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(c) Oleksandr Samoylyk                                                            https://opera.lviv.ua/en/

 

 

Lohengrin

18.3.2019

 

TRAILER

(sehr sehenswert!)

als Masken-Theater

“See life in pink, but do not wear it!” In einem der bekanntesten Aphorismen von Karl Lagerfeld meinte die wohl berühmteste Mode-Ikone der Gegenwart, dass Rosa-Kleider den Eindruck von Geschmacklosigkeit erwecken. Gewissermaßen wurde das Rosa-Kleid in seiner Mode-Welt mit dem Symbol des Infantilismus, der Naivität sogar der Dummheit verbunden.

In der Neuinszenierung Wagners „Lohengrin“ an der Lviv Nationaloper (Ukraine) trägt Rosa der König von Brabant. Auch die Bühnenbilder zeigen ein intensives, irrational und psychodelisch wirkendes surrealistisches Konzept. Die Bühne und Kostüme kreierte für die Lviver Neuinszenierung der Österreicher Matthias Engelmann.

Die Interpretation des Wagners-Mythos im Rampenlicht der Comedia-dell’arte entwickelte der deutsche Regisseur Michael Sturm, mit dem der Intendant Vasyl Vovkun nach der sehr gelungenen Premiere eine breite Kooperation weiter plant.

Die derartige Gattungs-Transformation von Michael Sturm signalisiert eine psychoanalytische Deutung des Frageverbots im „Lohengrin“. Lohengrin ist ein Zirkus-Akteur, ein Pagliaccio. Den Zirkus-Weißclown Lohengrin, weiß angezogen und geschminkt, mit melancholischem Lächeln, schiebt auf der Bühne den riesigen Weichtier-Schwan vor sich her. Lohengrin begrüßt theatralisch das Clown-Kollektiv auf der Bühne und das Publikum. Er positioniert sich nicht als Erlöser. Wenn aber er zu Elsa spricht „Nie sollst du mich befragen, noch Wissens Sorge tragen…“ – spielt er den authentischen Pierrot – autoritär, penetrant und arrogant. Nun, sollten wir Pagliaccios Worte ernst nehmen?

Der Schwan kommt aus der Zuschauerraum auf die Bühne verkleidet als Clown-Weichtier im eleganten Mantel mit dem Holz-Case (was ist drin?). Die markante Karikatur eines Elite-Vertreters? Dabei schaut er das Publikum so streng an, dass plötzlich Schostakowitschs „Nase“ und Nase-Staatsrat in den Sinn kommt. Später wird er vom Heerrufer des Königs festgenommen, gefesselt und zusammen mit vier brabantischen Edlen zur Schau über die Bühne geführt.

Im Finale kommt der Schwan frei und nimmt den Platz auf dem Bett neben einer Frau aus dem Brabanter-Volk ein. Er schickt den Lohengrin nicht nach „Monsalvat“ zurück, er verwandelt sich nicht zu Elsas Bruder Gottfried, er bleibt nur sitzen, ermüdet und fremd. Der neue Herzog von Brabant bleibt unerkannt. Lohengrin wischt seine Gesichtsfarbe ab und geht weg. Diese „Comedia“ ist für ihn „la Finita“. Auf ihn warten neue Bühnen des Welttheaters.

Auf dem „Jahrmarkt“ des Herzogtums Brabant herrscht vor allem der Heerrufer des Königs – ein Zirkus-Conférencier, der bestimmt, wann der Vorhang geöffnet wird und wann der Vorhang fällt. Im Rampenlicht erscheint er, um aktuellste Messages im Megaphon zu verkünden (schauspielerisch und vokal präsent Mykola Kotnutiak). Am Ende schaut er ins Leere und ruft in den Zuschauerraum: „Seht da, den Herzog von Brabant, zum Führer sei er euch ernannt“. Solche Interaktionen mit dem Publikum sind immer treffend und schlüssig. Anfangs ruft er nach Elsas Erlöser ins Publikum, im Finale deutet er an: jeder darf sich zur Herzogs-Wahl von Brabant anmelden. Im ukrainischen Opernhaus „am Vorabend“ der Präsidenten-Wahl mit der Rekordzahl an Bewerbern (39) spannt dieses absurde Theater einen Bogen in die Politik-Groteske, was nicht unbedingt das Ziel des Regisseurs war. Michael Sturm vermeidet die Aktualisierung mit der Gegenwart. Die monotone Drehung eines riesigen Ventilators an der linken Wand bildet ein in sich bewegliches Symbol der Zeitlosigkeit.

