DER OPERNFREUND - 51.Jahrgang
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www.operan.se/

 

 


Poulenc

Dialogues des Carmélites

Premiere: 22.10.2011
besuchte Wiederaufnahme: 02.02.2019

Musikalisch meisterhaft

Lieber Opernfreund-Freund,

die Wiederaufnahme von Francis Poulencs Nonnenepos Dialogues des Carmélites am Königlichen Opernhaus in Stockholm geriet am gestrigen Nachmittag nicht nur wegen des Rollendebüts von Anne Sofie von Otter als alter Priorin zum musikalischen Triumph. Szenisch hingegen konnte die Produktion aus dem Jahr 2011 nicht vollends überzeugen.

Die schwedische Sopranistin Anne Sofie von Otter hat sich in ihrer Karriere als perfekte Lied- und Barockinterpretin hervorgetan, konnte aber auch in Werken von Strauss bis hin zu Wagner überzeugen und ist an allen wichtigen Opernhäusern rund um den Globus aufgetreten. Mittlerweile ist sie – das darf man wohl verraten – 62 Jahre alt und kommt somit vielleicht allmählich in eine Phase eines Sängerinnenlebens, in der es langsam Zeit wird, sich mit den sogenannten Altersrollen zu beschäftigen. Zu denen gehört ganz sicher die kurze, doch nicht minder intensive Partie der alten Priorin Madame de Croissy in den Dialogues des Carmélites von Francis Poulenc. Diese Figur ist extrem vielschichtig und so wird der Sängerin während der beiden Szenen Enormes abverlangt, hadert da doch eine Frau, die ihr Leben ganz in den Dienst Gottes gestellt hat und die die Jahre der Entbehrung hart gemacht haben, ausgerechnet in der Stunde ihres Todes mit dem Schöpfer. Die Härte fühlbar zu machen gelingt von Otter ebenso, wie die zaudernden Momente ihrer Rolle darzustellen, die sie mit fantastischen Piani spickt. Darstellerisch vollkommen, zeichnet sie ein wunderbares Portrait und scheint in den letzten Takten ihres Parts tatsächlich dem Wahn zu verfallen, so überzeugend sind ihre Ausbrüche. Ein wahrlich meisterhaftes Rollendebüt!

Vor der Todesangst scheint es kein Entrinnen zu geben, das erkennt auch die junge Novizin Blanche, die, um der Angst vor dem Leben zu entfliehen, ins Kloster gegangen und von Madame de Croissy direkt ins Herz geschlossen worden ist, als sie deren Sterben miterlebt. Camilla Tilling gestaltet die junge Frau voller Inbrunst und mit packender Leidenschaft, ist stimmliche präsent und zeigt einen facettenreichen Sopran, Höhensicherheit und Dramatik inklusive. Bezüglich letzterem wird sie gestern nur von der Marie Susanne Resmarks übertroffen, die mit klanggewaltigem Mezzo auftrumpft und so überzeugend die streitbarste unter den Nonnen gibt. Sara Olsson, die neue Priorin Madame Lidoine der gestrigen Aufführung, ist die einzige, die mir ein wenig Anlass zur Kritik gibt, allerdings auf wirklich hohem Niveau. Sie verfügt über Kraft und Ausdruck, neigt aber in ihrer Ansprache im vorletzten Bild deutlich zu scharfer Höhe und drängt so das mütterlich-beschützende, das gerade in dieser Szene dieser Figur zu Eigen ist, in den Hintergrund. Sofie Asplund als Schwester Constance hat hingegen Sonnenschein in der Stimme, erfreut mich mit ihrem fröhlichen Sopran und wird so zur idealen stets gut gelaunten Ko-Novizin Blanches. Der schlanke und klare Tenor von Joel Annmo passt gut zum Chevalier de la Force. Das junge schwedische Ensemblemitglied glänzt neben seiner Stimme auch mit intensivem und charaktervollem Spiel.

