Kollege in der Vorstellung sitzt. Und was für einen sensationellen Nachmittag erleben wir. Eine so schmissige mitreißend gespielte und gesungene Operette, habe ich schon lange nicht mehr erlebt, meine Mitfahrer schwärmen den ganzen Abend davon, als wir die Erlebnisse bei einem guten Essen noch einmal Revue passieren lassen können. An diesem Nachmittag hat einfach alles gepasst und bei solch grandiosen Aufführungen wird die so oft totgesagte Operette niemals sterben.

Domoszlai-Galambos-Jahrmann-Hojsak

Die Inszenierung ist, wie man es von Hellberg gewohnt ist, so wie sie ursprünglich geschrieben wurde, nichts wird hineingedeutet, niemand, schon gar nicht Heinz Hellberg, will sich selbst verwirklichen, sein Ego über das Werk stellen. Nein, man will einfach nur unterhalten, einige Stunden von den Alltagssorgen ablenken und mitreißende Stimmung verbreiten - und dies ist in jeder Weise gelungen. Hellberg inszeniert die Operette in der authentisch ungarisch-wienerischen Form – und er tut gut daran, manches ist ein kleines bisschen bearbeitet, musikalisch aufgefrischt und den Erfordernissen der wunderschönen Felsenbühne angepasst worden. So bringt Operette pure Freude, so gelangt sie ohne Umwege in die Herzen ihres Publikums. Und obwohl die Operette beharrlich totgeschrieben wird, von den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten gnadenlos fast total aus dem Fernsehen und auch aus dem Rundfunk äußerst stark vertrieben wurde, lebt sie frischer denn je bei solchen Aufführungen. Der öffentlich - rechtliche Auftrag umfasst für mich auch die verdammte Pflicht und Schuldigkeit dieses Kulturgut zu pflegen und zu hüten. Es muss ja nicht so oft sein, wie in den 60 und 70er Jahren, aber diese Musikgattung ganz totschweigen geht einfach nicht. Und ich vermisse den Aufschrei, auch per Brief, Fax oder Mail, bei den Anstalten, mit der eindeutigen Aufforderung, diese Kunstform nicht der Vergessenheit preiszugeben. Bei einem Gespräch hat mir einmal ein Redakteur gesagt, na diesen alten Blödsinn mag ja eh keiner mehr. Ich hatte heute an diesem Samstagnachmittag einige jugendliche Gäste dabei, die das erste Mal bei einer Operette waren und die hellauf begeistert aus der Luisenburg gezogen sind und mit Sicherheit im nächsten Jahr wieder dabei sein werden. Schreiben wir doch einmal an unsere Fernseh- und Rundfunkanstalten und zeigen wir, dass wir die Operettenliebhaber keine aussterbende Rasse sind. Unsere Jugend wird sich mit Sicherheit auch dafür begeistern, wenn auch in überschaubaren Teilen, man muss es ihr aber auch erst einmal präsentieren. Sie muss die Möglichkeit haben, dies auch in Funk- und Fernsehen zu erleben. Warum kann man nicht die vielen Schätze aus den lange zurückliegenden Jahren einfach wiederholen, oder wie früher im ZDF-Musikkanal oder einem anderen Kanal offerieren. Es wird so viel Geld verschleudert für Sendungen, bei denen man nur den Kopf schütteln kann, da werden doch hier ein paar Silberlinge möglich sein. Ein ganz großes Dankeschön an dieser Stelle an Heinz Hellberg und die vielen anderen Tourneenveranstalter und an die Bühnen unserer Städte, die die Operette noch pflegen und damit auch heute noch ein nicht zu kleines Publikum begeistern können. Doch nun zum Stück.

Jahrmann-Hojsak

Die Kostüme von Lucia Kerschbaumer sind besonders auf der einmaligen Umgebung der Felsenbühne wunderschön anzusehen, prächtig beleben sie das Geschehen auf der riesigen Bühne. Das Bühnenbild, für das Adrian Boboc verantwortlich zeichnet, ist stimmig, mit geringen Mitteln wird hier Optimales erzeugt. Ein großes rotes Sofa, ein geschmackvoller Blumenkübel, Skulpturen, alles passt nahtlos. Der Funken springt über, über auf ein Ensemble, bei welchem es keinen einzigen Ausfall gibt.

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von einem ausgesprochenen Kenner der Operette, nämlich Laszlo Gyükér geleitet. Er, den ich vor kurzem noch in Bad Ischl bei den Lehárfestspielen bewundern konnte, hat auch heute das gut aufgelegte und beschwingt aufspielende Orchester fest im Griff. Auch wenn die Lautsprecheranlage zuweilen etwas Probleme bereitet (zB. kommt Boni von rechts auf die Bühne und links hört man dabei seine Worte, beim Gesang kommt es Gott sei Dank zu keinen solchen Problemen), wird schwungvoll musiziert. Gyükér lässt sein Orchester jubeln und auch lautstark galoppieren um es dann jedoch auch wieder sängerdienlich zurückzunehmen, wenn es erforderlich ist. Er hat im kleinen Finger eine Unmenge Musikalität und ich freue mich immer wieder ihn am Pult zu erleben. Melodienreichtum und Walzerseligkeit lassen das Publikum dahinschmelzen, selbst wenn es wie heute Nachmittag nicht sonderlich warm ist, sondern man im Gegenteil doch etwas frösteln muss und dieses Publikum kann im Walzerrhythmus nur begeistert applaudieren und das tut es ausgiebig. Es ist eine schmissige und schwungvolle Aufführung, an der es nicht das Geringste auszusetzen gibt. Sowohl darstellerisch als auch musikalisch erlebt man Operette aus einem Guss, wie sie leider nur noch ganz selten aufgeführt wird. Und dann kommen wir zu dem Wichtigsten an einer guten Operette, den Sängern und hier an diesem Nachmittag ist ebenfalls ein Glücksfall zu verzeichnen.

Galambos-Domoszlai

Als Csárdásfürstin Sylva Varescu die Ungarin Lilla Galambos auf der Bühne. Sie bezaubert in jeder Beziehung. Neben einem lebendigen frischen Spiel steht ihr ein silbriger höhensicherer leuchtender klarer und ausdrucksvoller Sopran zur Verfügung, ihre blitzsauberen Koloraturen reiht sie wie eine Perlenkette aneinander, eine mehr als nur beeindruckende Leistung. Dass sie daneben auch noch bildschön ist, sei auch noch am Rande erwähnt. Bei einer solchen Sylva schmilzt nicht nur das Herz ihres Edwins dahin, nein die Herzen der anwesenden Herren im Publikum schlagen auch wesentlich aufgeregter wie sonst und trotz der Kühle in Wunsiedel wird es ihnen warm um dieses Herz. Heinz Hellberg hat sich hier einen wahren Schatz in sein Ensemble geholt und man freut sich heute schon auf die „Gräfin Mariza“ im nächsten Jahr. Sandor Domoszlai, der ebenfalls aus Ungarn stammende Tenor hat es bei einer solchen Sylva natürlich schwer, aber er setzt seinen kräftigen gutgeführten, alle Höhen der Partie leicht erklimmenden Tenor so gut ein, dass er ihr ebenbürtig ist und die Duette der beiden gehören zu den Glanzlichtern des heutigen Nachmittags. Das Buffopaar knüpft an die Leistungen der beiden Hauptprotagonisten nahtlos an. Die junge, gebürtige Linzerin Elisabeth Jahrmann ist nicht nur ebenfalls ein Hingucker, sondern sie erfindet das Soubrettenfach neu. Nicht nur, dass sie auf der Bühne herumwirbelt, ihrem Boni den Kopf verdreht, nein, sie hat auch einen wunderschönen Sopran, der über die Soubrette hinausgeht. Kraftvoll, stimmschön, warm und mit einer ausgezeichneten Höhe beeindruckt sie nicht nur ihren Boni sondern auch das Publikum, das ihr und Sylva im übertragenen Sinne zu Füssen liegt. So macht Operette einfach nur Spaß. Zusammen mit ihrem Partner auf der Bühne, dem aus Slowenien stammenden David Hojsak als Graf Boni sind sie, neben Sylva und Edwin, die eindeutigen Lieblinge des Publikums. Vom darstellerischen und auch der tänzerischen Seite weiß David Hojsak vollstens zu überzeugen, seine humorvolle Art, sein lausbubenhafter Charme reißt das Publikum mit. Wenn er sich in der Zukunft stimmlich noch etwas steigern kann, momentan ist er mir hier noch etwas zu leichtgewichtig, wird er in seinem Fach zu den ersten Kräften zählen. Ich weiß, dass das Publikum diese kleine Einschränkung an diesem heutigen Nachmittag völlig anders sieht, aber er ist für mich ein tänzerisch, darstellerisch weit überdurchschnittlicher Künstler, wenn er noch ein bisschen an der Stimmgewalt feilt, wird er zu einem der besten Buffos werden und solche brauchen wir dringend. Das Publikum mitreißen kann er schon vorzüglich, sowohl bei seinen Soloauftritten als auch in seinen Duetten mit seiner Stasi. Auf jeden Fall sind beide ein klasse Buffopaar, an welchem man einfach nur seinen Spaß hat.