Das Publikum fühlte sich oft als Teilnehmer der Vorstellung, was immer wieder theatralisch höchst wirksam ist. Mal wieder eine neue originelle Version des Theaters im Theater! Das Theater reflektiert sich auf diese Weise selbst!

Dem Regisseur geht es im „Lohengrin“ um die totale Genre- und Sinn-Konversion – nicht nur um den Mythos in den Parodie-Korpus umzuformen (es wäre dann nur die Spitze des Eisbergs). Comedia-dell’arte spielt an der Oberfläche, fast wie im Strauss’schen Sinn für das Theater: „Die Tiefe muss man verstecken. Wo? An der Oberfläche“. Die Akteure der neuen Lohengrin-Geschichte – Heinrich der Vogler als Märchenkönig in Rosa, Lohengrin als Pierrot, Friedrich von Telramund als japanischer Samuraj in reich verzierter Rüstung, die sehr wenig Bewegungen gestattet – besuchen verträumte, (sic!) traumatische Frauen, die alle im Betten liegen.

Das grün-blaue quadratische Zimmer im „Lohengrin“ mit Wänden und Böden aus weichen Gummi-Stoff hat zwei Türen, durch die das Volk von Brabant, die Speer-Ritter in gleichen goldenen Masken taumeln. Sind sie gekommen, um Frauen zu schützen oder um sie zu überwachen?

Alle Frauen gleichen sich ebenfalls und teilen sich in zwei Gruppen: die blau-grün-haarigen und die rot-orange-haarigen. Links sammeln sich die Träumerinnen in Erwartung auf den Prinz, Erlöser oder einfach zur Liebe fähigen Mann. Elsa ist eine von ihnen. Rechts – die temperamentvollen, kampfbereiten und souveränen Frauen, wie Ortrud. Sie hat ihr Ehemann bekommen – einen Samurai-Krieger. Elsa erscheint ihr Traummann als Weißclown, der ihr sagt: „Elsa, ich liebe Dich“ und später: „Nie sollst Du mich befragen“. Damit scheitern alle Hoffnungen auf die bedingungslose Liebe.

Dank der vielen kleinen Rampenlichter, die die Hauptbühne einsäumen, dank der schrillen Schönheit der Lichtgestaltung und der bunten Clownerie kommt man nicht sofort auf die Idee, dass in diesem „Theater im Theater“ eine Comedia-dell’arte namens „Lohengrin“ in einer psychiatrischen Klinik für Frauen aufgeführt wird, dass die blau-grünen Frauenkleider mit überlangen Ärmeln die Zwangsjacken gleichen. Wie lange sind die Frauen eigentlich schon krank? Seit der Geburt, der Hochzeit, der Ehescheidung? Im Träumen verlieren sie sich die, denen Unrecht getan wurde. Die schönen jungen Mädchen verbringen den ganzen Tag auf dem Bett des Irrenhauses, an einem Ort, an dem der ewig gleiche Alltag ins Irreale abdriftet und lang verschüttete Erinnerungen in die Realität einbrechen.

Der Regisseur deutet das Verhalten von psychisch Kranken und setzt in der Personen-Regie meisterhaft das Bild der zerbrechlichen Seelen in zerbrechliche Gestik um. Manchmal genießen die jungen Damen von Brabant die Momente, in denen die Akteure nicht präsent sind. Zum Beispiel, wenn die Figuren von Lohengrin und Telramund nach dem Kampf wie Spielzeug weggeworfen werden, wenn der Rosa-König Heinrich und Lohengrin betrunken herumliegen, wenn Telramund im lethargischen Schlaf dasitzt während Elsa und Ortrud das schönste Duett über Glück und Frieden singen. Solche Mise en Scène deuten Schwäche, Nutzlosigkeit, Passivität der Männer-Gestalten an, die zum Lebens-Prinzip geworden sind.