Die durchweg mehr als überzeugende Sängerriege kann allerdings die mitunter starke Bemühtheit der Regie nicht wettmachen. Sicher ist der Ansatz von Johanna Garpe zu erkennen, die Unerbitterlichkeit des Klosterlebens samt seinen starren Regeln, die oft mit Riten überfrachtet sind, ins Zentrum ihrer Deutung zu stellen. Dass die Nonnen des Karmel ihr Heil im Gebet suchen, unabhängig davon, was um sie herum in der Welt geschieht, ist durchaus betrachtenswert. Dafür bedarf es allerdings weder des Holzhammers in Form von Projektionen hungernder Kinder, noch der enervierenden Wiederholung einer Art Gebetschoreografie, die die Nonnen gefühlt ohne Unterlass zu zelebrieren haben. Auch das Vermischen der Zeiten – die historisch verbürgten Geschehnisse um die Nonnen aus Compiègne zur Zeit der französischen Revolution auf der einen und sensationslüsterne Zuschauer der heutigen Tage auf der anderen Seite – mag nicht schlüssig gelingen und gipfelt in einem wirren Handgemenge der Darsteller beider Ebenen kurz vor Schluss (Kostüme: Nina Sandström). Der gehört musikalisch wohl zum Eindrucksvollsten Stück Musiktheater des 20. Jahrhunderts und wird auf der nahezu requisitenlosen Bühne von Per A Jonsson von Johanna Garpe schnörkellos und ohne Effekthascherei umgesetzt. Das gelungene und ausgetüftelte Licht von Thorsten Dahn vermag sehr gut, mit den verschiedenen Stimmungen zu spielen, und rettet so die eine oder andere übereifrige Idee der Regisseurin.

Keine Wünsche offen lässt das Dirigat von Marc Soustrot, der diesen Poulenc zusammen mit den Musikerinnen und Musikern der Kungliga Hovkapellet lebendig und als Feuerwerk der Farben präsentiert. Klanglicher Bombast liegt dem Franzosen ebenso wie die instrumental reduzierten, an barocke Fugen erinnernden Teile der Partitur und so wird es zusammen mit den namentlich nicht einzeln erwähnten, engagiert und überzeugend aufspielenden Solistinnen und Solisten und dem glänzend disponierten Kungliga Operans Kör, der von James Grossmith vorzüglich vorbereitet wurde, zu einem musikalischen Hochgenuss, den das Publikum im ausverkauften Haus mit begeistertem und anhaltenden Beifall belohnt.

 

Ihr Jochen Rüth 3.02.2019

Die Fotos stammen von Micke Sandström.

 

 

 

The Birgit Nilsson Prize – Award Ceremony 2018

11.10.2018

Die große Birgit hatte in ihrem Testament bekanntlich verfügt, dass von ihrer Stiftung alle paar Jahre an bedeutende Künstlerpersönlichkeiten ein Preisgeld von einer Million Dollar auszuzahlen ist. Die erste dieser Persönlichkeiten hatte sie noch selbst ausgewählt: Es handelte sich um Plácido Domingo. Zwei Jahre später erkor die Jury Riccardo Muti zum Preisträger, nach weiteren zwei Jahren wurden die Wiener Philharmoniker ausgezeichnet.

Diesmal hatte sich eine Pause von drei Jahren ergeben, wohl auch, um die Bedeutung des Jahres 2018 hervorzuheben, in dem Birgit 100 Jahre alt geworden wäre. Die Auszeichnung ging heuer an Nilssons Landsfrau Nina Stemme, eine Künstlerin, die nicht nur den sehr strengen Preisbedingungen in jeder Hinsicht entspricht, sondern mit der großen Kollegin auch das Wagner- und Strauss-Repertoire teilt.

Die Preisverleihung fand im 1898 errichteten Königlichen Opernhaus mit seinen rund 1100 Plätzen statt und war eine beeindruckende Zeremonie. Nachdem die Majestäten die Bühne betreten hatten, wurde die schwedische Nationalhymne intoniert, und es war auffallend, von wie vielen Menschen sie aus vollem Hals mitgesungen wurde. Der Ablauf des Geschehens wurde mit großer Eleganz von der amerikanischen Sängerin und Schauspielerin Mary Beth Peil vorgestellt.

Das musikalische Programm wurde von dem soeben zum Ersten Dirigenten der Washington Opera ernannten Evan Rogister am Pult des auf der Bühne sitzenden Königlichen Schwedischen Orchesters geleitet. Eröffnet wurde es mit zwei Liedern von Jean Sibelius und einem von Ture Rangström (1884-1947), gesungen von der jungen (und weder verwandten, noch verschwägerten) schwedischen Sopranistin Christina Nilsson. Umwerfend waren dann die Auftritte von Sir Bryn Terfel, der den Holländer- und den Fliedermonolog sowie Falstaffs Monolog „L'onore“ interpretierte. Unglaublich seine Wortdeutlichkeit, seine Intensität, seine Stimmbeherrschung etwa bei dem ganz leise begonnenen „Dem Vogel, der heut' sang“.

