Coloseum Theater Essen

Dirty Dancing
Premiere Essen: 14.11.2017 im Coloseum Theater
(Tour-Premiere in Köln: 24.10.2017)
Happy Birthday
Vor inzwischen unglaublichen 30 Jahren kam „Dirty Dancing“ erstmals ins Kino und entwickelte sich zum Überraschungserfolg der Kinosaison 1987/88. Ein Kult entstand der bis heute anhält, Grund genug für BB Promotion und Mehr! Entertainment die erfolgreichen Livetour mit über 500.000 Zuschauern in den Jahren 2014/15 erneut auf eine Reise durchs Land zu schicken. Und Grund genug auch für den Opernfreund, die „Geburtstagsparty“ zu besuchen.

Angemerkt sei hierbei vorab, das man „das Original live on Tour“ wohl am besten als Schauspiel mit viel Tanz und Musik einstufen sollte, weniger als Musical. Denn obwohl auch (sogar sehr gut) live gesungen wird, kommt doch viel Musik vom Band. Dies im Hinterkopf macht der Abend aber doch ordentlich Spaß und lässt den Zuschauer in alten Erinnerungen schwelgen. Hauptgrund für den gelungenen Abend ist sicherlich die homogene und in allen Rollen hervorragend besetzte Cast. In den beiden Hauptrollen „Baby“ und Johnny stehen erneut die in diesen Rollen erfahrenen Anna-Louise Weihrauch und Máté Gyenei auf der Bühne und fegen ordentlich über das Parkett. Als sehr erfahrene Tänzerin kann auch Marie-Luisa Kaster einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Für die Rolle der Leadsängerin konnte Tertia Botha gewonnen werden, eine sehr gute Verpflichtung, der bei der Premiere in Essen nicht nur bei „The Time of my Life“ großer Applaus gewiss war. Im Bereich Soul, Jazz und Blues sorgt Dennis LeGree für die musikalischen Höhepunkte, die live vorgetragen werden. Eigentlich müsste man hier nun das gesamte 21köpfige Ensemble aufzählen, was etwas den Rahmen sprengen würde, aber hier zeigt BB Promotion einmal mehr, dass man sich auf deren Casting-Abteilung stets verlassen kann.

Von diesen Darstellern lässt man sich gerne ins Ferienresort „Kellermann´s“ des Jahres 1963 versetzen, jenem Sommer in dem Martin Luther King seine berühmte Rede „I have a dream“ hielt. Die Geschichte der etwas schüchternen Frances „Baby“ Houseman und dem Tanzlehrer Johnny Castle ist sicherlich vielen Lesern bekannt und hier kann durchaus festgehalten werden, wer den Film liebt wird auch diese Show lieben. Alex Balga inszeniert die deutschsprachige Tour nah am Film und setzt hierbei insbesondere auch die bekannten Szenen geschickt um. So muss der Zuschauer auch auf die bekannte Hebeübung im See keinesfalls verzichten. Wer allerdings „Dirty Dancing“ noch nie gesehen hat, wird auf Grund des hohen Tempos vielleicht die ein oder andere Szene oder Anspielung nicht ganz verstehen. Trotzdem bleibt „Dirty Dancing - Das Original live on Tour“ eine gelungene Geburtstagsparty mit viel Musik, Tanz und guter Laune.

Bis März 2018 ist das Stück noch an mehreren Orten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg zu sehen, alle Daten findet man www.dirty-dancing-tour.de. Außerdem wurde bereits für den Herbst 2018 eine erneute Rückkehr nach Köln angekündigt.
Fotos © Colloseum.de / Jens Hauer / Mehr! Entertainment
Markus Lamers, 15.11.2017
ISS DOME DÜSSELDORF

(c) Iss Dome
LUTHER das Musical
mächtigstes Pop Oratorium aller Zeiten vor 16 000 Besuchern im DOME
Düsseldorf am Samstag, den 4.2.2017

Betrachten wir erst einmal das Stück - ein Kuriosum: Heuer sehen wir Martin Luther im zeitgenössischen Musikrahmen durchaus gut gemachter Popmusik. Alle guten Zutaten, die ein Musical sehens- und hörenswert macht, hatte Dieter Falk eingearbeitet. Die Mischung aus Rockpop, Balladen, Soul und Gospel begeisterte das Publikum. Der musikalische Composer dazu:
"Wir sehen, Chorsingen ist wieder sexy, man glaubt es kaum; zwischen 11 und 80 Jahren (Red. Anmerkung: In Düsseldorf waren die Sänger von 7 bis 87) kommen 3.000 Leute zusammen, und im Jahr 2017 werden es sicherlich noch viel mehr. Die Leute haben Spaß zu singen, wenn es dazu auch mit peppigen Rhythmen, mit nachsingbaren Melodien und vor allen Dingen mit einer tollen Story verknüpft wird."

Michael Kunze, der dieses Stück geschrieben hat, zu seinem "Luther" und die Sichtweise seines Herangehens.
"Er ist einer derjenigen, die überhaupt diese Form, die wir heute haben, diese Vorstellung, dass man selbst als Einzelner etwas bewegen kann, dass man als Einzelner das Recht hat, sich selbst zu finden, seinen eigenen Weg zu gehen, der diese Form des Denkens überhaupt mitkreiert hat - das fasziniert mich an dem Mann."
Das Stück konzentriert sich auf den Reichstag zu Worms von 1521. Luther soll vor den Reichsfürsten und Anklägern aus Rom widerrufen, hält dem Druck aber stand.