Im zweiten Akt bleiben auf der Bühne von achtundzwanzig Betten nur zwei. Durch die großen Dimensionen dieser beiden Betten wirken die Liebes-Paare Elsa/Lohengrin und Ortrud/Telramund optisch klein. Die Assoziationen zu „Alice im Wunderland“ liegen auf der Hand. Die Frauen sehnen sich nach Wunderland, nur Ortruds Haltung mit breit gestreckten Armen wirkt immer wach, stark und sicher. Die Hochzeitszene weckt dann alle Frauen aus dem Schlaf. Der Bühnenraum, der vorher beengt wirkte, öffnet seine Perspektive nach außen. Rituell kreisend erinnert diese „Opfer-Prozession“ an Strawinskys Le sacre du printemps, erweckt einen unglaublich starken doppelbödigen Eindruck. Es gibt viele exzellente Momente in dieser sanften Choreographie: synchron, und fliesend, wie verträumte Rheintöchter. Das Theater als Psychotherapie wird zum Kern der Lohengrin-Geschichte von Michael Sturm.

Für seine Männer-Gestalten brauchte der Regisseur keine starken Helden-Tenöre. Allerdings zeigte sich die Männerbesetzung nicht nur körperlich, sondern auch stimmlich blass (Nutthaporn Thammathi und Roman Corentsvit). Die Neuproduktion „Lohengrin“ entstand aus der Idee des Musikdirektors Myron Yusypovych, der die Partitur-Ausgabe von 1887 (Leipzig, Breitkopf und Hartel) in der Hand hatte. Obwohl der Dirigent die Helden-Tenöre sowie das Bühnenbild auf Grund von originären Partitur-Hinweisen Richard Wagners vermisste, entwickelte sich das Orchester dynamisch entsprechend dem Wagners Klangrausch. Die Frauenbesetzung Olesia Bubela und Alla Rodina als Elsa und Mariia Berezowska und Liudmyla Savchuk als Ortrud hervorragend agierte. besonders die Mezzosopranistinnen mit guten Wagner-Stimmen.

Fazit: Einen traurigen Apell sendet Michael Sturm an die gescheiterte Männer-Welt, die keine Liebe mehr kennt. Im Masken-Theater „Lohengrin“ handeln Frauen und Männer, Akteure und Verrückte, die einander hassen, ausnützen, traumatisieren oder gleichgültig bleiben.

Auf der Bühne bringt das Regie-Team ein visuelles Kürzel für ihre Gedanken, sucht nach Ankern in der Gegenwart, um die alten Geschichten und Mythen einzuhacken und die Zuschauer zu berühren. Das Finale hält das Publikum bis zur letzten Sekunde gespannt: „wenn wir mit der alten Welt gebrochen haben und die neue noch nicht formen können, tritt die Satire, die Groteske, die Karikatur, der Clown und die Puppe auf“. Diese Zeilen des österreichisch-deutschen Dadaisten Raoul Hausman könnte als passender Schlüssel für diese Inszenierung gelten. Die Synthese von Mythos, Comedia-dell’arte, Psychoanalyse, Farce, Kitsch in postmodernen Opern-Konzepten zerbricht unsere gegenwärtige Weltwahrnehmung in eigenartige Fragmente. Dabei vertrauen wir der historischen, kulturellen, sowie gesellschaftlichen Wirkung des Theaters. Lohengrins Frageverbot interpretiert Michael Sturm als Freiheitsverbot und erwartet, dass das Theater immer wieder neue Frage stellt, um das Publikum zur Selbstreflexion anzuregen.

 

Adelina Yefimenko 21.03.2019

Fotos @ Ruslan Lytwyn

 

 

 

Nationales Akademischen Theater für Oper und Ballett Solomiya Krushelnytska

 

Igor Strawinsky

PULCINELLA & LE SACRE DU PRINTEMPS

19.11.2018

Memento quod est homo

TRAILER 1

TRAILER 2

 

 

Die Äußerungen von Musik-Kritikern über den Klang, der „viel später als das Finale endet“, ist in der Tat die erhabenste Bewertung und das höchste Lob für die Interpreten. Die Premiere von Strawinskys „Pulcinella“ und „Le Sacre du Printemps“ in der Lviv National Opera, die die innovative Ideen des ukrainischen Regisseur Vasyl Vovkun und des italienischen Choreografen Marcello Algeria umsetzte, zwei Ballette zu einer Performance mit dem Titel „Die Wahrheit unter der Maske“ zusammenzuführen, verdient exakt diese Höchstbewertung.