Einen hervorragenden Bonvivant, einen in den Tag hineinlebenden Schwerenöter, aber auch weisen und mahnenden Feri Bácsi bringt der Ungar Csaba Fazekas auf die Operettenbühne. Sein schöner voller kräftiger Tenor weiß zu überzeugen und füllt jeden Zentimeter seiner Rolle aus. Zu Recht wird auch er gefeiert. Er verkörpert den alternden Schwerenöter auf das trefflichste und man möchte ihn gerne auch einmal in einer größeren Rolle sehen. Gefeiert wird auch das Fürstenpaar, welches von Viktor Schilowsky und Judith Bellai, weit über das normale Maß hinaus ausgelebt wird. Sie sind beide eine Luxusbesetzung für diese kleinen Rollen und füllen sie mit jeder Faser ihres Körpers aus. Judit Bellai zeigt dabei in Spitzenunterwäsche, was sie noch alles so drauf hat und schade, dass man ihr nicht wenigstens ein kleines Couplet gegeben hat. Iavor Radovanov als General Rohnsdorf und Mario Renev als Kiss und als Notar sind in ihren kleinen Rollen ohne Fehl und Tadel und gliedern sich in das exzellente Ensemble nahtlos ein.

Fazekas-Gyükér-Galambos

Fast nicht endend wollender Applaus am Ende eines beschwingten, heiteren, aufregenden, humorvollen sowie erfrischenden Nachmittags, bei welchem die außergewöhnlichen Stimmen der Hauptakteure noch lange im Gedächtnis bleiben. Ich habe schon sehr viele Csárdásfürstinnen gesehen, dies aber war mit Abstand einer der besten, an die ich mich erinnern kann. So macht die Operette unbeschwerten Spaß und ich freue mich heute schon auf nächstes Jahr in Wunsiedel, dann wird Heinz Hellberg „Gräfin Mariza“ mitbringen.

Manfred Drescher    14.08.2017                            

Fotos (c) Der Opernfreund

 

DIE CSÁRDASFÜRSTIN

Besuchte Vorstellung: 12.8. 2017

Kálmán Imre, bei uns besser bekannt unter seinen eingedeutschten Namen „Emmerich Kálmán“, war, wie nicht nur der ungarische Musikwissenschaftler Ferenc Bonis meinte, ein Genie. „Die Csardásfürstin“ gilt bei Kennern nicht nur deshalb als herausragendes Stück, weil sie „so viele schöne Melodien hat“, sondern weil sie, wie kaum ein anderes Werk dieser wunderbaren Gattung, die Zeit wie in einem Brennspiegel eingefangen hat. Kein Wunder, dass Peter Konwitschny dieses Werk bei seiner Dresdner Aufführung unvergesslichen Angedenkens als tieftraurigen, aber auch grotesken Abgesang auf das Vorkriegseuropa inszenieren konnte.

Wer sich eine Inszenierung der Operettenbühne Wien, die nun schon seit 1999 auf der Luisenburg gastiert, im Wald anschaut, erwartet natürlich keine dezidierte Deutung, sondern einfach nur gute Unterhaltung. Man solle, so Heinz Hellberg bei seiner üblichen kleinen Ansprache, „die Alltagssorgen vergessen“. Auf Wikipedia kann man es ja nachlesen: „Die Inszenierungen der Operettenbühne Wien gelten als konventionell und 'werktreu'. Sie orientieren sich dabei an der Erwartungshaltung und den Sehgewohnheiten eines im Allgemeinen älteren Abonnement-Publikums. Die Grundstruktur der Urfassung der jeweiligen Operette bleibt stets erhalten. Die Dialoge werden von Hellberg jedoch teilweise modernisiert, umgeschrieben und den Bedürfnissen einer Tourneeproduktion angepasst.

Die Operetten werden teilweise auch musikalisch leicht bearbeitet und mit modernen Arrangements versehen.“ Damit ist so ziemlich alles über die Art und Weise der Inszenierungen des Intendanten Heinz Hellberg gesagt, der sein Luisenburger Publikum seit bald 20 Jahren erfreut. „Die Csárdasfürstin“ wird hier nicht auf ihren melancholischen Urgrund hin untersucht, sondern auf ihren melodischen und – mit Ausnahmen - eher oberflächlich zelebrierten Charme einer locker angehauchten Tragik reduziert – aber das Stück hält es aus. Die Natur spielt immer mit – selbst dann, wenn es, wie auch an diesem Abend, im kühlen Grün unaufhörlich regnet; man muss alle Sänger einschliesslich des Chors und die Tänzerinnen bewundern, die unter diesen Umständen – und vermutlich für eine sehr kleine Gage – Derartiges leisten, indem sie sich ihre hübschen Rückseiten abfrieren: auch zweimal täglich. Trotzdem bleiben die Bilder, die in dieser traumhaft schönen und herrlich ausgeleuchteten Kulisse geschaffen werden, ein Plus aller Aufführungen. Toll sind ja schon die Auftritte, die hoch oben von Statten gehen. Wenn Csaba Fazekas alias Feri Básci auf dem Felsen steht und als überaus überzeugender Grandseigneur der Vorkriegswelt – früher nannte man das: eine Erscheinung - den zweiten Akt einleitet, wenn die fürstlichen Blumenkübel und die halbnackte Gartenskulptur einer (frierenden?) Steinfrau unmerklich in die Natur übergeht, triumphiert das Bühnenbild (Adrian Boboc) und das Licht über die Unwirtlichkeit der klimatischen Verhältnisse, wie sie Mitte August im tiefen Fichtelgebirge herrschen können. Und ein rotes Sofa macht sich, neben den geschmackvollen weißen Damenkleidern des Mittelakts (Lucya Kerschbaumer), einfach nur gut aus. Im Grunde also lautet die Frage in der Luisenburg immer nur: Wie wurde gesungen?

Die Sylva Varescu der Kerstin Grotrian „basste scho“, wie der Franke als Extremlob sagen würde: nicht überbordendes, aber nobles Temperament, gepaart mit einer eleganten und flexiblen Stimme, die die tückischen Höhen dieser Partie glänzend machte – eine Gestaltung, die niemals fürchten lassen muss, dass die Sängerin an stimmliche Grenzen kommt. Zusammen mit dem erstaunlich tiefliegenden Tenor des Stefan Reichmann, den die Regie leider ziemlich steif im Raum herumstehen und -gehen lässt, bilden sie ein schönes Paar – das doch vokal nur selten wirklich zusammenkommt - aber ihre Duette ergreifen dann doch… Plötzlich denkt der Opernfreund tatsächlich an die berühmten bösen Walzer eines Dimitri Schostakowitsch und Aram Chatchaturian. Ganz großartig, mit einem untrüglichen Bühnensinn gesegnet, spritzig und konzentriert, charmant und stimmlich vollkommen und im besten Sinne soubrettenhaft: das ist die überragende Stasi der Elisabeth Jahrmann. Eine Soubrette muss auf der Operettenbühne auch tanzen können – zusammen mit dem Boni des David Hojsak macht sie das so, dass das Publikum gleichsam ausrastet. Laszlo Gyükér, der das gute, durch die Boxen manchmal etwas verfremdet klingende Orchester dirigiert, hat die Partitur an zwei Stellen durch eine Stepeinlage im Stil der 30er Jahre erweitert: auch das kommt, natürlich, an (und ist erlaubt, weil's gefällt). Die Rolle des Boni aber wurde trotz oder vielleicht: wegen seiner komischen Qualitäten allzu leichtgewichtig besetzt. David Hojsak nimmt man den gestandenen Mann, der plötzlich so etwas wie weise wird, nicht ab. Er schlenkert allzu schlacksig durch die Handlung: operettenmäßig komisch (denn seine Texte sind ja einfach gut und die Schüttel-Nummern ein Klassiker), aber die Rolle nicht ernsthaft ausfüllend.

Das Defizit aber wird ausgeglichen durch Czaba Fazekas' Feri Básci, der in der Weltschmerz- und -untergangsnummer „Nimm Zigeuner deine Geige“ (und im Finale des ersten Akts mit seinem melancholischen Zitat der „Mädis“) begreiflich macht, dass die „Csárdasfürstin“ in Blick auf den ersten Weltkrieg – und noch auf die Gegenwart – geschrieben wurde. Dass das Publikum den Rhythmus dieses großartigen und gar nicht lustigen Stücks zum Anlass nimmt, um in einen Klatschmarsch einzustimmen, bei dem man den wichtigen Text – und Fazekas schöne, ausdrucksstarke Stimme – kaum noch hört, ist nicht ihm anzulasten, oder anders: die Arbeit der Solisten ist eben so mitreißend, dass das Publikum gar nicht anders kann als mitzuklatschen. Und wäre Fazekas nicht die Idealbesetzung eines Tassilo in der nächstjährigen „Gräfin Mariza“?