Star der Aufführung ist der 3.000-köpfige Chor, der auf einer Hallenseite die Ränge einnimmt. Das hat schon etwas und ist so beeindruckend, wie Mahlers 8. Sinfonie der Tausend in Originalbesetzung; überhaupt klingt Vieles auch klassisch-orientiert. Die ungewöhnliche Zahl von so vielen Sängern schafft eine regelrechte Gänsehautatmosphäre. Der Chor bildet im Hintergrund (siehe Foto unten) auch das Bühnenbild. Auf der Action-Bühne davor agieren die vorzüglichen Solisten in Gewändern der Zeit in Form neugierige Bürger, Ablassprediger, dem Papst, Kaiser, Herrn Fugger oder einer Marketenderin, die aus Luthers Jugend erzählt.

Frank Winkels, er spielt und singt den Protagonisten:
"Wie war er menschlich, warum hat er das gemacht, was er gemacht hat, was hat ihn getrieben, in welchem Gefühlschaos hat er sich befunden? Dass er sehr mit sich gerungen hat, mit sich und der Welt, und nicht alles für bare Münze genommen hat... Wir machen Unterhaltung mit diesem Pop-Oratorium, aber Unterhaltung mit Tiefgang. Wenn es richtig rocken muss, dann rockt es, aber wenn es wirklich auch ganz feinfühlig ist, dann werden auch Balladen gespielt mit Geigen, dann schmelzen wir dahin, ich glaub, für jeden ist was dabei."
Der Musical-Luther ist ein durchaus heldenhafter Zweifler, der wie viele besondere Persönlichkeiten nach dem Sinn der Existenz sucht. Ralf Rathmann von der Creativen Kirche Witten, die das Projekt mitinitiierte:
"Dieser Popmusical-Luther ist von uns Heutigen gar nicht so weit entfernt. Kirchenferne soll es genauso ansprechen wie Kirchennähe."

„Luther“ als Musical spiegelt unsere Zeit wieder. Aus den Ablasshändlern vor 500 Jahren werden Manager in Nadelstreifen, die symbolisch Ablassaktien im Publikum verkaufen, oder sind es betrügerische Investmentbanker? Alles ist zeitgemäß und modern. Martin Luther in Cargohose und Kapuzenpullover. Der junge Kaiser Karl V. trägt Baseballkappe und spielt mit dem Smartphone - moderne Ingredienzien wie Handy und Co sind natürlich omnipräsent.
„Da mein Gewissen in den Worten Gottes gefangen ist, kann und will ich nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.“
so Luther historische Worte 1521. Jetzt singt er sie. Nur zur Information: Luther bezahlte seinen Widerstand seinerzeit erstaunlicher Weise nicht mit dem Leben. Sein Kurfürst Friedrich hatte freies Geleit ausgehandelt und versteckte ihn auf der berühmten Eisenacher Wartburg. Luther schrieb weiter und übersetzte so die Bibel für den kleinen Mann.

„Wir holen Luther vom Podest und feiern mit ihm den Sieg des individuellen Gewissens über die übermächtige Autorität einer fragwürdigen Tradition“
sagt Texter Michael Kunze.
Regisseur Andreas Gergen transferiert die 500 Jahre alte Geschichte gekonnt in den heutigen Alltag des Jahres 2017. Entstanden ist das Musical in Kooperation mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Das Musical geht weiter nach Hamburg, Stuttgart, München und endet in Berlin; das Ensemble der Künstler bleibt, aber die Chöre werden für die verschiedenen Spielstätten jedes Mal lokal neu organisiert zusammengestellt - was für eine Heiden-Arbeit, was für ein Aufwand!

Zurück nach Düsseldorf: Viele Mitwirkend kommen aus der Landeshauptstadt und deren Umgebung - eine schöne Idee. Sogar von einigen Kölnern hört man (!) ;-). Das Motto könnte lauten "Gemeinsames Erleben im Team aller Konfessionen", denn Katholiken sind natürlich nicht ausgeschlossen, wie vor 50 Jahren noch, als in meiner Grundschulzeit ein hoher Maschendrahtzaun die Konfessionen auf dem Schulhof teilte, fast wie später die Zonengrenze die West- und Ostdeutschen.
"Singen macht glücklich, das ist wissenschaftlich bewiesen."
So begrüßt kein Geringerer als Eckart von Hirschhausen, einer der Schirmherren des Projekts, das Publikum in der Nachmittagsvorstellung. Es war das mächtigste Pop-Oratorium aller Zeiten mit über 3000 Choristen, Sängern, Chor, Orchester und Band. Wenn alle loslegen, werden erdbebengleiche Wogen entfacht und wallen durch den Düsseldorfer Dome - sonst Eishockey-Spielstätte der DEG mit oft durchaus weniger Stimmung.
Fazit: Das Stück ist gut aufgebaut und die zwei Stunden vergehen wie im Flug. Die Musik ist ein Stilmix wie einst "Jesus Christ Superstar"; zwar nicht so augefeilt, aber immer zum Mitswingen und Mitsingen. Musik, die erfreut, alle glücklich macht und die man fröhlich mit auf den Heimweg ins Wochenende nimmt.
S. & A. Bilsing 7.2.2017
Bilder (c) Creative-Kirche