Die musikalische Leitung hat der amerikanische Dirigent ukrainischer Herkunft Theodor Kuchar übernommen, der durch seine zahlreichen Interpretationen verschiedener musikalischer Stilrichtungen weltweit bekannt ist. Theodor Kuchar ist auch einer der ersten Dirigenten, der die ukrainische Moderne für das breite Publikum bekannt gemacht hat. Dank seiner Kooperation mit dem Orchester der Nationalen Symphoniker der Ukraine und der Firma Naxos entstand die CD-Produktion mit allen Symphonien des berühmten ukrainischen Komponisten Boris Lyatoshynsky, der eine eigene Verschmelzung europäischer spätromantischer und expressionistisch-impressionistischer mit national-ukrainischen Stil-Richtlinien entfaltete. Die Tonsprache seiner Symphonien beinhaltet ein individuelles monothematisches Intonationssystem, die durch die Ideen-Verschmelzung von R. Wagner und R. Schumann bis A. Skrjabin und R. Strauss einen originären einzigartigen Zweig der europäischen Moderne herausbildet.

Das Debüt des Dirigenten mit dem Orchester der Lemberger Nationaloper war ein hochkarätiges Ereignis. Theodor Kuchar gelang es hervorragend, die Quintessenz der musikalischen „Masken“ von Strawinskys Stil mannigfaltig zum Klingen zu bringen. Stilistische Prägungen, die das gesamte musikalische Denksystem in den Nachkriegsjahren umfasste, beeinflussten viele Komponisten. Neoklassik als eine Art des Eskapismus ist ein Forschungsthema für Musikpsychologen. Für Strawinsky war die Verwendung von verschiedenen stilistischen „Masken“ zugleich das künstlerische Credo und ein Weg des kreativen Überlebens.

In „Pulcinella“ gelang Dirigent und Orchester eine strenge Interaktion zwischen Tonfall, Rhythmus, Timbre-Dramaturgie und Gestik der Protagonisten und damit eine strikte Disziplin zwischen der Bühnen-Aktion und dem Orchesterklang. Der delikate Ensembleklang und die plastische Ästhetik der Solisten ähnelten manchmal der barocken Stilistik alter Inszenierungen. Im „Le Sacre du Printemps“ reproduzierte das Orchester sichtbar und gigantisch das grandiose Welt-Crescendo vom Ursprung bis zur Apokalypse.

Die neue Narrativ, basierend auf der umgekehrten Perspektive (angesichts Strawinskys Stil-Entwicklung) von der neoklassischen sowie verfremdeten Stilisierung in „Pulcinella“ zum Fauvismus und der Archaik im Spiegel der Moderne in „Le Sacre du Printemps“ – ist ein absolut neues Konzept des italienischen Choreographen Marcello Algeri.

Nach den häufig erprobten Konzepten Two in One für die einaktigen Balletten wie „Der Feuervogel“, „Les Noces“, „Persephone“ mit „Le Sacre du Printemps“, schuf der italienische Tanzmeister eine neue Narrativ über das zeitlose Kosmogonie-Spiel von Guten und Bösen, von Eros und Tanatos, das im genetischen Gedächtnis das unbewusste Wissen über alte sakrale Rituale und zwiespältige Figuren der Commedia dell’arte verbirgt. Der Choreograph entwickelte Ideen, die im 20. Jahrhunderts die Hauptpersonen des europäischen Kunst-Olymp – Strawinsky, Diaghilev, Picasso, Roerich, Nijinsky, Massine – inspirierten, und deutete sie ins Psychologische.

Es blieb der Nachgeschmack des Pulcinella-Bildes Picassos in einer Falkennase-Maske oder der Harlekin im Raute-Trikot, die als Symbole des künstlerischen Alter Ego dienten. Bekanntlich versteckte Picasso im Bild „Harlequin mit einem Spiegel“ (in seinem Selbstporträt) auch seine vollzogene Kreuzung zwischen Dada und Surrealismus. Die historische Rekonstruktion des Pulcinella-Balletts mit Picassos Szenerie wurde von der bekannten Tanzgruppe Europa Danse (2007) durchgeführt.