Bleiben Viktor Schilowsky, ein echtes komisches Bühnentier als Fürst von und zu und seine ehemalige „Kupfer-Hilde“. Schade, dass Judit Bellai keine Extranummer bekommen hat, wenn sie sich im letzten Akt an ihre Jugend auf dem Provinz-Brettl erinnert und noch einmal das Tanzbein schwingt: so wie die sechs gelegentlich etwas mechanisch aufschreienden „Mädis vom Chantant“, die sich (und Boni) durch den Abend wirbeln und dabei ewas weniger frieren. Ein starker Extraapplaus des Orpheum-Besuchers für die sechs Tänzerinnen; ich sage nur: die 1. von rechts…

Deswegen gehen die Operettenfreunde ja auch in die Luisenburg.

 

Frank Piontek, 13.8. 2017

Fotos: © Christine Kaufmann (Die Fotos zeigen NICHT die im Text erwähnten Darsteller der Sylva Varescu und der Stasi).

 

 

DER BETTELSTUDENT

Die Operettenbühne Wien feiert ihr 20jähriges Jubiläum auf der Luisenburg und reißt die Menschen mit - Aufführung 13.08.2016  - Tourneebeginn Herbst 2015

Ausgelassene Stimmung auf der Felsenbühne

Trailer

20 Jahre besteht die Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg und ist dieses Jahr zum 17ten mal auf der Luisenburger Felsenbühne mit der Erfolgsoperette „Der Bettelstudent“.

Im letzten Jahr haben die Luisenburg-Festspiele Wunsiedel ihr 125jähriges Jubiläum gefeiert, in diesem Jahr feiert Heinz Hellberg sein 20jähriges Jubiläum mit der Operette „Der Bettelstudent“ von Karl Millöcker. Einen kleinen bitteren Beigeschmack hat die Felsenbühne in diesem Jahr zu verkraften. Ihr Erfolgsintendant Michael Lerchenberg hat zum nächsten Jahr seinen Ausstieg bekanntgegeben. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie es eine Handvoll, wahrscheinlich vom Theater völlig unbeleckten Pseudopolitikern gelungen ist, dieses Juwel für Wunsiedel zur Aufgabe zu bewegen. Was Lerchenberg für Wunsiedel bedeutet und was er für die Region geschaffen hat, wird wohl erst nach seinem Abgang deutlich werden. Es ist jammerschade, dass dieser Motor und ständige Antreiber der Region durch kleingeistiges Denken und Handeln nicht mehr weitermachen will. Verstehen kann man ihn irgendwie, warum soll er sich so etwas antun. Es ist für Wunsiedel aus meiner Sicht jedoch eine kleine Katastrophe. Im letzten Jahr hatte ich geschrieben: „Der gelernte Schauspieler (unvergessen seine Auftritte in der „Lokalbahn“, „Wittiber“, „Brandner Kaspar“, dem „Bullen von Tölz“, dem unvergessenen Double von Edmund Stoiber und vieles mehr) hat 2004 die Intendanz der Luisenburg-Festspiele Wunsiedel übernommen. Die wunderschöne einzigartige Felsenbühne, die auch vor ihm schon ein Zuschauermagnet war, eilt unter seiner Leitung von Rekord zu Rekord. Er hat ein glückliches Händchen bei der Stückeauswahl und ist der Motor der Felsenbühne. Hoffen wir, dass er den Luisenburg-Festspielen noch lange erhalten bleibt.“ Ja, leider ist es nun anders gekommen und wollen wir hoffen, dass die Festspiele auf der Luisenburg ohne Schaden aus dem Ganzen herauskommen. Eine Provinzposse, die seinesgleichen sucht.

Ein immer wieder gerngesehener Gast auf der Luisenburg ist heuer 17 Jahre in Folge Prof. Heinz Hellberg mit der Operettenbühne Wien. Zwanzig Erfolgsjahre liegen nunmehr hinter der Wiener Bühne und alle treuen und begeisterten Zuschauer hoffen, dass noch ein paar Jubiläen draufgepackt werden können. Zu Beginn kommt er, wie immer, in einem blütenweißen Anzug auf die Bühne und seine ersten Worte sind „Es regnet nicht!“. Dieser Satz ist symptomatisch für die Aufführungen im Felsenrund. Und auch heute haben wir wieder blauen Himmel und strahlendes Wetter. Und dass freut Hellberg sichtlich und so zieht er einen Stuhl auf die Bühne und spielt auf seine unnachahmliche Art einen Theaterbesucher vor. Nicht den, der ins Theater geht um zu sehen, sondern den, der ins Theater geht um gesehen zu werden. Und er bringt mit diesem Kabinettstückerl das Publikum zum Schmunzeln und dann zum befreienden lauten Lachen und zum ersten großen Applaus. Man kann sich seinen Besucher, der wie ein Gockel ins Theater geht um sich selbst zu inszenieren, nicht lange genug anschauen. Und so, wie er auf sein Publikum zugeht, so inszeniert er auch seine Operetten. Gradlinig, schnörkellos, authentisch und er behandelt die Operette ernsthaft und vor allem mit großem Respekt. So macht Operette Spaß und so wird sie – aller Unkenrufe zum Trotz – auch in künftigen Jahrzehnten ihr Publikum begeistern und mitreißen.

Verena te Best, Anton Graner

Die Geschichte des selbstverliebten und arroganten Oberst Ollendorf, der mit einer Ohrfeige durch die schöne Laura tief gekränkt nach Rache dürstet, ist sicherlich wohlbekannt. Laura, eine Tochter der verarmten Gräfin Nowalska, hat ihn für seine Zudringlichkeiten, er hat sie voller Überschwang einfach auf die Schulter geküsst, mit einem Fächerhieb ins Gesicht „bestraft“ und diese Schmach kann er so nicht auf sich sitzen lassen, dies schreit förmlich nach Rache. Und dazu ist ihm jedes Mittel recht. Zwei inhaftierte „junge Lumpen“, kurz als Bettelstudenten bezeichnet, heuert er an, damit sie als Fürst und Adjutant auftreten. Nach der Ehe der schönen Laura mit dem Bettelfürsten, und dass es dazu kommt, davon ist er überzeugt, wird er ihn als armen Bettelstudenten präsentieren, er wird dadurch sie und ihre Familie vorführen, der Lächerlichkeit preisgeben, dadurch seine Rache vollenden und die Schmach tilgen. Da er, durch seine Überheblichkeit, nicht mehr klar sehen und denken kann, wird er durch einen der Bettelstudenten, der eigentlich ein Herzog ist, abgesetzt und er adelt seinen Bettelstudentenpartner. Beide finden in den Töchtern der Gräfin ihr Glück und bei Hellberg bekommt der Oberst Ollendorf zum Schluss noch die Gräfin Nowalska als Gattin. Dies ist eine sehr freie Auslegung des Librettos durch Hellberg, aber stimmig und vor allem erheiternd. Und das soll die Geschichte ja auch jeden Fall sein, sie soll das Publikum erfreuen und erheitern. Und dass tut diese heutige Aufführung mit Bravour. Das es dazu kommt, dazu gehören natürlich noch zwei weitere Dinge, ein inspiriertes, gut aufgelegtes und musikalisch ohne Fehl und Tadel spielendes Orchester mit einem Dirigenten, der ein Meister seines Faches ist und es gehören natürlich ebenso hervorragende Sänger und Schauspieler dazu, die das Publikum begeistern und zufrieden nach Hause gehen lassen.

Judit Bellai, Viktor Schilowsky

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von László Gyükér geleitet, Und der ungarische Dirigent hat unheimlich viel Operettenerfahrung bis in den kleinsten Finger. Erst vor kurzem hat er bei den Franz Lehár Festspielen in Bad Ischl begeistert, die er bereits einige Jahre betreut und bei denen er nächstes Jahr die „Lustige Witwe“ dirigiert, neben vielen anderen Standorten. Er führt das Orchester mit ungarischem Feuer, er lässt es atmen, es sich zurücknehmen um im nächsten Augenblick es voll zu fordern und das Orchester der Operettenbühne Wien folgt ihm in allem. So leidenschaftlich er die Wogen des Orchesters über das Publikum hereinbrechen lässt, so rücksichtsvoll und zurückhaltend lässt er es bei den Solis den Sängern folgen und sie unterstützen. Man soll das Orchester hören und das ist manches Mal gewaltig, man soll aber auch den leisesten Hauch der Sängerdarsteller mitbekommen. Diesen Spagat meistert er tadellos und es macht einfach Freunde zuzuhören. Ein passendes und stimmungsvolles Bühnenbild, etwas umfangreicher als bei den normalen Tourneen, da die Bühne ja relativ gewaltig ist, wird von Adrian Boboc aufgebaut und dem Publikum der Felsenbühne nahegebracht. Ebenso eine eindrucksvolle Arbeit wird durch Lucya Kerschbauer geleistet, die für die farbenprächtigen stimmungsvollen Kostüme die Verantwortung trägt. Das ist natürlich auch etwas für die Augen des Publikums, welches mit Beifall nicht geizt. Auch der Chor und das Ballett der Operettenbühne überzeugen voll, gerade weil beim Bettelstudenten die Dialoge nicht so umfangreich ausfallen, wie in anderen Operetten, und deswegen kommt dieser Teil natürlich noch effektiver zum Tragen.