Die eröffnende und die Schlussansprache wurden von Rutbert Reisch gehalten, dem österreichischen Präsidenten der Birgit Nilsson-Stiftung. Die Mezzosopranistin Birgitta Svendén, Intendantin und künstlerische Leiterin der Stockholmer Oper, hielt die Laudatio auf Nina Stemme. Zuvor hatte Susanne Rydén, Präsidentin der Königlichen Schwedischen Musikakademie, mitgeteilt, dass Birgit Nilssons Stiftung ab nun von eben dieser Akademie verwaltet werden wird.

Höhepunkt der Veranstaltung war natürlich die Überreichung der rund 3 kg schweren Bronzestatue durch König Carl XVI. Gustaf an Nina Stemme, deren zyklamfarbenes Kleid mit drei Orden geschmückt war. Dann kam per Video eine spezielle Laudatio seitens Plácido Domingo, die von den Schreibern seiner Rede mit einem nicht sehr geglückten, weil an Fernsehshows erinnernden „please give a great applause to...“ beendet wurde. Auch hätte man ihm sagen müssen, dass der Name der Geehrten S-temme ausgesprochen wird und nicht Sch-temme, wie von ihm getan. Berührend dann die Dankesrede von Stemme, die sich ihrer Anfänge als Cherubino (!) erinnerte, auch war zu erfahren, dass sie 2019 ihre erste Färberin singen wird.

Mit Musik von Richard Strauss waren die am Schluss projizierten Bilder von Nina Stemme unterlegt, und dann war nochmals die große Birgit auf Video zu sehen. Die würdige Ehrung einer würdigen Sängerin war damit beendet.                                                        

Eva Pleus 22.10.18

Bild (c) Birgit Nilsson Foundation

 

 

 

Umberto Giordanos

FEDORA

Premiere am 10.12.2016

Packende Leidenschaft

 

Lieber Opernfreund-Freund,

von Umberto Giordanos 14 Opernwerken ist den meisten wahrscheinlich allenfalls "Andrea Chénier" ein Begriff. Seine 1898 uraufgeführte "Fedora" wurde bis in die 1950er Jahre durchaus öfter gezeigt, ist seither allerdings von den Opernbühnen außerhalb Italiens weitestgehend verschwunden. Im 21. Jahrhundert war das Werk nördlich der Alpen lediglich 2003 in Gießen und 2011 im tschechischen Ostava zu sehen und auch in Giordanos Heimat wird es nur relativ selten gezeigt. In dieser Spielzeit kann man aber außer nach Neapel oder Genua auch nach Stockholm reisen, um diese Rarität anzuschauen. Hier hatte gestern die Regiearbeit von Christof Loy vor ausverkauftem Haus Premiere und der gebürtige Essener präsentiert gut neunzig Minuten voller Leidenschaft und großer Gefühle.

Die Handlung führt uns zu Beginn ins St. Petersburg der 1880er Jahre, in die von Umbruch verunsicherte Welt der russischen Aristokratie. Nihilisten streben nach einem freiheitlichen Russland, versuchen, den Zar zu stürzen und machen immer wieder durch Attentate auf Adelige von sich reden. Am Vorabend ihrer Hochzeit wartet Fedora auf ihren Verlobten Vladimir, der tödlich verwundet hereingetragen wird. Schnell wird Loris Ipanov als Attentäter ausgemacht und eine politische Motivation der Tat vermutet. Fedora will den Mord an ihrem Verlobten sühnen und folgt Loris nach Paris, um ihn der Tat zu überführen. Bei einem Fest in Fedoras Haus gesteht Loris ihr nicht nur seine Liebe, sondern auch seine Schuld am Tod von Vladimir. Als er ihr Stunden später enthüllt, Vladimir in Notwehr erschossen zu haben, nachdem er ihn in flagranti mit seiner Frau erwischt und dieser zuerst auf ihn geschossen hat, hat Fedora bereits einen Brief nach Russland geschickt und die Polizei von Loris' Geständnis unterrichtet. Nun versucht sie, ihn vor der Festnahme zu bewahren. Die beiden reisen in die Schweiz und verleben eine unbeschwerte und glückliche Zeit, ehe sie die Nachricht erreicht, daß man Loris' Bruder aufgrund von Fedoras Brief gefangen genommen hat. Der Bruder stirbt in Gefangenschaft, die Loris‘ Mutter vor Gram. Loris ist blind vor Trauer und Wut, Fedora fühlt sich schuldig am Tod der beiden und nimmt Gift.