Für Strawinskys Werk markierte das Ballett „Pulcinella“ eine flotte Modulation vom Fauvisten zum Neoklassiker. Die Äußerungen des Komponisten betonten, dass er „wahre Freude fühlte“, nach „Le Sacre du Printemps“ eine Arbeit auszuführen, in der das klassische Gleichgewicht zwischen allen theatralischen Komponenten – Sujet, Musik, Tanz, Bühnenbild – dominierte. Strawinsky strebte „zu einer schlanken Verschmelzung des Ganzen“. Kein Wunder, dass der Komponist sofort auf das Projekt von Diaghilev und Picasso reagierte: „Picasso hat ein wahres Wunder geschaffen. (…) Es fällt mir schwer zu entscheiden, was mich genau an dieser wunderbaren Person begeisterte – Farben, Plastik oder eine erstaunliche Sinnlichkeit des Bühnenbildes“. Trotz seine Negation der Wagnerschen Idee eines Gesamtkunstwerks, verwirklichte er viel davon in seinem Theater. Wie man weiß, erwiderte Stravinsky während der Arbeit an dem Ballett-Mysterien „Le Sacre du Printemps“ die Einladung Diaghilevs und besuchte Bayreuth, um Wagners Mysterium „Parsifal“ zu sehen. In den „Chroniques de ma vie“ beschreibt der Komponist detailliert seine Reise sowie die widersprüchlichen Eindrücke von der Vorstellung. Er war kein Anhänger von Wagners Musik, verwendete aber das Modell des Mysterium nicht nur im „Sacre“, sondern auch in den neoklassischen Werken („Persephone“ „Ödipus Rex“ u.a.)

 Achtsam spiegelte Algeri Strawinskys Reflexion eines Mysterium-Modells in der neuen Kombination „Pulcinella“ und „Le Sacre du Printemps“ wider. Das Comedy-Action Spiel mit Masken (Strawinsky konzipierte den Tanz-Begriff als Action dansant) hat als Folge die Tragödie des Widerstandes zwischen Leben und Tod. Die neue Version von „Le Sacre du Printemps“ stellt kein heidnisches Opferritual dar. Im Ballett Algeris wirken nicht Archetypen, sondern Menschen, nicht kollektives Unbewusstes, sondern die Aggression, die Angst, das Leiden. Der Choreograph schafft sein Mysterium, das aber kein rituelles, sondern ein psychologisches ist.

Nicholas Roerich als Bühnenbildner der skandalösen Premiere von „Le Sacre du Printemps“ (Choreographie von Vaclav Nijinsky) im Théâtre des Champs-Élysées (1913) sah das Wesen des „Sacre du Printemps“ generell nicht tragisch, da keine Individuen agieren. Das Opfer dient, den Stamm zu schützen. Das Opfer-Ritual verstand der Künstler als heidnische Hymne an den altslawischen Sonnengott Jarilo. „Der Instinkt der Herde, der Angst, der Ekstase treibt den Stamm zum Sonnenritus (…), der den Tanz von Spannung zur Ekstase, von Ekstase bis zur Erschöpfung führt“. Eine historische Rekonstruktion von Nijinskys Ballett schuf der britische Choreograf Millisent Hodson zusammen mit dem Maler Kenneth Archer und mit der Tanzgruppe „Joffrey Ball“ (1987).

Die Interpretationen des archaischen Rituals und der konventionellen Commedia dell’arte gestaltete der Choreograf sehr individuell. Leonid Massine, Mary Viґman, John Neumeier, Kenneth McMillan, Maurice Bejart, Pina Bausch, Glenn Tetli, Hans van Manena Anzhlena Prelzhokazha, Uwe Scholz, Régis Obadia, Patrick de Bana, Tatiana Baganova, Radu Poklitaru, Mats Ek und Sasha Waltz bildeten choreographische Konzepte mit unterschiedlicher Stilistik – neo–primitivistischer und kubofuturistischer Action dansant, ikonischer Kubismus, abstrakter Expressionismus, Ballett Sezession, Hyper-Realismus, Postmodernismus mit Film-Elementen, Plastische konzeptuellen Installationen u.a.