Stefan Reichmann gibt den Studenten Symon Rymanowicz, den Bettelstudenten. Er sieht natürlich als junger blondgelockter österreichischer Tenor blendend aus, die Damen im Publikum schmelzen so richtig dahin. Er besitzt einen hohen hellen und klaren Tenor, der eigentlich keine Höhenschwierigkeiten kennt, der mir aber an diesem Nachmittag etwas zu unausgeglichen ist. Neben glanzvoll gesungenen Stücken wie „Ich hab kein Geld bin vogelfrei“ stehen andere Arien, bei denen es nicht ganz so mühelos zu gehen scheint. Wollen wir aber nicht beckmesserisch sein sondern uns freuen, dass es wieder einmal einen blutjungen, blendend aussehenden und mit einer klaren, freien hellen Tenorstimme ausgestatteten Sängerschauspieler gibt. Mit kräftigem robustem, klarem und kernigem Tenor gibt Anton Graner seinen studentischen Freund Jan Janicki und überzeugt voll. Auch in den Duetten macht er eine gute Figur, er hat aber auch eine Partnerin, bei der ich wieder einmal ins Schwärmen komme, und die auch heute in Wunsiedel mit Sicherheit dafür gesorgt hat, dass der Blutdruck nicht nur der älteren männlichen Besucher stark angestiegen ist. Verena te Best aus Wels in Oberösterreich als Bronislawa, einer der Töchter der Gräfin Nowalska, ist ihm eine exzellente Partnerin. Mit glockenreinem, klarem, warmem und leuchtendem Sopran weiß sie in allen Belangen zu überzeugen. Dass sie ein reizender Hingucker auf der Bühne ist, habe ich schon erwähnt, aber es kommt etwas Weiteres hinzu, was leider heutzutage nicht mehr so viele Künstler haben. Ein überschäumendes Temperament, ein sich in die Rolle hineinversetzen wie kaum ein anderer und immer mit einem strahlenden ungekünstelten Lächeln. Ihre Spielfreude ist ihr in jeder Sekunde anzusehen und sie wirft sich mit einer Leidenschaft in die Rolle, die es nicht mehr so oft gibt. Für mich eine der besten Leistungen – und es gibt nicht einen einzigen Ausfall – des heutigen Nachmittags.

Susanne Hellberg

Die Wienerin Ella Tyran setzt als zweite Tochter Laura einen strahlenden, in keinem Moment scharfen, schönen vollmundigen und sicheren Sopran ein. Im darstellerischen Bereich ist sie etwas sehr zurückhaltend, zu unnahbar, aber vielleicht ist dies auch ein bisschen der Regie geschuldet. Sonst aber auch bei ihr eine untadelige Leistung. Judit Bellai bringt eine alles beherrschende, in den wenigen Gesangspassagen mit leuchtend warmem Sopran beschenkte Palmartica Gräfin Nowalska auf die Bühne. Der aus Budapest stammenden Künstlerin wäre eine größere Rolle zu wünschen gewesen, hier ist sie einfach eine Luxusbesetzung. Der Bariton Viktor Schilowsky hat mit dem Oberst Ollendorf eine weitere Rolle, die ihm auf den Leib geschneidert erscheint. Seine Verkörperung dieser Rolle ist mehr als rollendeckend. Ein Erzkomödiant, der mit warmem, einfühlsamem, gefühlvollem und durchschlagskräftigem Bariton seine Marken auf der Bühne setzen kann. Dass dazu noch eine Erarbeitung der Rolle hinzukommt, die man so nicht allzu oft sehen kann, ist ein weiteres Highlight. Er präsentiert, mit großem Beifall versehen, den Gouverneur von Krakau, der in seiner Aufgeblasenheit glaubt sich alles herausnehmen zu können, der verschlagen und intrigant seine Rolle nicht abliefert sondern verkörpert. Ihm macht es immer Spaß zuzusehen und zuzuhören. Und dann wollen wir auch die Stütze des Ensembles, die Vollblutkünstlerin Susanne Hellberg in der winzigen Rolle des Offiziers Richthofen nicht vergessen. Was sie aus dieser kleinen Rolle herausholt, ist einfach toll. Ich kann nur hoffen, dass wir sie bald wieder in einer etwas größeren Rolle erleben können und dass sie mehr als nur eine kleine Strophe im Couplet singen kann. Vielleicht sollte sie einmal mit dem Regisseur sprechen, das Publikum würde sich sicher freuen. Urs Mühlenthaler gibt den Enterich, als sächselnder Gefängniswärter macht er eine kleine Paraderolle und überzeugt in erster Line in schauspielerischer Hinsicht. Auch ihm merkt man die Freude an seiner Rolle an.

Verena te Best, Lazlo Gyükér, Ella Tyran, Stefan Reichmann

Das alles führt dazu, dass die Operettenbühne Wien mit Sicherheit auch nach ihrem 20jährigen Jubiläum weiterhin die Felsenbastie der Luisenburg unsicher machen wird. Wir freuen uns darauf, im nächsten Jahr mit der „Csárdásfürstin“.

Manfred Drescher, 19.08.2016  

Fotos (c) Luisenburg Festspiele / Eigenaufnahmen

 

MASKE IN BLAU

Aufführung im Felsentheater Wunsiedel 22.08.2015

Heitere Operette, die fast als Musical durchgehen kann verzaubert  

Die Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg gastiert zum 16 Mal in der Felsenbühne Wunsiedel und bringt die Revueoperette „Maske in Blau“ zum Jubiläumsjahr. Die Luisenburg-Festspiele Wunsiedel feiern in diesem Jahr ihr 125jähriges Jubiläum. Zu Beginn der musikalischen Stücke waren bereits über 130.000 Besucher nach Wunsiedel geströmt – wieder einmal ein Rekord. Mit Rekorden kennt sich der Intendant der Felsenbühne Michael Lerchenberg aus. Der gelernte Schauspieler (unvergessen seine Auftritte in der „Lokalbahn“, „Wittiber“, „Brandner Kaspar“, dem „Bullen von Tölz“, dem unvergessenen Double von Edmund Stoiber und vieles vieles mehr) hat 2004 die Intendanz der Luisenburg-Festspiele Wunsiedel übernommen und die wunderschöne einzigartige Felsenbühne, die auch vor ihm schon ein Zuschauermagnet war, eilt unter seiner Leitung von Rekord zu Rekord. Er hat ein glückliches Händchen bei der Stückeauswahl und ist der Motor der Felsenbühne. Hoffen wir, dass er den Luisenburg-Festspielen noch lange erhalten bleibt.

Bereits seit 1999, also nunmehr 16 Jahren kommt Heinz Hellberg mit der Operettenbühne Wien nach Wunsiedel und auch mit der heutigen Vorstellung beweist er wieder, warum er Jahr für Jahr eingeladen wird und vor praktisch ausverkauftem Haus spielen kann. Er lebt die Operette und bringt sie farbenprächtig, ausgelassen mit exzellenten Singschauspielern auf die Bühne, die die Welt bedeuten. Er modernisiert die Operette nicht um dem Zeitgeist zu folgen, er passt höchstens das musikalische Arrangement der jeweiligen Operette an. Gerade bei „Maske in Blau“ die ja sehr viele Melodien enthält, die man auch den Anfängen des Musicals zuschreiben kann, ist dies von besonderer Bedeutung. Er selbst schreibt in seinem Programmheft: „Ich schreibe Operette in Anführungszeichen, da für mich die Musik von Fred Raymond der Vorläufer zum heutigen Musical ist. Ein Mix aus klassischen Liedern, heißen Rhythmen und schlagerähnlichen Melodien. Deshalb habe ich auch das Orchestermaterial neu arrangieren lassen, um den Sound der Musik der heutigen Zeit anzupassen.“ Ein schönes Bühnenbild, die Erfordernisse der Felsenbühne ausschöpfend und mit wenigen Umbauten versehen, dafür mit einer Unzahl von blauen Masken, im Rund der Bühne verteilt. Adrian Boboc hat hier das Beste aus der Möglichkeit der Bühne geschaffen und die Kostüme von Lucya Kerschbauer sind verschwenderisch, stimmig und farbenprächtig. Allein die Juliska muss vier oder fünf Kostümwechsel - vielleicht sind es auch mehr gewesen - durchstehen und eines ihrer Kostüme ist schöner als das andere. All dies macht dem Auge Freude und bringt manchen spontanen Applaus in die Aufführung. Es wird auch insgesamt nicht mit Applaus gegeizt, auch daran kann man ersehen, wie sehr es dem Publikum gefallen hat, wie sehr es mitgeht und wie die Melodien einfach ins Blut gehen. Das Orchester unter László Gyükér ist erstmals in einem groß dimensionierten Orchesterhüttchen, oder wie immer man das nennen soll, untergebracht. Natürlich ist dies bei Regen für die Musiker – und auch die Instrumente – viel besser, aber ich hatte das Gefühl, dass der Klang dadurch etwas gedämpft zum Publikum durchdringt und nicht mehr so frei und ungebunden wie in den zurückliegenden 36 Jahren, die ich bereits die musikalischen Auftritte in Wunsiedel besuche. Trotzdem hat er das Orchester im Griff, lässt auch gerne einmal die Pferde galoppieren um sich bei den Gesangsauftritten doch wohltuend und sängerfreundlich zurückzunehmen. Hellberg hat das Orchestermaterial neu arrangieren lassen, dadurch klingt alles etwas frischer, schmissiger, voller Pep, vielleicht ein ganz kleines bisschen zu jazzlastig. Aber da stehe ich mit meiner Meinung praktisch allein da, das Publikum jedenfalls geht begeistert mit und applaudiert voller Begeisterung. Wenn man es so sagen möchte, hat Hellberg versucht die Grenzen zwischen klassischer Operette und Musical zu verwischen bzw. anzugleichen. Der Chor und vor allem auch das sehr stark geforderte Ballett sind ausgezeichnet und überzeugen voll. Für die vorzügliche Choreographie zeichnet Enrico Juriano verantwortlich, bei der Maske muss man Mioara Dumitrescu lobend erwähnen.