Christof Loy tut gut daran, dieser Geschichte einen behutsamen Rahmen zu geben. Der ziert in Gold und überdimensionalem Ausmaß die von Herbert Murauer gestaltete Bühne und bildet im wahrsten Sinne Projektionsfläche für Innenwelt und Wunschvorstellungen der Protagonisten. Die von Hobi Jarne (Veloufilm AB) und Emil Gotthardt teils vorproduzierten, teils live gefilmten Videoeinspielungen sind darin zu sehen und geben so einen intensiven Einblick in die Gefühlswelt Fedoras. Murauer steckt die Darsteller in die galante Abendmode, bunten Sportklamotten und reizende Nachtwäsche unserer Tage und kreiert so eine zeitlose Lesart des nicht mehr ganz so zeitgemäßen Stoffes. Loy spielt mit diesen Ebenen, verdichtet das Drama durch gekonnte Personenführung, schafft Platz für witzige Momente und glänzt mit der einen oder anderen originellen Idee, kurz: er macht aus dem Drama ein packendes Wechselbad der Gefühle. Er betont die innere Zerrissenheit der Titelfigur und macht am Ende des Abends klar, dass auch Fedoras Traum vom Glück mit Loris bloßes Wunschbild bleibt.

Asmik Grigorian als Fedora ist schlicht ein Erlebnis. Die aus einer litauischen Musikerfamilie stammende Sängerin verkörpert die Titelfigur mit großer Intensität, singt sich die Seele aus dem Leib, zeigt ihren kraftvollen und ausdrucksstarken Sopran ebenso wie herzerweichende Piani und beschert mir mit ihrem packenden Spiel meinen persönlichen Opernhöhepunkt des Jahres. Andrea Carè steht ihr als Loris in nichts nach, verfügt über einen Tenor voller Strahlkraft und Wärme tritt mit Fug und Recht in die Fussstapfen manch prominenter Interpreten dieser Rolle wie Enrico Caruso, Giuseppe di Stefano oder Franco Corelli, so voller Feuer singt und spielt er. Sofie Asplund gibt die quirlige Olga mit leichtem, hinreißenden Sopran und ansteckender Spielfreude, Ola Eliasson ist als solider de Siriex ein Diplomat von Format und zeigt das mit warmem Bariton, wirkt im Vergleich mit den drei Vorgenannten allerdings beinahe behäbig.

Fast ein Dutzend weitere Sänger stehen auf dem Besetzungszettel, die allesamt wunderbar singen und spielen und von denen stellvertretend John Erik Eleby genannt sein soll, der in seinem kurzen Auftritt als Cirillo mit profundem Bass ebenso überzeugt wie Johanna Rudström in der Hosenrolle Dimitri. Ihr satter Mezzo wird der von Loy mit Hilfe einer homoerotischen Nebenhandlung aufgewerteten Rolle mehr als gerecht. Nicht unerwähnt bleiben soll auch Arvid Roos, der mit glockenklarem Knabensopran als Schäfer im letzten Bild für stimmungsvolle Momente sorgt.

James Grossmith hat sich mit dem Königlichen Opernchor hörbar intensiv mit der Partitur befasst und die Partie genau einstudiert, Martin Virin zeigt seine pianistischen Fähigkeiten als Lazinski im Rahmen einer Bühnenmusik und auch Tobias Ringborg geht am Pult mit hörbarer Passion und Begeisterung ans Werk. Schon die ersten Takte versetzen den Zuschauer in einen Rausch, der im, von einer kurzen Lichtpause abgesehen, durchgespielten Werk bis zum finalen Ton nicht enden mag.

Er spielt mit der Leidenschaft in den hinreißenden und wogenden Melodien und macht so zusammen mit der Königlichen Hofkapelle den Abend perfekt. Trotz (oder vielleicht doch wegen) der traditionellen Lesart Loys ist zusammen mit einem Ensemble, das auf höchstem Niveau agiert, ein spannender, bewegender Opernabend gelungen. Diese Spannung entlädt sich nach dem letzten Takt beim begeisternd aufspringenden Publikum in nicht enden wollendem Applaus für alle Beteiligten. Und das ist mehr als verständlich! Ich hätte mir das Werk im Anschluss gar direkt noch einmal anschauen können, so groß war auch meine Begeisterung, die ich an dieser Stelle gerne unverhohlen mit Ihnen teile.

Ihr Jochen Rüth 11.12.2016

Bilder (c) Oper Stockholm

 

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