Die Interpretationsgeschichte der Ballette „Pulcinella“ und „Le Sacre du Printemps“ ist unterschiedlich. Die metaphysische Deutung, die der Komponist intuitiv in der Partitur „Le Sacre du Printemps“ festlegt, enthält einen unbegrenzten Raum für die Ideen und Phantasien der zeitgenössischen Interpreten. Die Zahl der szenischen Versionen von „Le Sacre du Printemps“ lag bei über 200 Inszenierungen. „Pulcinella“ wird relativ selten auf die Bühne gebracht. Offensichtlich wird die Bühnenexistenz dieses einzigartigen Werkes, in dem Strawinsky von Pergolesis Musik inspiriert wurde (damals wusste er noch nicht, dass es auch die Werke von unbekannten Komponisten wie Domenico Gallo, Unico Wilhelm van Wassenaer, Carlo Ignazio Monza waren) zum 100. Jahrestag seiner Pariser Premiere (am 15. Mai 1920) wiederbelebt. Das erste Theater, das diesem Jubiläum huldigte wurde das Nationale Akademische Theater für Oper und Ballett Lwiw.

Die dynamische Dramaturgie Algeris Choreographie von „Pulcinella“ bis zum „Sacre du Printemps“ schafft das Mysterium des Tanzes als schmerzhaften Übergang von der Welt des Komischen und Illusorischen in die reale Welt der Gewalt und Aggression. Konträre, von polaren Energien geprägte Bewegungen (Vereinigung/Opposition/Widerstand) veranschaulichen den zeitlosen Kampf der Geschlechter. Der Ausdruck des menschlichen Körpers und zeichenhafte Gestik anstelle der Masken wird zum lebendigen, ausdrucksstarken Gefühlsexplosion. Zur Erinnerung wird eine Äußerung von Pina Bausch zitiert. Sie hat das moderne Ballett als Experiment, als Kaleidoskop von Bildern und Stilen gesehen, als Geschichte von Menschen, die mit eigener Körpersprache kommunizieren. In Gruppenszenen sehen wir keine Synchronisation, wie sie für das klassische Ballett typisch ist. Die einprägsame Dynamik des Körpers wird durch polyphone Mittel erreicht. Die Deutung des Doppel-Balletts führt zur Studie der menschlichen Psyche: elegantes Posieren vor dem Spiegel, stilisierte Puppen- oder Marionettentänze, dann schräge Gegenbewegungen, die die Tänzer mit den mächtigen Orchester-Ausbrüchen assoziieren. Diverse Figuren bilden die Atmosphäre des Misstrauens, der Verweigerung, Schwerkraft, Ekstase, Liebe, was Algeris Choreographie als Choreoenergie charakterisieren lässt. Das „neue Sujet“ des Inszenierung entfaltet vor dem Publikum ein vielfältiges und immer aktuelles menschliches Beziehungs-Drama: Dominanz der Starken über die Schwachen, Gewalt der Gruppe gegen das Individuum. Einblicke in die schöne Vitalität, die alles um sich herum beleben könnte, stoßen auf Aggression. Das starke Streben zum freien Ausdruck stößt auf die Schilde der Soldaten.

Das tragische Finale des Dramas über „Wahrheit unter der Maske“ ist durch den schmerzhaften Fortgang des „Abreisens der Masken“ im Ballett vorauszuahnen. Die Dispositions-Änderungen von den Gruppen zu den Paaren betonen eindeutig das zentrale Liebes-Duett. Die konventionellen Personen-Namen hat der Regisseur in „Pulcinella“ belassen, sie aber in „Le Sacre du Printemps“ personalisiert. Dadurch wird in der Inszenierung die Universal-Ebene aufgehoben. Pimpinella und Pulcinella verwandeln sich in die Erkorene und ihren Geliebten. Die Ballettsolisten Yaryna Kotys (Pimpinella und Erkorene) und Serhiy Kachura (Pulchinella und Geliebter) manifestierten brillant die Idee der Liebe als Opfer dieser Welt. Die Liebe wacht auf, mit ihr wird gespielt, geflirtet, sie wird verraten, gelitten, aufgegeben. Es findet keine echte Versöhnung zwischen Pulcinella und Pimpinella statt. Die Welt, in der sie mit dem Schicksal spielen, wird später ihre Frivolität rächen.