Evelyn Valera, die schöne Plantagenbesitzern wird von Judit Bellai gesungen und gespielt. Und beides macht sie hervorragend. Mit schönem, leicht ansprechendem, in der Höhe leuchtendem Sopran verzaubert Judit Bellai nicht nur Armando sondern auch das Publikum. Als Armando Cellini kann der Tenor Thomas Markus brillieren. Sein durchschlagskräftiger, vollmundiger, strahlender und vor allen Dingen auch höhensicherer Tenor beeindruckt das Publikum und Signora Valera. Bei seinem Tenorschlager „Schau einer schönen Frau nicht zu tief in die Augen“, welches er Gott sei Dank nicht nur einmal singen muss, werden etliche Damen im Publikum schwach und würden sich selbst gerne von Thomas Markus nicht nur in die Augen schauen lassen. Beide exzellenten Singschauspieler harmonieren auch in ihren Duetten auf das vortrefflichste, was man gerade bei dem „Schlager“ „In dir hab ich mein Glück gefunden“ sehen und hören kann. Operettenseligkeit in Vollendung bei diesen beiden Ausnahmekünstlern. Ja und dann ist ja auch noch die Stütze der Operettenbühne. „Ja, das Temperament, ja, das Temperament, das liegt mir so im Blut“, dies scheint das Lebensmotto der Juliska in der Interpretation von Susanne Hellberg zu sein. Es ist nicht zu fassen, wie Susanne in immer wieder neuen und farbenprächtigeren Kostümen über die Bühne wirbelt. Gesanglich besticht sie mit Leidenschaft und Feuer und es ist fast nicht zu glauben, dass diese Ausnahmekünstlerin schon seit so vielen Jahren als Aushängeschild und Stütze der Wiener Operettenbühne agiert und all dies ohne scheinbar auch nur ein bisschen zu altern. Mit Alexander M. Helmer hat sie einen Partner, den man gerne einmal in größeren Rollen (auch im Bereich der Oper) sehen und hören möchte. Sie mit ungarischem Paprika, er mit spitzbübischem und leidenschaftlichem Feuer, dessen weicher und warmer Bariton aufhorchen lässt und dies auch schon seit geraumer Zeit bei dieser Bühne. Als Franz Kilian tritt David Hojsak auf, er bringt die Zuschauer mit seinem fröhlichen frischen Spiel auf seine Seite, vom gesanglichen her müsste er meiner Meinung nach noch etwas zulegen, da ist die Stimme momentan noch etwas zu klein. Der ergebene treusorgende Diener von Evelyn Valera wird überzeugend von Urs Mühlenthaler dargestellt. Präsent ist auch der Chef der Wiener Operettenbühne Heinz Hellberg, der den durchtriebenen und schmierigen Pedro dal Vargas darstellt. Er hat sich ein kleines Couplet in die „Maske in Blau“ geschmuggelt, bei welchem die Frauen der Schöpfung nicht so gut wegkommen. Tosender Applaus zeigt, dass auch dies gut ankommt, wenn es nur entsprechend vorgetragen wird. Mario Penev vervollständigt als Marchese Cavalotti das Ensemble.

Die Wiener Operettenbühne hat das Publikum wieder einmal über zwei Stunden begeistert, sie die Alltagssorgen vergessen lassen und sie mitgerissen. Die Operette wird, trotz aller Unkenrufe, nicht untergehen, solange es solche Aufführungen gibt und so freue ich mich schon heute auf das nächste Jahr in Wunsiedel, wenn „Der Bettelstudent“ auf dem Programm steht.

Kritik und Bilder von Manfred Drescher, 29.08.2015 

 

MASKE IN BLAU

Premiere: 20.8. 2015. Besuchte Vorstellung: 23.8. 2015

Operette ist keine Altersfrage – oder doch?

Otto Schneidereit, einer der großen Operettenkenner des 20. Jahrhunderts, dem wir einige wichtige Handbücher und Biographien ausgewählter Operettenkomponisten verdanken, merkte 1958 in seinem Operettenbuch an: „An jenem Tage, an dem der britische Botschafter in Berlin, Neville Henderson, die Worte niederschrieb: 'Die deutsche Luftwaffe wächst weiterhin mit beunruhigender Schnelligkeit, und zur Zeit ist kein Ende dieses Wachstums abzusehen' […] - an jenem Tage, an dem im spanischen Bürgerkrieg Tausende von Freiheitskämpfern ihr Leben lassen mussten – an jenem Tage, dem 27. September 1937, brachte das Berliner Metropol-Theater eine Uraufführung heraus. Mit diesem Werk gelang es“, so Schneidereit, „der 'Fratze in Braun' sich eine 'Maske in Blau' vorzubinden. Dieses Werk verband in raffinierter Weise den eleganten Kitsch einer lebensfremden Handlung derart mit modernen, schmissigen, sogar mitreißenden Rhythmen, dass die Musik auch heute noch unentwegt im Rundfunk erklingt und allerorts bekannt und beliebt ist.“ Fred Raymonds, Heinz Hentschkes und Günther Schwenns Werk sei „die deutlichste Ausprägung jenes Zweiges der Operette, der das Bild des Menschen entmenschlichte und verzerrte.“ Verzerrung? Beruht, mag der Laie denken, nicht jede Operette auf (freundlichen) Verzerrungen? Schneidereit entdeckte hier ein neues Element: einen „faulen Zauber“, der die Menschen „mit ihren Freuden und Leiden, mit der Vielgestaltigkeit ihrer Empfindungen nur als Schablonen inmitten einer Kitschpostkartenwelt“ darstelle. Und weiter: „Plumpe Erotik wurde dem Publikum als Beispiel echten Gefühlslebens suggeriert, der törichte Ablauf der Handlung als 'farbiger Abglanz des Lebens'“. Mit anderen Worten: die Operette ist ein Machwerk mit einer Musik, der man, wenn auch widerwillig, gewisse Qualitäten nicht absprechen kann. Das Stück aber bleibt, so die strenge Meinung des Kritikers, ein schlimmer Unsinn.

Heinz Hellberg, der Direktor der Wiener Operettenbühne, die zum wiederholten Mal auf der Luisenburg gastiert und bei der Maske in Blau auch Regie geführt hat, sieht es vielleicht ähnlich, formuliert es aber – gegenüber dem ausverkauften Nachmittagshaus, in dem sich fast ausschließlich die Generation der Kriegskinder zusammengefunden hat – ausgesprochen positiv: Die Operette sei ein modernes Märchen. Man kann's bekanntlich auch anders sehen – aber wer auf die Luisenburg kommt, erwartet keine kritischen Deutungen und keine „Regiekonzepte“. Er erwartet „tolle Sänger“, ein „hohes“ und ein „niedriges“ Paar, ein schönes Tanzensemble (fesche Madln und Jünglinge aus Wien), hübsche Kostüme, ein paar Witze, ein paar mehr oder weniger gewichtige Konflikte, einen Schuss Exotismus und „schöne Musik“. Die wird ihm auch in diesem Jahr – obwohl Raymonds Werk längst nicht die musikalische und humoristische Qualität der letztjährigen Zirkusprinzessin besitzt – auch geboten. Die Schlager heißen Maske in Blau, Die Juliska, die Juliska – und (die große Nummer für den Tenor) Schau einer schönen Frau nicht zu tief in die Augen. Man tanzt den Frühling in San Remo und besingt das Temprament - und der Schluss ist eine große Shownummer mit allen Beteiligten, denn Raymonds Operette ist eine „Ausstattungs-Operette“ in 8 bzw. (so legen es die Aufführungsmaterialien fest) 6 Bildern, aus denen man vier gemacht hat, denn es reicht völlig aus, dass die Grauen dreimal auf die Bühne schwirren.

Man spielt das Stück, weil es schöne sentimentale Nummern für Sopran und Tenor hat und in den „komischen“ wie schnellen Nummern Foxtrott und Machiche, Csárdás und Swingfox ins Stück bringt. Karl-Heinz Siebert, der Werkartikelautor, spricht in Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters von einer „farbenreichen Partitur“, von „Spannungsfeldern“, die „aus der Polarität von melodramatischer Großflächigkeit und origineller Schlagermelodik und -rhythmik heraus entstehen.“ Nun ist das gewiss nicht originell, denn – da muss man nur ins letzte Luisenburgjahr schauen – auch die ältere Zirkusprinzessin weist ja diese „Spannungsfelder“ auf: zwischen 20er-Jahre-Tänzen und sentimentalen Liedern und Duetten. Kein Wunder, dass auch Siebert angesichts der Dramaturgie, die nur allzu vertraut ist, und die im „tragischen“ Finale des 3. Bildes nur mehr einen Abklatsch eines älteren Modells bildet, der sich einer rechten Banalität verdankt (da wird ein Verlobungsring vom störenden und eifersüchtigen Dritten absichtlich vertauscht und dem Liebhaber zurückgegeben) – kein Wunder, dass der Artikelschreiber nicht verhehlen kann, dass es „nicht gelang, das Libretto einer gewissen Klischeehaftigkeit der Konflikte zu entziehen.“

Nun spielt man die Operette gewiss nicht aufgrund ihres Librettos – und die Schauwerte, die da beschworen werden, erhalten in der Ausstattung auf der Luisenburg keine besondere Nahrung. 10 über die Felsen drapierte blaue Masken, ein paar Versatzstücke und zweidimensionale Kakteen, zwei Eingänge links und rechts, ein schlichtes „Maleratelier“ mit ein paar mehr oder weniger geschmacksfreien „Kunstwerken“ - das ist es dann schon. Aber die 1700 Besucher kommen ja wegen der Musik, dem Tenor, dem Sopran, dem komischen Paar und den Ballettmäusen. Immerhin hier werden sie gut bedient. Wer die langen, relativ pointenfreien Dialoge überstanden hat – sie werden übrigens vom guten, dankbaren Publikum ebenso honoriert wie die Musiknummern -, bekommt ein paar schöne Nummern serviert, die von den Profis des Operettentheaters kredenzt werden. Was schert einen die schlichte Geschichte um den Maler Armando Cellini und seine Muse Evelyne Valera, um die billige Intrige des chauvinistischen Pedra dal Vegas', dem es kurz gelingt, das Paar, das sich da – o Operettenwunder! - in Liebe gefunden hat, auseinanderzubringen? Was kümmert einen die durchschaubare Dramaturgie, wenn man Sängerpersönlichkeiten wie Csaba Fazekas und dem Operetten-Vollweib Elena Schreiber bei der Arbeit zuschauen und -hören darf?

Fazekas ist der vollkommene, aber nicht abgeschmackte Operettentenor: schlank, gut aussehend, beweglich, auratisch – und mit einer spannungsvollen Höhe und Stärke gesegnet, die aus seiner „großen Nummer“ Schau einer schönen Frau mehr macht als eine banale Operettenweisheit. Man muss nicht gleich von „realistischem Musiktheater“ reden, wenn man derartige Lieder in derartig stilsicheren wie ernsthaften Interpretationen hört. Unversehens wird klar, dass selbst im „Kitsch“ der Liedtexte einer nicht sonderlich avancierten Operette, die gerade mit den (ideologisch problematischen) Revuefilmen der Nazizeit konkurriert, tiefe Wahrheiten stecken: selbst im Zeitalter der sog. Emanzipation, der Beziehungsberater und -gestörten. Dazu passt, dass auch Elena Schreiber als Plantagenbesitzerin Evelyne Valera den modischen und durchaus nicht tiefsinnigen Typus der Grand Dame stimmlich überzeugend verkörpert: ohne Exaltiertheit, aber mit schönem Ansatz und vitaler Höhe.

Was wissen die 1700 Kriegskinder von diesen Wahrheiten? Vermutlich mehr als ein jüngeres Publikum. Schön ist ja schon der Beifall (Beifall!), den sie dem Paar, das sich da endlich in der Umarmung gefunden hat, deutlich zollen, wenn die Beiden sich küssen. Applaus für einen Bühnenkuss – eigentlich ist das doch wunderbar...

Applaus erhält natürlich auch wieder das Lustige Paar, auch der Intrigant. Der Prinzipal Heinz Hellberg spielt ihn selbst: mit wunderbarer ironischer Verve eines echten Macho, der die gewiss nicht ernstgemeinten Unmutsbekundungen des weiblichen Publikums mit lässiger Geste scheinbar mürrisch von sich weist. Das ist lustiger als alle Witze, die David Hojsak als Petrijünger Franz Kilian von sich geben muss (doch ist der junge Mann sympathisch genug, um die blöden Witze fast vergessen zu machen). Alexander M. Helmer, ein sehr guter Bariton, mimt den eher derben Lebemann „Seppl“, zu dem die leicht präpotente Juliska Varady in Gestalt der quicken Soubrette Susanne Hellberg trefflich passt. Charleston-Stimmung!

Bleibt der Majordomus Gonzala, der mit Urs Mühlenthaler eine – nun ja: leicht bizarre Erscheinung gefunden hat, die freilich vom Publikum geliebt wird. Aber was für eine monströse Bauchbinde...

Also Schwamm drüber über die Kostümgestaltung Lucya Kerschbaumers, die sich nicht entscheiden kann, ob sie das Stück in den 20ern, zur Entstehungszeit 1937 oder in irgendeinem Fernsehballettzeitalter spielen lassen möchte. Dass Csaba Fazekas im letzten, südamerikanischen Bild das Oberteil trägt, das Placido Domingo als Lohengrin an der Wiener Staatsoper trug: es ist zum einen bewegend, zum anderen typisch für die Bedingungen, unter denen die ästhetische Gestaltung vor sich ging: mit ausgemusterten Teilen, die sichtbar nicht zusammenpassen.

Dafür bietet das schneidig aufspielende Orchester unter der Leitung László Gyükérs eine höchst gelungene Big-Band-Melange aus Alt und Neu: die Bläser röhren, das Schlagzeug blecht, die Streicher singen – und das von Enrico Juriano choreographierte, zehnköpfige Ballett-Ensemble (von dem man jedes einzelne Mitglied nennen müsste) bietet eine hübsche Show, die weder zu primitiv noch zu ausgefallen ist. Es erfreut die Augen aller Besucher: der weiblichen und der männlichen.

Vielleicht ist Operette ja doch keine Altersfrage – zumindest keine Senioren-Angelegenheit, für die sie, bisweilen leider mit nachvollziehbaren Gründen, genommen wird.

Frank Piontek, 24.8. 2015

Fotos: Luisenburg-Festspiele / © Stefanie Althoff und Frank Piontek

 

 

DIE HOCHZEIT DEWS FIGARO

Gastspiel der Landesbühne Sachsen.

Premiere: 22.8. 2014

Feingewirkte Musikdramatik

Schon die Landschaft eignet sich für den Garten-Akt. Tatsächlich erreicht ein Sänger, der oben auf dem Felsen steht, der wie ein Krokodilfelsen aussieht, mit normaler Stimme das ganze Auditorium. Es liegt gewiss nicht daran, dass man hier die Oper auf deutsch gibt. In diesem Fall steht Cherubino im Wald der Luisenburg: ein junger Mann mit Lackledercorsage.

Mozarts „Hochzeit des Figaro“ ist, wie Joachim Kaiser einmal gesagt hat, „einer der spirituellen Höhepunkte der Musikgeschichte“ - also muss man die Meisteroper auch auf der Luisenburg spielen. Die Natur trifft auf die Zivilisation, die latente Zeitlosigkeit von Wald und Fels auf jene der Inszenierung. Die Landesbühne Sachsen, die ansonsten in der Felsenbühne Rathen spielt, und die Regisseurin Anja Sünermann, die mit scheinbar leichter Hand die detailreiche Handlung inszenierte, behaupten nicht, dass die Komödie des ausgehenden Ancien Régime heute spielt. Sie würden auch nicht darauf beharren, dass sie kurz vor 1789 angesiedelt ist; die Kostüme zeigen uns eine fantastische Welt zwischen Gestern und Heute, in die der Schwarze Graf, der am Ende trotz ergreifendster Verzeihungsgeste stolz bleibt, ebenso hineinpasst wie die Frauen mit den Polyesterröcken und Pseudo-Rokoko-Oberteilen. Steil und „geil“ sind hier nicht nur die erigierten Frisuren der sehr komisch agierenden Marcellina und des Don Bartolo, steil ist vor allem der Graf, auf den Susanna erotisch stärker reagiert, als es sich Mozart und Da Ponte vorgestellt haben. Ansonsten triumphiert hier nicht das sog. Regietheater: eine Fernbedienung, mit der man auch Türen sprengen kann, ist neben vier zusammenschiebbaren Kunststofftischen, der Hälfte einer metallenen „Half pipe“ und einem Quicky das einzige modernistische Requisit. Man zeigt hier vor allem, wie schon zuvor in der „Zirkusprinzessin“, ein sehr bewegliches, gelegentlich bewegendes Spiel.

 

Bewegend ist vor allem eine Stimme: Stephanie Krone (nomen est omen) ist eine Gräfin, deren dynamisch volle, reizvoll tremolierende Stimme die melancholischen Gefühle der Contessa ideal transportiert. Nur ganz weit oben rutscht sie manchmal allzu schnell in die Höhe. Keiner der Sänger – mit Ausnahme Miriam Sabbas, die eine entzückend lustige wie traurige Susanna gibt - hat eine Stimme, die an diesem Abend alle Ansprüche eines Stimmfetischisten befriedigt, aber jede vermag zu zeigen, dass auf sächsischen und fränkischen Felsenbühnen gute Oper gemacht wird. Kazuhisa Karumadas Graf, Paul Gukhoe Songs Figaro, Silke Richter Marcellina und Hagen Erkraths Basilio müssen keine Wettbewerbe gewinnen, um das Publikum davon zu überzeugen, dass „Figaros Hochzeit“ auf der Luisenburg nicht weniger stark wirken mag als in der Wiener Staatsoper - und das Orchester agiert unter Jan Michael Horstmann so erstklassig, wie es Mozarts feingewirkte Musikdramatik verlangt.