Der kosmische Spiegel dient im Ballett wie ein Symbol des ewigen Zwiespalt des Menschen. Seine Spaltung zwischen Realität und Illusion wird ausdrucksvoll in der Choreographie umgesetzt und unterzeichnet. Der stilistische Rückblick in „Pulcinella“ war für Strawinsky selbst mit dem Symbol des Spiegels verbunden. Der Komponist nannte sein Werk „die Entdeckung der Vergangenheit“, „die Taufe“, die alle seine späteren Arbeiten geprägte. „Das war ein Blick zurück wie die erste von vielen Taten der Liebe in diese Richtung“, schrieb der Komponist, „das war auch ein Blick in den Spiegel“.

Das Spiegel-Symbol des Doppel-Ballettes ist vielfältig: in „Pulcinella“ ist es der Wand-Spiegel, in „Le Sacre du Printemps“ der Himmels-Spiegel. Die Umsetzung dieser Idee ist sehr interessant, logisch und sehr erfolgreich: der Raum, in dem der Spiegel als theatralisches Attribut den Bühnenraum vertieft, multipliziert Personen und dient zugunsten seines symbolhaften Verständnis. Der Spiegel wird als Mittel des Wissens und der Selbsterkenntnis des Menschen betrachtet.

Im Algeris Ballett wird das Drama von Mann und Frau sowie vom Volk und vom einzelnen Menschen nicht von Instinkten des Lebens und des Todes (Eros und Tanatos) beherrscht. Es ist jedoch offensichtlich, dass diese polaren Kräfte des kollektiven Unbewussten zu einer Kampf-Arena zwischen Männer- und Frauenballettgruppen hervorgehoben werden. Das Schicksal der Erkorenen wird das Ergebnis menschlicher Aggression. Als die Erkorene in einen Ring von menschlichen Körpern eingeklemmt und durch die Entfremdung von ihrem Geliebtem allein gelassen wird, sich erschöpft und gedemütigt fühlt und schließlich zu krabbeln beginnt, auf den Boden genagelt (sich nicht rituell, sondern psychisch hingibt), wird die schreckliche Realität ihres physischen, dunklen sogar im Scheinwerferlicht beleuchteten Todes offenbar.

Das Erhabene des archaischen Rituals wird weder sie noch das Publikum erleben. Die schmerzhafteste Wahrheit angesichts des Todes ist schließlich eine tödliche Krankheit. Wenn statt des archaischen Rituals „Kuss der Erde“ die Zuschauer beobachten, wie sie ihre Bewegungslust, die Leichtigkeit von Händen und Füßen verliert und auf einem Podest sitzend rollt, wie im Rollstuhl, werden die Szenen aus „Pulcinella“ in Erinnerung gerufen. Es war also eine Geschichte über die Jugend, in der die Leichtigkeit des Lebens tobte. Die symbolischen Farben der Commedia dell’arte strahlten im Spiegel in Hellrot, Gelb und Blau. Die Illusion der ausgeglichenen harmonischen Welt erzeugte grafische Silhouetten in dekorativen malerischen Tafeln (Bühnbild: Tadey Ryndzak). Im „Sacre du Printemps“ verwandelt sich die Hintergrundarchitektur der Szene in einen Kreis, in einen Planeten oder eine Raumprojektion der Weltfragmente, in der sich die gleichen Farben wie in der gebrochenen Spiegel-Projektion die vergangene Harmonie (immerfort war sie nur illusorisch und kurz) widerspiegeln. Das Spiel und die Realität, der Kreislauf der gebrochenen, getrennten Menschheits-Schicksale – die Quintessenz der menschlichen Existenz vom Homo ludens bis zum Homo mortalis – das ist die brillante Leistung eines durchdachten philosophischen Konzepts. Das Produktionsteam möchte uns die letzte Wahrheit mitteilen: Memento quod est homo.

Besonderer Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)

Adelina Yefimenko 24.11.2018

Copyright: Theater für Oper und Ballett Solomiya Krushelnytska, Lemberg (Lwiw), Ukraine

 

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