Frank Piontek, 23.8. 2014

Foto: Robert Jentzsch

 

 

DER ZIGEUNERBARON

besuchte Aufführung am 10.08.2013

„Ja, das schreiben und das Lesen“ wird einem in Wunsiedel beigebracht

Professor Heinz Hellberg und die Wiener Operettenbühne haben ein Gespür, mit welchen Operetten man die Besucher begeistert und von den Sitzen reißt. Ja, auch wenn die Operette immer wieder totgeschrieben wird, hat sie nichts von ihrem Zauber verloren und zeigt es seinen Kritikern immer wieder aufs Neue. Vor allem, wenn der Regisseur Heinz Hellberg auf altbewährtem vertraut und gerade dies macht den Reiz und den grandiosen Erfolg der Wiener Operettenbühne aus.

Ja und ein Johann Strauss begeistert halt die Besucher im ausverkauften Rund der wunderschönen Naturbühne, die nach der gelungenen Renovierung noch ansprechender und einladender geworden ist, auf der Luisenburg in Wunsiedel immer wieder. Nach „Die Fledermaus“ vor 2 Jahren und „Der Vogelhändler“ im letzten Jahr, hatte man sich diesmal mit „Der Zigeunerbaron“ einiges vorgenommen. Gerade dieses Stück verlangt erstklassige Sänger, aber gleichzeitig auch erstklassige Schauspieler – und leider passt dies oft nicht zusammen. Bei Heinz Hellberg muss man hier keine Sorgen haben. Ein neues Ensemble konnte auf den Erfolgen der letzten Jahre aufbauen und diese sogar noch toppen, obwohl das schon sehr schwer ist. Und wie so oft in den letzten Jahren sah man auf dem Nachhauseweg nur fröhliche Gesichter und was kann man Schöneres über eine Operettenaufführung sagen.

Und wieder macht es Freunde, diesen „Zigeunerbaron“ zu erleben. Altmeister Heinz Hellberg, der diesmal neben der Regie die Besucher begrüßte und dann den Taktstock an Dorian Molhov weitergab, inszeniert Operette so, wie sie der Liebhaber dieser Musikgattung erleben möchte. Tolle Kostüme von Lucya Kerschbaumer und ein tolles Bühnenbild von Adrian Boboc, die so herrlich auf eine der schönsten Naturbühnen Europas, der Luisenburg passen. Aufführungen in diesem Ambiente zu erleben, ist für mich immer ein besonderes Erlebnis, was ich nicht mehr missen möchte. Man verzeihe mir, dass ich die altbekannte Handlung nicht erzähle, sie dürfte jedem geläufig sein, jedenfalls jedem, der die Operette liebt. Und Heinz Hellberg lässt leicht und locker spielen und agieren und setzt die Pointen an die richtigen Stellen. Gelacht wird auch in diesem Jahr viel auf der Luisenburg.

Auch in diesem Jahr hat Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne Wien erneut das Glück scheinbar gepachtet, denn es fällt kein Tropfen Regen und die Aufführung läuft bei schönem Wetter ab. Da macht das Ganze natürlich noch einmal so viel Spaß.

Das Orchester ist gut aufgelegt und ein kongenialer Begleiter der Sängerdarsteller. Daniel Molhov führt es mit straffer, teilweise harter Hand, lässt aber den Sängern den notwendigen Freiraum und sie nicht von Orchesterwogen überdecken. Gesang und Musik verschmelzen zu einer stimmigen Einheit. Und natürlich ist „Der Zigeunerbaron“ ein wahres Eldorado für herrliche Soli, aber auch wunderschön ins Ohr gehende Duette und durchkomponierte Passagen. Wie man weiß, wollte Strauss ja die große Oper erobern. Dies ist ihm zwar nicht ganz gelungen, aber die musikalischen Reize des sehr stark durchkomponierten „Zigeunerbarons“ gehen schon sehr nahe an die Spieloper heran. Für all das braucht man natürlich auch hervorragende Singschauspieler, die von beiden das optimale verkörpern können. Und auch hier hat Hellberg wieder ein glückliches Händchen. Die Sänger sind durch die Bank sehr gut und können auch darstellerisch voll überzeugen. Der Chor, der wieder mit etlichen Solisten aus der Gegend aufgestockt worden ist und das Ballett der Operettenbühne Wien sind wie immer toll eingestimmt und machen es dem Publikum leicht, lautstark zu applaudieren – und dies tun sie zur Genüge und mit voller Berechtigung.

Giorgio Valenta gibt den Sandor Barinkay mit kräftigem, durchschlagskräftigen Tenor, dem die anspruchsvolle Partie gut „in der Gurgel“ liegt. Darstellerisch kommt er etwas steif über die Rampe, hier sollte er in Zukunft noch ein bisschen nachlegen, insgesamt aber ein sehr guter Gutsbesitzer. Seine Saffi ist Judit Bellai. Mit großem, voll erblühtem Sopran gibt sie eine vorzügliche Saffi, kann sowohl in den Soli, als auch besonders in den Duetten mit Giorio Valenta voll überzeugen. Mit weichem, vollem, klangschönem Alt gibt Elena Suvorva eine recht jugendliche Czipra. Großen Applaus erhält auch während der Szenen der schweinezüchtende Zsupan von Viktor Schilowsky. Er scheint hier eine Traumrolle gefunden zu haben, überzeugt stimmlich in allen Belangen und legt auch einen wunderbar verschlagenen Schweinezüchter auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Eine ausgewogene überzeugende Leistung, sowohl stimmlich als auch darstellerisch. Viel Szenenapplaus ist ihm sicher. Seine Tochter Arsena wird von Angela Wandraschek verkörpert. Mit schlankem, zartem, dennoch durchschlagendem Sopran kann sie auch mit intensivem Spiel aus der kleinen Rolle eine große Rolle machen. Kirlianit Cortes gibt ihren Liebhaber Ottokar mit kleinem, etwas unbeweglichem Tenor. Der junge Sänger hat sicher noch Zeit, seine zu Hoffnungen zeugende Stimme noch weiter zu bilden. Mirabella wird von Elfie Gubitzer gegeben. Sie fällt nicht aus dem Ensemble ab und vervollständigt den guten Eindruck. Eine Klasse für sich ist der junge Thomas Weinhappel als Graf Peter Homonay. Mit einem stimmschönen, durchschlagskräftigen, weichen und vollem Bariton setzt er ein Zeichen. Ihn möchte man gerne einmal in einer größeren Rolle erleben. Zu Recht starker Beifall für ihn und seine Rollengestaltung.

Das Publikum geht die knapp zwei Stunden (in Wunsiedel gibt es ja kein Pausen) voll mit, spart nicht mit langanhaltendem Zwischenapplaus und einem langanhaltenden Schlussapplaus. Wieder einmal hat die totgesagt Operette gesiegt und die Menschen verzaubert. Wenn Heinz Hellberg auch in Zukunft seiner Linie treu bleibt, Operette so zu inszenieren, wird auf der Luisenburg noch viele Jahre die Operette eine tragende Rolle spielen. Im nächsten Jahr freue ich mich auf eine selten gespielte Operette, und zwar „Die Zirkusprinzessin“ von Emmerich Kálmán.

Manfred Drescher                                         Bilder: Manfred Drescher

 

DER VOGELHÄNDLER

wandert über die Luisenburg in Wunsiedel

Carl Zeller bei der Wiener Operettenbühne

Besuchte Aufführung: 11.08.2012

Eine ganz tolle „Fledermaus“ stellte die Wiener Operettenbühne unter Professor Heinz Hellberg im letzten Jahre auf die wunderschöne Felsen- bühne in Wunsiedel. Und dieses Jahr freute ich mich auf den „Vogelhänd- ler“. Vor allem, weil diese Operette ganz hervorragend auf diese gerade frisch und ganz hervorragend renovierte Naturbühne passt – und wenn dann noch alles weitere stimmt, ist der Erfolg vorprogrammiert. Und es war kein Erfolg, es war ein rauschender Erfolg. Froh und beschwingt tänzelte man (na ja nicht alle, aber fast alle) von der Felsenbühne hinunter zu den Parkplätzen und war sich sicher, wieder eine einmalige Darbietung der an Spitzenaufführungen reichen Wiener Operettenbühne miterlebt zu haben.

Es macht immer wieder Spaß eine Aufführung der Wiener Operettenbühne erleben zu dürfen. Spaß deshalb, weil der „Altmeister“ Heinz Hellberg die Operette nicht „verschandelt“. Er behandelt sie vorsichtig und er inszeniert sie so, wie man Operette inszenieren sollte. Er nimmt sie ernst, er behandelt sie nicht wie die uneheliche Tochter der Oper. Er weiß, dass man Könner in der Operette einsetzen muss und er weiß, dass die musikalischen Anforde-rungen der Operette sehr hoch sind. Und so inszeniert er nach acht Jahren erneut den „Vogelhändler“ in Wunsiedel. Damals war Susanne Fugger seine Briefchristel (welche in dieser Saison mit Verena te Best in der Rolle alter-niert), heute ist Verena te Best die reizende Postangestellte, doch dazu gleich mehr. Man möge mir verzeihen, dass ich jetzt noch etwas nachhole. Susanne Fugger heißt seit September Susanne Hellberg. Sie und Heinz Hellberg haben sich im Herbst das Ja-Wort gegeben, und ich darf mir

erlauben den Beiden die allerherzlichsten Glückwünsche zu übermitteln und Ihnen alles erdenklich Gute für die gemeinsame Zukunft zu wünschen.

Aber zurück zum “Vogelhändler“. Auch 2012 hat Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne Wien erneut das Glück des Tüchtigen. Die Aufführung, die natürlich bei schönem Wetter nochmal so viel Spaß macht, geht ohne einen Tropfen Regen zu Ende, jedenfalls in der von mir am 11.08. besuchten Nachmittagsvorstellung.

Das Orchester ist hervorragend disponiert und den Sängern ein zupak-kender, schmissiger Begleiter sich in den Soli aber zurückhaltend und die Sänger nicht übertönend oder gar zudeckend. Mit energischer, zupackender Hand, gleichzeitig aber auch zu zarten Tönen fähig, führt Daniel Molhov die Musiker durch das packende Geschehen. Ja, und der „Vogelhändler“ ist natürlich eine Fundgrube von wunderschönen, einschmeichelnden Arien und Duetten. Und diese werden durch ein Riege von erstklassigen Sängern, die sich auch darstellerisch nicht zu verstecken brauchen dargeboten. Chor und Ballett der Operettenbühne Wien sind wie immer hervorragend eingestimmt, sie verstehen es das Publikum zu begeistern.

An erster Stelle zu nennen die liebreizende Verena te Best, bei der man versteht, warum sich der Vogelhändler in sie verguckt. Sie ist jedoch nicht nur ein „Hingucker“ sondern hat auch einen zarten, jedoch durchschlags-kräftigen, klaren, frischen und leuchtenden Sopran. Eine ganz tolle Leistung. Ihr Adam ist am heutigen Nachmittag Anton Graner und er versteht es mit kräftigem, durchschlagskräftigen Tenor zu bestehen. Beim „Ahnerl-Lied“ ist er jedoch auch zu zarter Zurückhaltung fähig und erhält zu Recht viel Beifall. Dieser gilt auch für die mit warmem, kräftigem und leuchtenden Sopran versehene Elena Schreiber als Kurfürstin. Der Bassbariton Andreas Jankowitsch gibt einen verschlagenen und immer am Ball seienden Baron Webs und überzeugt mit seiner voluminösen kräftigen und schönen Stimme. Thomas Marcus als sein Neffe Stanislaus bringt einen hellen, hohen und sehr durchschlagskräftigen Tenor mit und gibt nicht nur mit dem Onkel ein gutes Paar ab. Linde Rupp hat als alternde Baronin Adelaide die Lacher auf ihrer Seite, auch wenn ihr am Schluss nicht so unbedingt zum Lachen ist. Auch stimmlich kann sie voll und ganz überzeugen, ebenso wie die beiden ihrem Gaul Zucker gebenden Prüfungskommissionsvor- ständen Professor Würmchen und Professor Süffle. Sie werden von Urs Mühlethaler und Peter Erelyi (der auch einen sehr guten Dorfschulzen Schneck darstellt) kongenial verkörpert.

Das Publikum geht von der ersten bis zur letzten Minute mit, lässt sich von den zauberhaften Melodien verzaubern und erfreut sich an einer vollständig stimmigen und humorvollen Operettenaufführung. Heinz Hellberg wird mit dieser Art Operette zu zelebrieren sicherlich auch in den nächsten Jahren ein gerngesehener Gast auf der Luisenburg sein. Im nächsten Jahr steht übrigens wieder einmal ein Strauss auf der Bühne und zwar „Der Zigeuner-baron“. Die Vorfreude ist bei mir jedenfalls schon wieder sehr groß.

Manfred Drescher                           Bilder: Wiener Operettenbühne

 

 

 

DIE FLEDERMAUS

flatterte über die Luisenburg in Wunsiedel

Besuchte Aufführung: 13.08.2011

Im letzten Jahr hatte es in Wunsiedel eine wunderschöne Aufführung von „Wiener Blut“ gegeben – und da man mit Strauss die Häuser voll bekommt, stand diesmal wieder ein Strauss auf der Bühne – und zwar die „Königin der Operette“, die unverwüstliche „Fledermaus“. Und um es auch jetzt gleich vorwegzunehmen, diese Aufführung war gelungen, gelungen in jeder Weise – in erster Linie musika-lisch, sowohl von den Solisten als auch vom Orchester unter der schwungvollen Leitung des „Alt-meisters“ Heinz Hellbergs. Gelungen auch im Bühnenbild, welches sich in die wundervolle Felsen-landschaft hervorragend einfügte. Zurzeit wird die Felsenbühne umgebaut und im nächsten Jahr war-ten wir gespannt auf den nächsten Hellbergschen Flügelschlag, dem unverwüstlichen „Vogelhändler“.

Aber zurück zur “Fledermaus“. Auch in diesem Jahr hatte Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne Wien wieder das Glück gepachtet. Denn so richtig Spaß machen die Aufführungen auf der wunder-schönen Bühne natürlich erst, wenn auch das Wetter passt – und auch hier hatten die Besucher (jeden-falls bei der von mir am 13. August besuchten Aufführung) das notwendige Glück, es blieb bis zum letzten Klang trocken und schön.

Hellberg ist ein Garant dafür, dass Operette richtig schön altmodisch inszeniert wird – und dies ist ganz und gar positiv gemeint. Ich kann die Alfreds in Naziunform, die Adeles mit entblößtem Ober-körper und ähnliches nicht mehr sehen und freue mich umso mehr, wenn ich mich hier bei der Wiener Operettenbühne entspannen und auf die herrliche Strauss’sche Musik konzentrieren kann. Die Inszenierung von Hellberg möchte, dass der Zuschauer und –hörer sich unterhält und viel lacht. Und dies kann er hier zur Genüge. Beste Unterhaltung im wahrsten Sinne des Wortes bietet die Auf-führung, auch wenn man vielleicht ab und zu dem Pferd ein bisschen zu viel Zucker gibt, unterhalt-sam ist es in jedem Fall. Und was will man eigentlich mehr – mehr als sich köstlich zu unterhalten. Von dem blendend aufgelegten Ensemble springt der Funke schnell auf das Publikum über, einen Ausfall gibt es nicht zu verzeichnen. Es gibt viel Applaus und leider auch das mehr oder weniger rhythmische Mitklatschen, welches mir überhaupt nicht, der Mehrheit des Publikums aber scheinbar sehr gefällt. Auch in diesem Jahr dauert die Aufführung wieder etwas länger als geplant, das gut ge-launte Publikum erklatscht sich eine Wiederholung nach der anderen.

Das Orchester ist bestens eingespielt, der Chor durchschlagskräftig und einsatzfreudig, das Ballett weiß zu überzeugen und die Kostüme sind stilsicher abgestimmt. Die Aufführung erwartet keine Problemlösungen, sie will unterhalten und das tut sie auf eine wunderbare Arte und Weise. Man ist beschwingt und so geht man auch die Melodien weiter summend, die Luisenburg nach der Auffüh-rung hinunter. Man hat sich amüsiert, sich blendend unterhalten, ist einfach glücklich.

Auf die Handlung gehe ich nicht ein, die kennt jeder Straussianer in- und auswendig. Aber ein paar Worte zu den Sängerdarstellern, die wesentlich zum Gelingen der Operette beitragen.

Mit angenehm weichem höhensicherem Tenor gibt der Hellbergsche „Haustenor“ Michael Kurz den Eisenstein, Alexandra Scholiks warmer, einschmeichelnder Sopran steht ihm in nichts nach, darstelle-risch halten sich beide dezent zurück, was den Rollen durchaus zu Gute kommt. Hristofor Yonov bringt als Alfred einen strahlenden Tenor mit, ebenfalls herausstechend wie die Adele der kokett-zarten Verena te Best als Adele. Ein „Urgestein“ der Operettenbühne Wien, die wie immer ausge-zeichnet singend, aber auch spielende Mezzosopranistin Susanne Fugger, führt als Prinz Orlowsky charmant durch das Geschehen. Georg Lehner als Frank, Thomas Weinhappel als Dr. Falke und vor allem Stephan Paryla-Raky als herrlicher Frosch vervollständigen das Ensemble.

Eine stimmige Aufführung, die das begeisterte Publikum zufrieden und glücklich nach Hause entlässt. Man hat nicht nur das Gefühl einer wunderschönen Aufführung beigewohnt zu haben, man hat diese heute wahrhaftig erlebt – und was sollte man eigentlich mehr erwarten.

Manfred Drescher 

 

DER OPERNFREUND  | opera@e.mail.de